Grüne verlieren Stamm-Wähler
Wer es mit Humor nimmt, der kann ab jetzt die Grünen im Kreis der etablierten Parteien begrüßen. Jede große Volkspartei plagt sich mit Abspaltungen und radikaler Konkurrenz: die SPD mit der Linken, die Union mit der AfD und bald vielleicht auch die Grünen in Bayern mit der ClaudiaStamm-Partei, die noch keinen Namen hat.
Wirklich lustig ist das freilich nicht. Zwar ist der freie Meinungskampf die unverzichtbare Basis jeder Demokratie. Doch damit das Ganze am Ende auch funktioniert, damit ein Ausgleich der Interessen und ein vernünftiger Kompromiss gefunden werden kann, dazu braucht es große Parteien, die in der Lage sind, das zum Wohle aller zu leisten. Je mehr die Parteienlandschaft zerfleddert, umso schwieriger wird es.
Insofern sind es keine guten Aussichten, dass nun möglicherweise auch die ohnehin schon kleinen Grünen Federn werden lassen müssen. Ob es tatsächlich so weit kommt, steht allerdings noch nicht fest. Stamm und ihre Mitstreiter haben noch längst keine breite Bewegung hinter sich. Und ihre Argumente sind ziemlich schwach. neue Partei, die in den kommenden Monaten gegründet werden und bereits 2018 bei den Landtagswahlen antreten soll. Bis dahin werde sie als fraktionslose Abgeordnete im Landtag bleiben.
Die Fraktionschefs der Grünen im Landtag, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, reagierten schmallippig. Schulz sagte in einer eilends einberufenen Pressekonferenz, sie bedauere den Austritt Stamms, aber sie respektiere ihre Entscheidung. Hartmann, der gerade in Schwaben in Sachen Windkraft unterwegs war, sagte am Telefon genau dasselbe. Beide forderten Stamm auf, ihr Abgeordnetenmandat zurückzugeben, schließlich sei sie als Grüne in den Landtag gewählt worden. Stamms Kritik in der Sache wiesen Schulze und Hartmann zurück. Die Grünen, so Schulze, seien „die erste Adresse“, wenn es um Unterstützung für Flüchtlinge, um Menschenrechte, Umwelt- und Friedenspolitik geht.
Über mögliche tiefere Gründe für Stamms Schritt gibt es nur Vermutungen. Grünen-Landeschef Eike Hallitzky glaubt, dass Stamm „rein persönliche Motive“hat. In der Fraktion wird ihr nachgesagt, sie habe keine Perspektive mehr für sich gesehen, nachdem sie weder Fraktionschefin habe werden können noch Aussicht auf den begehrten Wahlkreis München-Giesing habe. Zudem gilt Stamms Verhältnis zu Schulze als unterirdisch. Die beiden seien angeblich nicht einmal bereit gewesen, sich gegenseitig auf Twitter zu folgen – das ist, wenn man so will, die Schattenseite der Sonnenblumen-WG.