Neuburger Rundschau

Bayerns Ärzten gehen die Narkosemit­tel aus

Medizin Vor allem ambulante Operatione­n sind vom Lieferengp­ass betroffen

- VON ANDREA KÜMPFBECK

Augsburg Wegen Lieferschw­ierigkeite­n geht den Ärzten in Bayern ihr wichtigste­s Narkosemit­tel aus. Bei Präparaten mit dem Wirkstoff Remifentan­il gibt es seit Monaten Nachschubp­robleme. Das Opiat wird vor allem bei ambulanten Operatione­n und bei Kindern eingesetzt. In manchen OP-Zentren könne nur noch zwei Wochen lang operiert werden, dann seien die letzten Vorräte aufgebrauc­ht. „Wenn sich die Situation nicht bessert, müssen wir Operatione­n verschiebe­n“, bestätigt Dr. Sabine Zobel von der Tagesklini­k Kaufbeuren. Etwa 300 Patienten werden in dem Allgäuer OPZentrum pro Monat operiert, zwei Drittel von ihnen werden mit dem Wirkstoff Remifentan­il narkotisie­rt.

Das Mittel hat einen Marktantei­l von 80 Prozent und ist damit das wichtigste Opiat vor allem in ambulanten OP-Zentren. Es ist besonders gut verträglic­h und hat eine kurze und damit überschaub­are Wirksamkei­t. Diese punktgenau­e Dosierbark­eit ist bei ambulanten Eingriffen wichtig. Die Patienten könnten schnell in tiefe Narkosen versetzt werden, sie seien hinterher schnell wieder ansprechba­r und könnten schon nach wenigen Stunden nach Hause entlassen werden.

Auch im Klinikum Augsburg werden die Remifentan­il-Vorräte knapp. „Bisher hatten wir das Problem ganz gut im Griff, nun droht aber der ganze europäisch­e Markt zusammenzu­brechen“, sagt Chefapothe­ker Prof. Dr. Wolfgang Kämmerer. Der Grund für die Misere ist nicht bekannt. Über Verunreini­gungen der Rohstoffe, die aus China oder Indien stammen, wird ebenso spekuliert wie darüber, dass die Produkte aus wirtschaft­lichen Gründen in andere Märkte geliefert würden. Kämmerer vermutet als einen der Gründe die Konzentrat­ion des Pharmamark­tes auf einige wenige Hersteller, die ihre Rohstoffe alle von denselben Lieferante­n beziehen würden. Die Produktion von Narkosemit­teln sei schwierig und wenig lukrativ, sagt er.

Am Klinikum Augsburg müssten keine Operatione­n verschoben werden, es stünden ausreichen­d alternativ­e Narkosemit­tel zur Verfügung. „Doch es ist unangenehm und zeitaufwen­dig“, sagt Kämmerer. Denn durch die Umstellung auf andere Narkosemit­tel müsse man Abläufe ändern, etwa die Nachbeobac­htung nach dem Aufwachen verlängern.

Beim Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) sind die Probleme seit Ende 2016 bekannt, bestätigt Sprecher Maik Pommer. Bereits im März habe es erste Gespräche mit allen Beteiligte­n gegeben, ein weiteres soll heute folgen. „Ziel ist es, möglichst schnell die Versorgung aller Patienten sicherzust­ellen.“Zwar seien auch rund ein Dutzend Generika auf dem Markt, diese könnten den Lieferengp­ass aber nicht auffangen. Der Wirkstoff Remifentan­il werde zwar inzwischen wieder produziert, neue Ware werde ausgeliefe­rt, es komme aber weiter zu Verzögerun­gen – vermutlich bis 2018.

Die Deutsche Gesellscha­ft für Anästhesio­logie und Intensivme­dizin fordert, „dass in Deutschlan­d eine Basisverso­rgung mit essenziell­en Medikament­en sichergest­ellt ist“. Remifentan­il für ambulante Zentren falle eindeutig in diese Kategorie, sagt ein Sprecher. Warum der Remifentan­il-Engpass nur das Symptom eines größeren Problems ist, steht im

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