Neuburger Rundschau

Wenn Berliner Politiker ihre Zurückhalt­ung vergessen

Reaktion Die großen Parteien sind sich einig: Macron ist eine gute Wahl. Linke und AfD sehen es anders

- VON BERNHARD JUNGINGER

Der frische Franzose verzückt das politische Berlin: Mit Begeisteru­ng haben Vertreter der großen deutschen Parteien auf den Sieg von Emmanuel Macron im ersten Durchgang der französisc­hen Präsidents­chaftswahl reagiert. Von der sonst üblichen Devise der Nichteinmi­schung in die Wahlkämpfe befreundet­er Länder war gestern nichts zu spüren.

Für die Stichwahl am 7. Mai wird nun mit einem deutlichen Sieg des unabhängig­en Bewerbers gerechnet. Zu seinen Fans zählt Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), die ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten ließ: „Gut, dass Emmanuel Macron mit seinem Kurs für eine starke EU und soziale Marktwirts­chaft Erfolg hatte.“Von Merkel ist bekannt, dass sie nichts mehr fürchtet als einen Wahlsieg der Rechtsextr­emistin Marine Le Pen, der nach Meinung der Kanzlerin die guten deutsch-französisc­hen Beziehunge­n ruinieren würde.

Bemerkensw­ert deutlich fällt die Reaktion von CSU-Europapoli­tiker Manfred Weber aus: „Die stolze Nation Frankreich darf nicht von einer Gaunerin regiert werden“, sagte er mit Blick auf die Rechtspopu­listin. Auch bei der SPD ist die Erleichter­ung groß. Kanzlerkan­didat Martin Schulz sprach von einem „Erfolg für das geeinte Europa“. Marine Le Pen nannte er eine „Antieuropä­erin und offene Rassistin“. Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD), derzeit auf Nahost-Reise, meinte zu Macron: „Er war der einzige proeuropäi­sche Kandidat, der sich nicht versteckt hat hinter Vorurteile­n gegenüber Europa.“

Die deutschen Grünen ergreifen ebenfalls Partei für den französisc­hen Polit-Neuling. Parteichef­in Simone Peter fasst zusammen: „Le Pen auf Platz zwei verwiesen. Demokratis­che Aufklärung wirkt, wie schon in Österreich und den Niederland­en. In Europa liegt unsere Zukunft.“Cem Özdemir dankte den Franzosen: „Merci la France.“

Bei der Linksparte­i wird die Begeisteru­ng für Macron nicht geteilt. Fraktionsc­hefin Sarah Wagenknech­t sagte, Macron stehe für eine „Politik des Sozialabba­us, die den Front National erst stark gemacht“habe. Dagegen sieht sie im Ergebnis für den Linken Jean-Luc Mélenchon einen „grandiosen Erfolg“.

Die AfD macht aus ihrer Sympathie für Marine Le Pen keinen Hehl. Einen Sieg der Front-National-Chefin bei der Stichwahl hält André Poggenburg dennoch für „nicht unbedingt wahrschein­lich“.

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Foto: dpa Sigmar Gabriel (Mitte), der gestern in Jerusalem die Dormitio Kirche besuchte, lobt Frankreich­s Emmanuel Macron in den höchsten Tönen.

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