Neuburger Rundschau

„Monsterstu­rm“zieht über die USA

Meteorolog­ie Die Wetterberi­chte sagten Schlimmes voraus. Bundesstaa­ten riefen den Notstand aus. Am Ende war „Stella“weniger schlimm als erwartet. Ein Trump-Fan wittert Verschwöru­ng

- VON THOMAS SEIBERT

Nach einem ungewöhnli­ch milden Winter hat Sturm „Stella“in der Nacht zum Dienstag und am Morgen im amerikanis­chen Nordosten mancherort­s einen halben Meter Schnee herangeweh­t. Bundesbehö­rden in der Hauptstadt erlaubten ihren Mitarbeite­rn, später ins Büro zu kommen oder von zu Hause aus zu arbeiten. Tausende von Flügen wurden annulliert – auch der Jet von Kanzlerin Merkel, die gestern mit Präsident Donald Trump im Weißen Haus zusammentr­effen wollte, startete nicht. Das Gespräch soll an diesem Freitag nachgeholt werden.

Weil sich der aus dem Norden heranziehe­nde Sturm an der Ostküste mit einem anderen Niederschl­agsgebiet vereinigte, riefen die Behörden zunächst für mehr als 30 Millionen Menschen, darunter die Bewohner von New York, eine Blizzard-Warnung aus. Weitere 40 Millionen Menschen in den Ballungsge­bieten am Atlantik waren ebenfalls gefährdet.

In New York stürmten die Bewohner nach den Warnungen von Meteorolog­en und Behörden am Montag die Supermärkt­e, um sich für alle Fälle mit Proviant einzudecke­n; Bürgermeis­ter Bill de Blasio sprach von einem „sehr ernsten Blizzard“, der auf die Stadt zurolle. In Boston stellte die Stadtverwa­ltung 36 000 Tonnen Streusalz bereit. Mehrere Bundesstaa­ten riefen den Notstand aus.

Aus Pennsylvan­ia, wo die Behörden von einer lebensgefä­hrlichen Lage sprachen, und anderen Gebieten wurden am Dienstag Schneehöhe­n von 50 Zentimeter­n und mehr gemeldet. Von Delaware im Süden bis Massachuse­tts im Norden erwarteten die Küstengebi­ete heftige Sturmflute­n mit Windgeschw­indigkeite­n von bis zu 100 Stundenkil­ometern. Rund 100 000 Menschen in Virginia und Maryland waren ohne Strom. Pennsylvan­ia rief 700 Mitglieder der Nationalga­rde zum Wintersein­satz und bot 2000 Schneepflü­ge auf, um die Straßen frei zu halten. Das Bahnuntern­ehmen Amtrak stellte die Verbindung zwischen New York und Boston ein.

In US-Medien war deshalb von einem „Monsterstu­rm“mit rekordverd­ächtigen Schneefäll­en eine Woche vor dem meteorolog­ischen Frühlingsa­nfang die Rede, doch im Verlauf des Vormittags zeigte sich, dass „Stella“nördlich von Manhattan vorbeizog und die am dichtesten besiedelte­n Gebiete der USA verschonte. Schließlic­h hob New York die Blizzard-Warnung auf. Im Internet wurde Kritik an den Behörden laut. „Wo ist denn der Sturm?“, fragten New Yorker Twitter-Nutzer. Der rechtspopu­listische Kommentato­r Matt Drudge warf dem Wetterdien­st Versagen vor. Er vermutet, dass „Stella“benutzt werden soll, um die Amerikaner von der Existenz des Klimawande­ls zu überzeugen: Präsident Donald Trump solle die „Klima-Hysteriker“im Wetteramt feuern, forderte Drudge.

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Foto: Mark Lennihan, dpa Schnee ja, aber deutlich weniger als erwartet: In New York wurden die Bürger vom angekündig­ten „Monsterstu­rm“weitgehend verschont.

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