Deshalb kommt der Frost im April ...
Wetter Die Nachfröste in diesen Tagen lassen Landwirte und Hobbygärtner um Aussaat und Ernte fürchten. Was dagegen hilft und ab welchen Temperaturen es richtig kritisch wird
Es ist nichts Neues, dass der April als launischer Geselle verrufen ist. Nach drei trockenen und frühlingshaften Wochen feiert der Winter ein wenig beklatschtes Comeback mit Graupelschauern und Schneefall. Richtig das Fürchten lehrt Landwirte und Hobbygärtner allerdings der Nachtfrost. Und das Schlimmste ist noch nicht überstanden, die nächsten Nächte soll die Quecksilbersäule des Thermometers deutlich unter null Grad fallen, ehe die Temperaturen wieder ansteigen.
Richtig kritisch für Aussaat und Kulturen werde es in sternenklaren Nächten, weiß Erwin Pommer, Kreisgartenfachberater am Landratsamt. „Dann wird die noch vorhandene Bodenwärme nicht von den Wolken reflektiert, sondern entweicht praktisch ins All.“Besonders gefährdet sind derzeit Äpfelbäume, deren Blüten sich gerade geöffnet haben, während die Kirschen schon wieder am Verblühen sind. Jüngere Bäume und Halbstämme empfiehlt der Experte mit einem Vlies zu schützen, „das bringt die zwei oder drei Grad, die ein Abfrieren verhindern“. Eine Rolle spiele auch der Standort und das davon abhängige Kleinklima. Je exponierter ein Baum steht, umso größer ist die Frostgefahr. Hat es ihn erwischt, verfärbt sich der Stempel in der Blüte braun und fällt ab. Im Gartenbeet sind etwa Tomatenpflanzen sehr frostempfindlich. Das milde Wetter sei für viel Gärtner verlockend gewesen. Es liege im allgemeinen Konsumverhalten, dass auch Gärtnereien und Verbräuchermärkte der Zeit stets voraus seien. „Da ist schon Sommer. Da gibt es jetzt Geranien, Margeriten, Hyazinthen und Vergissmeinnicht. Das ist schon paradox, aber an Ostern kriegen sie keine Osterglocken mehr.“Auch er selbst sei freilich nicht vor sommerlicher Vorfreude gefeit, gibt der Experte zu. „Das war schon sehr verlockend. Ich hab’ auch schon zwei Basilikumpflanzen rausgestellt“, gesteht Erwin Pommer. „Wieder reinräumen“sei jetzt für ihn die einzige Alternative zum Vlies.
Die Polyestergewebe werden zum Kälteschutz auch in der Landwirtschaft verwendet, erklärt BBVKreisobmann Ludwig Bayer. Wo viele Frühkartoffeln angebaut werden, etwa um Schönesberg herum, kann man die Vliesfasern auf den Äckern sehen. Ein Allheilmittel sei dies allerdings nicht, Keimlinge sind
„Das warme Wetter war sehr verlockend. Ich hab’ auch zwei Basilikumpflanzen rausgestellt. Reinräumen ist jetzt die einzige Alternative.“
Erwin Pommer, Kreisgartenfachberatung
sehr druckempfindlich, zudem ist ein Ausbringen auf größeren Flächen kaum möglich. In Mitleidenschaft gezogen werden von den niedrigen Nachttemperaturen zudem Rapsblüten und auch auf den Spargelfeldern sinkt der Ertrag. Zwar steckt das Edelgemüse in der Erde, „aber die Kälte kriecht auch in den Boden“, sagt der Verbandsobmann. Ludwig Bayer selbst hat in den vergangenen Wochen Zuckerrüben ausgebracht. Erwischt der Frost die frisch aufgekeimte Aussaat, muss neu ausgesät werden – ein doppelter Zeit- und Kostenaufwand für den Landwirt. Ob es wirklich so weit kommt, mochte er gestern noch nicht abschätzen, „frühestens Ende der Woche kann man was dazu sagen. Ein, zwei Grad unter Null sind im April normal. Wären es aber minus vier oder gar fünf, dann wäre das schon schlimm und dann haben wir beim Raps die ersten Ernteausfälle.“
Außergewöhnlich, sagt der Landwirt, seien Nachtfröste im April freilich nicht. Die Vegetationsphase ist heuer um rund zwei Wochen weiter fortgeschritten als im jährlichen Mittel. „Ob das allerdings jetzt schon die Eisheiligen sind, weiß ich nicht“, sagt Ludwig Bayer. Im Kalender liegen Pankratz, Servaz und Bonifaz Mitte Mai. Anhand von Namenstagen und mittels Sinnsprüchen erklärten die Altvorderen Wetterkapriolen und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Ganz gut trifft die aktuelle Wetterlage auf alle Fälle eine alte Bauernregel, die da heißt: Wenn es der Teufel will, kommt der Frost noch im April.