Mit einem Schal gewürgt
Prozess Ein 28-jähriger Neuburger muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Er kann sich an nichts erinnern. Doch eine Kamera hat alles aufgezeichnet
Ein Mann sitzt am Tresen in einer Neuburger Bar. Um den Hals trägt er einen Schal. Es ist ungefähr 1 Uhr in einer Nacht im Oktober des vergangenen Jahres, als ein anderer Neuburger diesen Schal völlig unvermittelt von hinten packt, den Mann damit würgt und ihn schließlich vom Barhocker herunter zu Boden wirft. Der 28-jährige Täter erinnert sich später an nichts, wie er sagt. Als er per Post von der Anklage erfährt, sei er schockiert gewesen. Gestern musste er sich nun wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten.
Er habe an diesem Abend sehr viel Alkohol getrunken, erzählt der Angeklagte. Er sei damals deprimiert gewesen, weil er sich im September von seiner Frau getrennt hatte. Obwohl er keine Erinnerungen mehr an die Zeit in der Bar habe, tue ihm alles sehr leid, beteuert der 28-Jährige. Als Richterin Bettina Mora ein Überwachungsvideo als Beweismittel vorführen lässt, ist er fassungslos: „Das ist unglaublich!“In der SchwarzWeiß-Aufnahme ist deutlich zu erkennen, wie sich der Angeklagte zunächst friedlich unterhält und angetrunken herumtänzelt – bis er irgendwann hinter sein Opfer tritt. Warum der Neuburger den 31-Jährigen gewürgt hat, bleibt auch in der Verhandlung ungeklärt. Die beiden kennen sich sogar flüchtig, waren einst Arbeitskollegen. Auch der Geschädigte kann von der Tat an sich wenig berichten: „Ich saß an der Bar und dann war ich plötzlich ohnmächtig.“Die Barkeeperin habe ihm später das Video gezeigt. Und als er bei der Polizei Anzeige erstattet habe, hätten ihm die Beamten noch einmal eine Aufzeichnung vorgeführt, berichtet der 31-Jährige im Zeugenstand. Erst da habe er gesehen, was tatsächlich vorgefallen war. „Das ist sehr gefährlich gewesen. Ich hätte umkommen können“, sagt er aufgebracht und betont dies immer wieder. Wegen einer Jochbeinprellung und einer Gehirnerschütterung kann der Mann nach dem Vorfall eine Woche lang nicht arbeiten. Er habe Schmerzen gehabt und ihm sei schwindlig gewesen, berichtet er und fügt hinzu: „Das hätte viel schlimmer ausgehen können.“Als der Angeklagte sich im Gerichtssaal entschuldigt, nimmt der Geschädigte dies nicht an.
Staatsanwalt Lorenz Mödl sah den Sachverhalt als erwiesen an und forderte eine Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung. Richterin Bettina Mora verurteilte den 28-jährigen Neuburger am Ende zu sechs Monaten auf Bewährung. Außerdem muss er 1000 Euro an die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“zahlen und an einer Suchtberatung teilnehmen. Der Mann habe sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, doch sei er durch den Alkoholkonsum vermindert schuldfähig gewesen, auch wenn man nicht mehr feststellen könne, wie viel Bier und Schnaps er an dem Abend wirklich getrunken hatte, begründete die Richterin ihr Urteil. Zugunsten des Angeklagten wertete sie weiter, dass er noch keine Eintragungen im Bundeszentralregister habe. Er sei geständig gewesen und habe sich aufrichtig bei dem Geschädigten entschuldigt.