Neuburger Rundschau

750 Unterschri­ften gegen Asylprojek­t

Flüchtling­e Bei der Bürgervers­ammlung in Kaisheim zeigt sich nicht nur der Widerstand gegen die geplante Wohnanlage, sondern auch Unmut über die Regierung und den Bürgermeis­ter

- VON BARBARA WILD

Harald Miller merkt man die Anspannung an. Der Sprecher der Bürgerinit­iative gegen die geplanten Flüchtling­shäuser greift bei der Bürgervers­ammlung am Montagaben­d im Hofwirt in Kaisheim zum Mikrofon und die Blicke der rund 120 Besucher sind auf ihn gerichtet. Miller erklärt, warum die Anlieger der Hauptstraß­e 10 – dort sollen die Häuser entstehen – das Projekt des Freistaate­s komplett ablehnen. Und, dass die Bürgerinit­iative damit nicht alleine stehe. Über 750 Unterschri­ften von Kaisheimer­n wurden gesammelt – alles Bürger, die nicht wollen, dass in Zukunft etwa 30 anerkannte Flüchtling­e in drei Mehrfamili­enhäusern in der geplanten Form in der Marktgemei­nde leben.

Bürgermeis­ter Martin Scharr (PWG) und Landtagsab­geordneter Wolfgang Fackler (CSU) hörten sich die Argumente geduldig an. Dabei sind sie an diesem Abend weder Befürworte­r des Projektes noch die Bauherren. Das nämlich ist der Freistaat Bayern, wie Scharr nochmals deutlich macht. Die Wohnanlage mit elf Appartemen­ts ist Teil des Wohnungspa­ktes Bayern – ein Investitio­nsprogramm, das günstigen Wohnraum schaffen soll. Dieser soll schnell und in geringem Bauund Wohnstanda­rd auf staatseige­nen Grundstück­en entstehen. In Kaisheim sind alle Voraussetz­ungen gegeben, die der Freistaat für eine Verwirklic­hung braucht. Am 13. Februar wurde Bürgermeis­ter Scharr mit fertigen Plänen konfrontie­rt. Durch eine anberaumte Infoverans­taltung für Anlieger wurde das Projekt dann öffentlich.

Miller und seine Mitstreite­r befürchten Schlimmste­s: Bei 30 Flüchtling­en auf engem Raum seien soziale Probleme vorprogram­miert. Die Menschen würden angesichts der Enge auf der Straße leben und damit ihre Konflikte in den öffentlich­en Raum tragen. Miller sieht gar schon Situatione­n, wie sie jüngst in Donauwörth mit den äthiopisch­en Asylbewerb­ern entstanden sind: Schlägerei­en seien vorprogram­miert. Miller hält es zudem für möglich, dass die Häuser nur der Anfang wären. Da bereits bestehende Mehrfamili­enhäuser auf dem gleichen Grundstück in Staatseige­ntum seien, würde sicher mit Flüchtling­en aufgefüllt werden, wenn die jetzigen Mieter ausziehen. Anna Uhl, ebenfalls Anliegerin und Mitglied der Bürgerinit­iative, macht klar, welchen Wertverlus­t eine solche Wohnanlage in der Nähe der Einfamilie­nhäuser für die Besitzer bedeuten würde. Die Integratio­n der Flüchtling­e sei für Kaisheim eine „mächtige Bürde“, schließlic­h zeige man bereits soziale Verantwort­ung angesichts der Herausford­erungen, die die Gemeinde durch die JVA bewältigen müsse. „Wir sind irgendwann überlastet.“Zudem sei die Infrastruk­tur in Kaisheim nicht für ein solches Projekt geeignet. Busse führen nur spärlich und auch Freizeitei­nrichtunge­n gäbe es kaum.

Ebenfalls für Bauchschme­rzen sorgt die kleine und magere Ausstattun­g der Wohnanlage­n. „Da will niemand auf Dauer wohnen, also wird die Fluktuatio­n sehr hoch sein“, sagt Wolfgang Nowak. Andrea Hutzler verliest ein zweiseitis­chnelle ges Schreiben der Bürgerinit­iative mit den Argumenten gegen das Projekt.

Dieses ist dann auch gleich Stein des Anstoßes, denn Gemeindera­tsmitglied Hubert Bauer (Freie Bürgerstim­me) beklagt öffentlich, von Bürgermeis­ter Scharr schlecht informiert worden zu sein. „Wir hätten die Informatio­nen zum Projekt gerne gehabt, bevor uns die Menschen darauf ansprechen“, sagte er. Die Gemeinderä­te hätten erst an diesem Abend Details zu den Planungen erfahren. „Und einen Tag später sollen wir dann abstimmen“, polterte Bauer angesichts der anstehende­n Gemeindera­tssitzung am Dienstagab­end.

Auch die Bürger hakten nach, warum denn ihr Schreiben nicht auch an die Gemeinderä­te weitergele­itet worden sei. Man habe doch die Bedenken bereits vor über einer Woche an Scharr, Landtagsab­geordneten Fackler, Bundestags­abgeordnet­en Ulrich Lange und Regierungs­präsidente­n Karl Michael Schäufele geschickt. Enttäuscht und verärgert zeigten sich die Anwesenden darüber, dass kein Vertreter der Regierung von Schwaben nach Kaisheim gekommen war. „Das ist feige“, so ein Bürger. „Die machen es sich ganz schön einfach.“

Fackler und Scharr versprache­n, das wohl eindeutige Votum der Bürger gegenüber der Regierung zu vertreten: „Wir setzen uns dafür ein, dass keine Wohnanlage umgesetzt wird.“

 ?? Foto: Landshuter Wochenblat­t/Roland Kriss ?? So ähnlich wie hier in Landshut könnten die Mehrfamili­enhäuser aussehen, die in Kaisheim gebaut werden sollen. Der Freistaat plant die zweistöcki­gen Häuser mit je vier Ap partements für insgesamt 44 Personen, davon etwa 30 anerkannte Flüchtling­e.
Foto: Landshuter Wochenblat­t/Roland Kriss So ähnlich wie hier in Landshut könnten die Mehrfamili­enhäuser aussehen, die in Kaisheim gebaut werden sollen. Der Freistaat plant die zweistöcki­gen Häuser mit je vier Ap partements für insgesamt 44 Personen, davon etwa 30 anerkannte Flüchtling­e.
 ?? Foto: Wild ?? Anna Uhl (links) und Harald Miller (Zweiter von rechts) übergeben Landtagsab­geord netem Wolfgang Fackler und Bürgermeis­ter Martin Scharr (rechts) 700 Unterschri­f ten von Kaisheimer­n, die die Wohnhäuser für Flüchtling­e nicht wollen.
Foto: Wild Anna Uhl (links) und Harald Miller (Zweiter von rechts) übergeben Landtagsab­geord netem Wolfgang Fackler und Bürgermeis­ter Martin Scharr (rechts) 700 Unterschri­f ten von Kaisheimer­n, die die Wohnhäuser für Flüchtling­e nicht wollen.

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