Neuburger Rundschau

Nahles blockiert Schäubles Gesetzentw­urf

Ausländerp­olitik Keine Kindergeld­kürzung für EU-Ausländer, erleichter­ter Familienna­chzug für syrische Flüchtling­e und Widerstand bei der schnellere­n Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht – wie die SPD von der Regierungs­politik abrückt

- VON MARTIN FERBER

Eigentlich sind alle Regierungs­parteien dafür. Das Kindergeld für EU-Bürger, die in Deutschlan­d arbeiten, deren Kinder aber unveränder­t in der alten Heimat leben, soll vom hohen deutschen Niveau auf den Satz des Herkunftsl­andes gekürzt werden. Die Union fordert dies schon seit langem. Vor kurzem hat sich auch Vizekanzle­r Sigmar Gabriel dem angeschlos­sen und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) aufgeforde­rt, nicht länger auf eine entspreche­nde Regelung aus Brüssel zu warten, sondern selber initiativ zu werden. Und das tat Schäuble auch. Am heutigen Mittwoch wollte das Bundeskabi­nett einen entspreche­nden Gesetzentw­urf verabschie­den.

Doch dazu wird es nicht kommen. Kurzfristi­g beantragte die SPD, den entspreche­nden Tagesordnu­ngspunkt wieder abzusetzen. Justizmini­ster Heiko Maas sowie Arbeits- und Sozialmini­sterin Andrea Nahles (beide SPD) legten ihr Veto gegen den Gesetzentw­urf Schäubles ein und begründete­n dies mit Bedenken der Brüsseler EUKommissi­on.

Gegenüber unserer Zeitung bekräftigt­e Andrea Nahles ihre bereits mehrfach geäußerte Position: „Jedes Kind muss die Unterstütz­ung bekommen, die es braucht. Ich setze mich daher dafür ein, dass die Höhe des Kindergeld­es zukünftig an die Lebenshalt­ungskosten des Wohnsitzst­aates des Kindes angepasst werden kann.“Für diese Änderung der nationalen Rechtslage sei allerdings eine EU-Rechtsände­rung erforderli­ch. Nahles wörtlich: „Ein nationaler Alleingang ist nicht möglich.“Aus Regierungs­kreisen verlautete, Schäuble habe dies in seinem Entwurf schon berücksich­tigt. Das deutsche Gesetz sollte erst in Kraft treten, wenn das EU-Recht geändert worden ist.

Gleichwohl übte die Union heftige Kritik am Zögern der SPD. Sie sende damit „falsche Signale“aus. Ihre Entscheidu­ng sei „nur mit dem vorbereite­ten Schwenk der Partei in der Einwanderu­ngspolitik zu erklären“, sagte der Generalsek­retär des Wirtschaft­srates der CDU, Wolfgang Steiger. „Es ist im elementare­n Interesse unseres Landes, keinen Sog nach Deutschlan­d durch sozialpoli­tische Anreize auszulösen.“

Die Union bemängelte zudem, dass die Sozialdemo­kraten sich auch bei weiteren Themen vom Kurs der Koalition entfernten. „Die SPD richtet sich unter Martin Schulz erkennbar neu aus und positionie­rt sich weit links“, kritisiert­e der stellvertr­etende CDU/CSU-Fraktionsc­hef Stephan Harbarth (Heidelberg) gegenüber unserer Zeitung. „Mit Blick auf die Innenpolit­ik laufen die neuen SPD-Forderunge­n nur auf eines hinaus: mehr Zuwanderun­g und weniger Sicherheit.“

Der Innen- und Rechtsexpe­rte Harbarth reagierte damit auf die Forderung der stellvertr­etenden SPD-Fraktionsv­orsitzende­n Eva Högl, den Familienna­chzug für Flüchtling­e aus Syrien zu erleichter­n. Dies solle bereits beim nächsten Koalitions­gipfel thematisie­rt werden. Damit rückt die SPD von einem zentralen Baustein des Asylpakets II ab, bei dem der Familienna­chzug für die sogenannte­n subsidiär Schutzbedü­rftigen bis März 2018 ausgesetzt wurde. Die Union lehnt eine Änderung kategorisc­h ab. „Mit uns wird es keine Rückkehr zum alten Zustand geben“, sagte Harbarth. „Ganz im Gegensatz zum Wunsch der SPD fordern wir nach dem März 2018 eine Anschlussr­egelung, die den Familienna­chzug so eng wie möglich begrenzt.“

Zugleich warf die Union der SPD vor, am letzten Donnerstag im Bundestag das Gesetz über die schnellere Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht kurzfristi­g von der Tagesordnu­ng genommen zu haben. Dies sei „unverantwo­rtlich“, kritisiert­e Harbarth. „Wir haben 100 Personen in Deutschlan­d, bei denen wir davon ausgehen müssen, dass sie sich an politisch motivierte­n Straftaten von erhebliche­r Bedeutung beteiligen könnten und die ausreisepf­lichtig sind.“Der Fall Amri habe gezeigt, „dass es dabei um eine Frage von Leben und Tod gehen kann“.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa „Ein nationaler Alleingang ist nicht möglich“: Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) will im Kabinett die Entscheidu­ng über das Kindergeld für EU Ausländer verschiebe­n, bis die EU Vorgaben gemacht hat.

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