Einfach erst einmal zuhören
Beratung Die „WEIche“, die Fachstelle gegen sexuelle Gewalt im Landkreis Eichstätt, gibt es seit einem Jahr. Das Leben derer, die Hilfe suchen, soll dort eine andere Richtung bekommen
Wer sich an die „WEIche“, die Fachstelle gegen sexuelle Gewalt im Landkreis, wendet, hat meist Schlimmes erlebt. Seit gut einem Jahr gibt es nun schon die Einrichtung, die Betroffene auf ihrem Leidensweg begleitet und ihnen Möglichkeiten aufzeigt, mit der Situation umzugehen, sodass sie trotz Gewalterfahrung wieder die Möglichkeit haben, nach vorne zu blicken.
Sozialpädagogin Christine Brandt und Psychologin Angelika Söder sind oft die erste Anlaufstelle für Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Meist seien es Frauen, die sich an sie wenden, erklären sie. Der Anteil der Männer sei eher verschwindend gering. Auch Kinder werden von ihnen betreut, hier seien es aber zunächst meist Familienangehörige oder andere Bezugspersonen wie Lehrer oder Betreuer, die sich an die Einrichtung wenden und den Fall schildern. „Bei Fachkräften ist es meistens so, dass sie sich erst einmal anonym beraten lassen und einen Ratschlag einholen, wie sie mit einer bestimmten Situation umgehen oder was sie tun sollen“, erklärt Angelika Söder.
Ihre Klienten sind ganz unterschiedlich: Da gibt es junge Frauen, bei denen der Missbrauch erst vor Kurzem stattgefunden hat, und dann wieder Frauen im reiferen Alter, die ihr Leid schon ein halbes Leben mit sich rumtragen und irgendwann den Schritt gewagt haben, sich jemandem anvertrauen zu wollen. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt meist telefonisch, dabei können die Betroffenen auch anonym bleiben. Wann sich jemand an sie wende, hänge auch immer davon ab, wie groß der Leidensdruck sei, erklärt Christine Brandt.
Wer sich aber dazu entschlossen hat, mit den beiden Mitarbeiterinnen Kontakt aufzunehmen, ist meist erleichtert, jemanden gefunden zu haben, mit dem man reden kann. „Am Anfang sprudelt es meistens nur so aus den Betroffenen heraus“, weiß Brandt. „Sie erzählen viel und ohne Struktur und wir hören erst einmal zu“, erklärt sie. Wie dann die traumapädagogische Beratung weiter ablaufe, hänge vom jeweiligen Fall ab. Möchte die betroffene Person eine Anzeige erstatten, werde sie auch von den Mitarbeiterinnen begleitet. Und aufgeklärt: Welche Konsequenzen hat eine Anzeige für die Opfer? Können sie es durchstehen, wieder auf den Täter zu treffen und ihre Erlebnisse schildern zu müssen? Vielleicht hat aber auch eine Anzeige gar nicht Priorität – dann zeigen die beiden zum Beispiel Methoden auf, wie man sich im Falle von Panikattacken, unter denen viele in bestimmten Situationen leiden, beruhigt. Ist der Täter der Partner, dann ist es wichtig, sich nach Möglichkeit von ihm zu lösen und den Täterkontakt zu vermeiden, wobei das nicht immer leicht sei, wie Brandt erklärt. „Es gibt ja in einer solchen Beziehung nicht nur Gewalt, sondern auch schöne Seiten, und das macht es vielen schwer. Auch kennen viele es leider nicht anders und sind bereits in einer Familie mit Gewalt aufgewachsen.“
Neben der Arbeit mit den Opfern von sexueller Gewalt ist die Einrichtung auch um Prävention bemüht. „Generell geht es um das Ziel, für die Thematik des sexuellen Missbrauchs zu sensibilisieren. Die Botschaft ist klar formuliert: Keinen Raum für Missbrauch im Landkreis Eichstätt zulassen!“, betont Angelika Söder. Die „WEIche“vernetzt sich dafür mit anderen Fachstellen und Beratungsstellen, aber auch mit Schulen, Kindertagesstätten, dem Kreisjugendring oder der Polizei. Im Mai 2017 soll „Trau Dich!“, ein Theaterprojekt, in Kooperation mit Behörden und Organisationen wie dem Amt für Familie und Jugend stattfinden. Es wird für alle Grundschüler der 3. und 4. Klassen angeboten und soll Kinder ermutigen, „Nein“zu sagen, wenn Grenzüberschreitungen passieren. Denn die können bereits der Anfang von Missbrauch sein.
28 Menschen haben die Mitarbeiterinnen der „WEIche“im vergangenen Jahr betreut. Wie lange und regelmäßig die Begleitung abläuft, hängt von den Bedürfnissen der Klienten ab. Das Ziel aller Beratungen ist aber dasselbe. „Wir möchten erreichen, dass die Betroffenen mit ihrer individuellen Geschichte in ihrem Leben klarkommen“, sagt Brandt. O
Die Mitarbeiterinnen der „WEI che“sind per Mail unter der Adresse weiche@lra ei.bayern.de und telefonisch unter der Rufnummer 0841 / 306452 bzw. 306454 zu erreichen. Ihre Bera tungsräume sind auf der Schanz 39 in Ingolstadt zu finden. Auch Hausbesuche oder das Treffen an einem anderen Ort sind möglich.