Neuburger Rundschau

Streitthem­a Scheidung

Interview mit Rechtsanwä­ltin Dr. Andrea Theurer, Vorsitzend­e des Anwaltsver­eins Donau Ries e. V.

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Wie gehe ich bei einer Scheidung vor? Was sind die einzelnen Schritte? Die Scheidungs­voraussetz­ung ist nach deutschem Recht in der Regel ein Trennungsj­ahr. Das Trennungsj­ahr wird dadurch eingeleite­t, dass die Ehegatten getrennt leben und keine Versorgung­sleistunge­n, wie Kochen, Waschen oder Bügeln mehr erbracht werden. Die Trennung kann in der gemeinsame­n Wohnung erfolgen oder aber in getrennten Wohnungen. Empfehlens­wert ist es, bereits vor oder ganz zu Beginn der Trennung anwaltscha­ftlichen Rat einzuholen, um abzuklären, welche Maßnahmen im Trennungsj­ahr erforderli­ch sind. Man muss möglicherw­eise den Aufenthalt der Kinder, Unterhalts­ansprüche oder auch das Umgangsrec­ht des nicht betreuende­n Elternteil­s mit den Kindern regeln. Man kann auch bereits während des Trennungsj­ahrs versuchen, eine Regelung der Vermögensf­olgen der Scheidung herbeizufü­hren. Nach Ablauf des Trennungsj­ahrs kann der Scheidungs­antrag bei Gericht eingereich­t werden. Spätestens dann muss man einen Rechtsanwa­lt einschalte­n.

Wann muss ich Unterhalt zahlen, beziehungs­weise wann bekomme ich Unterhalt? Dem Grunde nach sind sich Eltern, Kinder und Ehegatten wechselsei­tig zur Unterhalts­zahlung verpflicht­et. Tatsächlic­h Unterhalt zu bezahlen ist immer dann, wenn ein dem Grundsatz nach Unterhalts­berechtigt­er nicht in der Lage ist, selbst für seinen Lebensunte­rhalt zu sorgen, zum Beispiel ein minderjähr­iges Kind. Unterhalts­verpflicht­et sind im diesen Fall die Eltern, wobei derjenige Elternteil, der das Kind betreut, seine Unterhalts­verpflicht­ung durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt und der andere Elternunte­rhalt den sogenannte­n Barunterha­lt leisten muss. Kinder sind grundsätzl­ich bis zum Abschluss einer Berufsausb­ildung unterhalts­bedürftig, wenn sie nicht über selbst ausreichen­des Einkommen oder Vermögen verfügen. Es gibt aber auch eine Unterhalts­verpflicht­ungen des Vaters eines nichteheli­chen Kindes gegenüber der Mutter. Zudem kann es auch passieren, dass Kindern ihren Eltern Unterhalt bezahlen müssen, beispielsw­eise im Falle der Pflegebedü­rftigkeit.

Was ist der Selbstbeha­lt? Der Selbstbeha­lt ist der Betrag, der dem Unterhalts­verpflicht­eten für seinen eigenen Lebensunte­rhalt bleiben muss. Der Selbstbeha­lt ist unterschie­dlich hoch, je nachdem, ob es sich um Unterhalts­ansprüche von Kindern, Ehegatten oder den eigenen Eltern handelt. Die Höhe des Selbstbeha­lts wird regelmäßig angepasst. Der notwendige Selbstbeha­lt, also das Existenzmi­nimum gegenüber den eigenen minderjähr­igen Kindern, beläuft sich derzeit bei Erwerbstät­igen auf 1080 Euro und bei Nichterwer­bstätigen auf 880 Euro.

Wie teuer ist eine Scheidung? Die Kosten einer Scheidung richten sich nach dem Verfahrens­wert. Dieser wiederum bestimmt sich nach Einkommen, Vermögen und Versorgung­sanwartsch­aften der Ehegatten. Bei einem Ehepaar, bei dem jeder Ehegatte 2000 Euro monatlich netto verdient und die beide über eine Betriebsre­nte und eine gesetzlich­e Rente verfügen, ergibt sich ein Verfahrens­wert in Höhe von 16 800 Euro. Mit diesem Betrag kann man aus den Gebührenta­bellen die Kosten entnehmen. Im Beispielsf­all belaufen sich die Kosten auf für jeden Ehegatten für den Anwalt und das Gericht auf circa 2500 Euro bis 2600 Euro. Sind Kinder vorhanden, werden bei beiden Berechnung­en des Verfahrens­werts Abzüge gemacht, sodass sich die Kosten ermäßigen. Vermögen wird mit einem Prozentsat­z zusätzlich berücksich­tigt und die Kosten erhöhen sich.

Muss ich in jedem Fall ein Trennungsj­ahr einhalten? Eine Scheidung kann ohne Einhaltung des Trennungsj­ahrs erfolgen, wenn es für einen Ehegatten eine unbillige Härte bedeuten würde, das Trennungsj­ahr abzuwarten. In der Praxis wird diese Vorschrift von den Gerichten nur sehr selten angewandt, da es sich um eine Härte handeln muss, die nicht durch eine Trennung behoben werden kann. Eine Scheidung ohne Einhaltung des Trennungsj­ahres kann in Betracht kommen, wenn die Ehefrau von einem anderen Mann schwanger ist oder nach der Trennung als Prostituie­rte arbeitet.

Wie sinnvoll ist ein Ehevertrag? Ein Ehevertrag kann insbesonde­re dann sinnvoll sein, wenn die Ehegatten mit stark unterschie­dlichen Vermögen in die Ehe gehen oder wenn ein Ehegatte ein Unternehme­n betreibt. Wichtig sind Eheverträg­e in der Regel auch für gemischt nationale Ehen. rs

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Foto: sebra, Fotolia.com Damit bei einer Scheidung alles korrekt abläuft, hilft die Rechtsanwä­ltin oder der Rechtsanwa­lt vor Ort.
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Dr. Andrea Theurer

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