750 Unterschriften gegen Asylprojekt
Flüchtlinge Bei der Bürgerversammlung in Kaisheim zeigt sich nicht nur der Widerstand gegen die geplante Wohnanlage, sondern auch Unmut über die Regierung und den Bürgermeister
Harald Miller merkt man die Anspannung an. Der Sprecher der Bürgerinitiative gegen die geplanten Flüchtlingshäuser greift bei der Bürgerversammlung am Montagabend im Hofwirt in Kaisheim zum Mikrofon und die Blicke der rund 120 Besucher sind auf ihn gerichtet. Miller erklärt, warum die Anlieger der Hauptstraße 10 – dort sollen die Häuser entstehen – das Projekt des Freistaates komplett ablehnen. Und, dass die Bürgerinitiative damit nicht alleine stehe. Über 750 Unterschriften von Kaisheimern wurden gesammelt – alles Bürger, die nicht wollen, dass in Zukunft etwa 30 anerkannte Flüchtlinge in drei Mehrfamilienhäusern in der geplanten Form in der Marktgemeinde leben.
Bürgermeister Martin Scharr (PWG) und Landtagsabgeordneter Wolfgang Fackler (CSU) hörten sich die Argumente geduldig an. Dabei sind sie an diesem Abend weder Befürworter des Projektes noch die Bauherren. Das nämlich ist der Freistaat Bayern, wie Scharr nochmals deutlich macht. Die Wohnanlage mit elf Appartements ist Teil des Wohnungspaktes Bayern – ein Investitionsprogramm, das günstigen Wohnraum schaffen soll. Dieser soll schnell und in geringem Bauund Wohnstandard auf staatseigenen Grundstücken entstehen. In Kaisheim sind alle Voraussetzungen gegeben, die der Freistaat für eine Verwirklichung braucht. Am 13. Februar wurde Bürgermeister Scharr mit fertigen Plänen konfrontiert. Durch eine anberaumte Infoveranstaltung für Anlieger wurde das Projekt dann öffentlich.
Miller und seine Mitstreiter befürchten Schlimmstes: Bei 30 Flüchtlingen auf engem Raum seien soziale Probleme vorprogrammiert. Die Menschen würden angesichts der Enge auf der Straße leben und damit ihre Konflikte in den öffentlichen Raum tragen. Miller sieht gar schon Situationen, wie sie jüngst in Donauwörth mit den äthiopischen Asylbewerbern entstanden sind: Schlägereien seien vorprogrammiert. Miller hält es zudem für möglich, dass die Häuser nur der Anfang wären. Da bereits bestehende Mehrfamilienhäuser auf dem gleichen Grundstück in Staatseigentum seien, würde sicher mit Flüchtlingen aufgefüllt werden, wenn die jetzigen Mieter ausziehen. Anna Uhl, ebenfalls Anliegerin und Mitglied der Bürgerinitiative, macht klar, welchen Wertverlust eine solche Wohnanlage in der Nähe der Einfamilienhäuser für die Besitzer bedeuten würde. Die Integration der Flüchtlinge sei für Kaisheim eine „mächtige Bürde“, schließlich zeige man bereits soziale Verantwortung angesichts der Herausforderungen, die die Gemeinde durch die JVA bewältigen müsse. „Wir sind irgendwann überlastet.“Zudem sei die Infrastruktur in Kaisheim nicht für ein solches Projekt geeignet. Busse führen nur spärlich und auch Freizeiteinrichtungen gäbe es kaum.
Ebenfalls für Bauchschmerzen sorgt die kleine und magere Ausstattung der Wohnanlagen. „Da will niemand auf Dauer wohnen, also wird die Fluktuation sehr hoch sein“, sagt Wolfgang Nowak. Andrea Hutzler verliest ein zweiseitischnelle ges Schreiben der Bürgerinitiative mit den Argumenten gegen das Projekt.
Dieses ist dann auch gleich Stein des Anstoßes, denn Gemeinderatsmitglied Hubert Bauer (Freie Bürgerstimme) beklagt öffentlich, von Bürgermeister Scharr schlecht informiert worden zu sein. „Wir hätten die Informationen zum Projekt gerne gehabt, bevor uns die Menschen darauf ansprechen“, sagte er. Die Gemeinderäte hätten erst an diesem Abend Details zu den Planungen erfahren. „Und einen Tag später sollen wir dann abstimmen“, polterte Bauer angesichts der anstehenden Gemeinderatssitzung am Dienstagabend.
Auch die Bürger hakten nach, warum denn ihr Schreiben nicht auch an die Gemeinderäte weitergeleitet worden sei. Man habe doch die Bedenken bereits vor über einer Woche an Scharr, Landtagsabgeordneten Fackler, Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange und Regierungspräsidenten Karl Michael Schäufele geschickt. Enttäuscht und verärgert zeigten sich die Anwesenden darüber, dass kein Vertreter der Regierung von Schwaben nach Kaisheim gekommen war. „Das ist feige“, so ein Bürger. „Die machen es sich ganz schön einfach.“
Fackler und Scharr versprachen, das wohl eindeutige Votum der Bürger gegenüber der Regierung zu vertreten: „Wir setzen uns dafür ein, dass keine Wohnanlage umgesetzt wird.“