Auf diesen Plätzen traf sich die Stadt
Häuser Serie (7) Die Neuburger Märkte waren Warenumschlagplatz und zentraler Treffpunkt für die Einwohner. Nach und nach wurden die Schmelztiegel gesellschaftlichen Lebens in die untere Altstadt verlegt
Unser Land und folglich auch unsere Stadt sind im Umbruch. Auch bei uns verschwinden alte Nutzungen. Häuser werden abgebrochen, Straßen und Plätze verändern sich. Damit geht manches Stück Alt-Neuburg verloren. Wir alle entscheiden darüber, was wir unseren Nachkommen von unserem gebauten geschichtlichen Erbe hinterlassen und was wir durch neue Bauten ersetzen wollen. Deswegen stellt Roland Thiele als Stadtheimatpfleger in einer kleinen Serie eben solche Häuser vor. Im heutigen Teil geht es um die Neuburger Märkte.
Neuburg Eines der Kennzeichen jeder Stadt und ihre wichtigste Zentralfunktion ist die Befugnis, Märkte abzuhalten. Diese gewähren grundsätzlich jedermann das Recht, an bestimmten Tagen Waren frei zur Schau zu stellen und zu verkaufen. Der Marktfriede war durch besonders strenge Anordnungen gesichert. Die Überwachung der Märkte im Hinblick auf Preis und Qualität war schon sehr früh den dafür sachkundigen Bürgern und Magistratsmitgliedern überlassen. Sie bildete einen wichtigen Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Man unterscheidet Wochen- und Jahrmärkte. Zu Ersteren waren nur örtliche Anbieter zugelassen. Zu den Jahrmärkten kamen Händler von weiter her. Auch auf den Wochenmärkten wurden, anders als heute, nicht nur Viktualien und Lebensmittel, sondern auch Handwerkserzeugnisse verkauft. Beispielsweise boten Hafner und Schuster ihre Waren feil. Die Wochenmärkte wurden und werden bis heute jeden Mittwoch und Samstag abgehalten.
Der frühere Wochenmarkt am heutigen Karlsplatz
Die Märkte der Stadt fanden seit ältester Zeit ausschließlich auf dem zentralen Platz westlich der alten Klosterkirche St. Maria statt. Dieser Marktplatz war nur halb so groß wie heute der Karlsplatz. Er erstreckte sich westlich einer Gruppe von Häusern vor der früheren Klosterkirche bis zur St. Martins-Kapelle (heute Provinzialbibliothek). An der Ostseite des Platzes, vor der Kirche, stand das alte Rathaus. 1602 stürzte ein 1599 vor der Kirche neu gebauter Turm ein. Nun wurde die zerstörte Häusergruppe vor der Kirche vollends abgebrochen. Das neue Rathaus wurde an die Nordseite des vergrößerten Platzes verlegt. Es diente mit seinem Erdgeschoss Marktfunktionen: Dort waren die Fleisch- und Brotbank untergebracht, in der die Bäcker und Metzger zu Wochen- und JahrmarktZeiten ihre Waren anboten.
Die Schranne als öffentliche Ein richtung zum Getreidehandel
Neben den Jahr- und Wochenmärkten gab es für den Getreidehandel eine Schranne. Sie war, wie die ebenfalls eine bis ins Mittelalter zurückreichende kommunale Einrichtung. Dort wurde unter Aufsicht der Obrigkeit öffentlich Getreide verkauft. Die Schranne war von 1544 bis 1602 in der profanierten Martinskapelle am Marktplatz untergebracht. Danach wechselte ihr Standort. Später wurde sie endgültig in die untere Vorstadt verlegt. Um das Jahr 1770 ließ man auf dem heutigen Schrannenplatz durch Stadtmaurermeister Josef Hiettel und Stadtzimmerermeister Xaver Hegmayer eine Schrannenhalle errichten. Der Bau stand bis 1895.
Danach, zu einer Zeit, als der Schrannenverkehr schon am Abklingen war, baute Stadtbaumeister Josef Hiller eine neue, stattliche Schrannenhalle mit Säulenvorbau mitten auf den Platz. Diese musste 1938 einem Kino-Neubau des Grundstückskäufers Klemens Schreiner sen. weichen. Es handelte sich dabei um einen, mit seinem hohen Giebeldach und schöner Südfassade, stattlichen Bau. Er hatte aber zwei Nachteile: Er nahm fast den ganzen Raum des Platzes ein, sodass noch Platz für den Wochenmarkt blieb. Außerdem stand er wie die Mazillisschule teilweise auf dem schlechten Baugrund eines tiefen, schlammigen, nur oberflächlich verfüllten Grabens, was auch bei diesem Bau zu statischen Problemen führte. Das Kino (Schlosstheater) wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg von Hildegard Schreiner weitergeführt. Nach Schließung des Kinos 1970 verkaufte sie den Bau an die Stadt. Er wurde nun als Lebensmittelmarkt an die Firma Norma vermietet. 1982 wurde das ehemalige Schlosstheater auf dreimal wiederholten Mehrheitsbeschluss des Stadtrates, aber zum Bedauern mancher Neuburger Bürgerinnen und Bürger ersatzlos beseitigt. Der Schrannenplatz sollte wieder als Markt dienen und neu gestaltet werden.
Viehmärkte in Neuburg an der Donau
In der unteren Stadt wurden durch Dekret des Kurfürsten Karl Theodor vom 2. Dezember 1792 Viehmärkte eingeführt. Man hielt sie am ersten Dienstag des Monats im BeMärkte, reich des Schrannenplatzes, später am Spitalplatz und dann in der heutigen Schießhausstraße ab. Alle Bewohner Neuburgs sowie die der Pflegämter Rennertshofen, Burgheim und des Landgerichts Monheim sollten ihr Vieh hierher treiben. Von jedem verkauften Vieh war ein Standgeld von vier Hellern bis zwei Kreuzern zu zahlen. Am 5. April 1883 wurden dort laut Bekanntmachung im Neuburger Wochenblatt 36 Pferde, 89 Ochsen, elf Kühe und 48 Schweine verkauft. Ein Pfund Ochsenfleisch kostete damals zehn Kreuzer, Kalbfleisch sechs und Schweinefleisch zwölf Kreuzer. Während des Zweiten Weltkrieges und der ersten Nachkriegszeit wurden keine Viehmärkte mehr gehalten. Dann versuchte man es wieder, aber der Viehmarkt musste bald darauf in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts endgültig eingestellt werden.
Marktverkehr und Gaststätten am Schrannenplatz
Nach dem Markt kehrten Händler, Handwerker und Bauern in die umliegenden Wirtschaften ein, die dakaum durch zahlreiche Kundschaft fanden. Es gab im Bereich des Schrannenplatzes daher eine größere Anzahl von Brauereien, Gasthöfen und Bierwirtschaften: beispielsweise am Platz selbst den Pfafflinger-Bräu, das Josephlwirtshaus (heute Gasthaus Central) und den Heinrichwirt (später bis Abbruch Gasthaus zur Schranne), an der Pferdstraße den Dirnbräu (heute Raiffeisenbank), in der Schrannenstraße den Doverlbräu, in der Marienstraße das Gasthaus Zum Weißen Roß, (auch „Goldwirtshaus) und in der Adlerstraße das Gasthaus zum Schwarzen Adler (später: „Schwarzer Hecht“) und das Wirtshaus zum Schwaiger (heute Teil des Edeka-Lebensmittelmarktes).
Wenn die Ochsen allein nach Hause finden mussten
Da rann nicht selten mancher erhandelte Kreuzer und Gulden durch die durstigen Kehlen der Wirtshausbesucher und das Ochsengespann des Bauern musste, mit seinem trunkenen Besitzer auf dem Bock, wieder einmal alleine zum heimatlichen Hof finden.