Sohn unter Verdacht
Tipp des Tages Für eine Kommissarin bricht nach einem brutalen Raub die Welt zusammen
Caro Böhm (Corinna Harfouch) ist erfolgreiche Kriminalkommissarin und erzählt gerne Witze. Ihre Kollegen mögen sie für beides. Deshalb geht es recht locker und kollegial zu bei der Verbrechensbekämpfung. Mit Sohn Ben (Simon Jensen) segelt sie auf dem Main, und auch Ex-Mann Manni (Peter Lohmeyer) hat trotz neuer Familie seinen Platz in ihrem Leben. Alles bestens also? Nein, überhaupt nicht. „Viel zu nah“erzählt im Ersten die Geschichte von Entfremdung, Verlustangst und dem Wandeln am Abgrund.
„Ben kifft aber viel!“– Caros Schwester spricht aus, was die Mutter nicht sehen will. Ihr 18 Jahre alter Sohn lotet seine Grenzen aus, hängt bis in die Puppen in Klubs herum und interessiert sich kein Stück für den Ernst des Lebens. Nicht weiter ungewöhnlich, wäre da nicht der Überfall auf eine Tankstelle vor den Toren Frankfurts. Ein Mitarbeiter wird ins Koma getreten. Und wäre da nicht die seltsame Gummimaske, mit der Ben eines Nachts seiner Mutter einen gehörigen Schreck eingejagt hat. War er an dem Raub beteiligt oder nicht?
Überzeugend spielt GrimmePreisträgerin Corinna Harfouch eine Frau, die voller Angst ist, ihren Sohn zu verlieren. Dafür sind ihr fast alle Mittel recht. Auch wenn die eine oder andere Aktion, etwa das Frisieren einer Anzeige, so plump wohl niemals funktionieren würde, schafft es der Film von Petra K. Wagner recht eindrucksvoll, die innere Zerrissenheit der Mutter zu transportieren. Die Regisseurin nimmt sich viel Zeit für ihre Hauptpersonen, zeigt sie in scheinbar unbeobachteten Momenten und lässt die Szenerie nachwirken.