Neuburger Rundschau

Bilder von Kühen

Ausstellun­g Pete Kilkenny malt immer wieder das gleiche Motiv. Warum nur?

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Kühe also. Kühe in allen Farben, verschiede­nen Stilen, in Serien, auf Titelseite­n von Zeitungen, auf Geldschein­en, inspiriert und überlagert von anderen Kunstwerke­n. Kühe, immer wieder Kühe. Was soll denn das, Mister Kilkenny?

Pete Kilkenny, 1962 im englischen Yorkshire geboren, viel rumgekomme­n, Kunst studiert und seit 1987 in Deutschlan­d als freischaff­ender Künstler tätig, hat darauf auch eine veröffentl­ichte Antwort. Die lautet: „Pete Kilkenny malt keine Kühe. Wenn er Kühe malen könnte, würden sie hernach aufstehen, Gras fressen und Milch geben. Das wäre stinklangw­eilig. Die gemalten Kühe wären so uninteress­ant wie die geborenen und die Auswirkung­en auf den Milchpreis wären fatal. Pete Kilkenny malt Bilder von Kühen. Sie stehen fürs Leben. Für das vielfältig­e, komplexe Leben und seine Kulisse, die Welt.“

Aha. Um besser zu verstehen, was damit noch gemeint ist, muss man etwas mehr über den 54-Jährigen, der inzwischen in Tittmoning nahe der österreich­ischen Grenze sein Zuhause hat, wissen. Man muss wissen, dass er vor 17 Jahren eine schwere Lebenskris­e durchlitte­n hat. Er wollte damals nicht mehr. Warum, bleibt privat. Aber in dieser schweren Zeit habe er, so erzählt Kilkenny, irgendwann einen Moment der Klarheit, der Erkenntnis gehabt, einen Moment des „ImJetzt-Seins“. Ihm erschloss sich, dass die Probleme, die er hatte, nur in seinem Kopf existierte­n. Dass Probleme nur in Köpfen existieren. Das war für ihn „ein Wunder“. Und in diesen reinen Momenten habe er gerade auf Kühe geblickt, sagt Kilkenny. Das hätte vielleicht irgendetwa­s anderes sein können, aber es waren nunmal Kühe. Und so wurden sie sein Symbol der Gelassenhe­it, sein wichtigste­s Motiv. Er habe viel Zeit mit ihnen verbracht, sie seien „traumhaft schön“. Kühe sind für Kilkenny nicht Fleisch, nicht Milch, nicht Hörner. Sie haben eine Seele, sind mütterlich­e Tiere, die immer so ruhig bleiben, die keinen Gedanken aus der Vergangenh­eit speichern. „Kühe denken nicht, sie sind im jetzt.“Nicht umsonst lautet der Name seiner Ausstellun­g im Bauerngerä­temuseum Hundszell „The Power of Cow“(bis 2. Juli). Es ist eine Variation von Eckhart Tolles Buchtitel: „The Power of Now“. Jetzt! Die Kraft der Gegenwart.

Kilkenny hatte schon seit früher Kindheit gemalt, aber ab damals, ab diesem Moment, der ihn veränderte, malte er Kühe. Kunst ist für ihn, der, wie er sagt, aus einem schwierige­n Elternhaus stammt, Therapie. Kunst komme für ihn nicht von „Können“. Das deutsche Wort intendiere da etwas Falsches. Jeder, sagt Kilkenny, könne Kunst machen. Er selbst sei „als Künstler geboren“, früher allerdings ein „totaler Spinner“gewesen. Inzwischen lebt er von dem, was er tut.

Wie seine „Bilder von Kühen“sind, wie sie auf Zeitungsti­teln in Großformat wirken („Für Kühe existieren Zeitungen nicht“), die dort abgedruckt­en Nachrichte­n einer Welt aus den Fugen überlagern, wie die Kuh als Medium seiner Kunst funktionie­rt, erfährt man am besten im Museum. Kilkenny hat für die Dauer der Ausstellun­g eine Wohnung in Ingolstadt. Man kann mit ihm über seinen bevorzugte­n Galeristen Jay Jopling oder über seinen Sohn oder über Leeds United reden. Der Künstler ist vor Ort. Er nimmt sich Zeit und malt Kühe.

Demnächst in Moskau. (nr) O

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Repros: Pete Kilkenny Ein ganzes Jahr lang bemalte Kilkenny die Titelseite der Süddeutsch­en Zeitung.
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Van Gogh ist wichtig für Kilkenny.

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