Plant die CSU die große Rochade?
Postenpoker Gerd Müller könnte nach der Wahl ins Agrarressort wechseln
Berlin Während Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gestern berichtete, dass die deutsche Unterstützung für ärmere Länder so hoch ausfällt wie nie zuvor, wurde in Parteikreisen über seine politische Zukunft spekuliert. Obwohl dem Kemptener hervorragende Arbeit bescheinigt wird, könnte er nach der Bundestagswahl das Ressort wechseln müssen, glauben hochrangige Christsoziale. Denn wenn es wieder zu einer Großen Koalition mit ähnlichen Kräfteverhältnissen wie heute käme, würde die CSU das Bundesinnenministerium für den Franken Joachim Herrmann reklamieren. Und weil das als eines der wichtigsten Regierungsämter gilt, stünden der CSU wohl nur noch zwei statt drei Ministerien zu. Aus dem Trio Alexander Dobrindt (Verkehr), Christian Schmidt (Landwirtschaft) und Müller könnte nur einer neben Herrmann Minister bleiben. Schmidt, wie Herrmann Franke, gilt als erster Streichkandidat. Dobrindt werden beste Chancen eingeräumt, Landesgruppenchef zu werden. In diesem Falle wäre Müller wohl auch künftig Minister. Weil für die CSU seit jeher die Landwirtschaft wichtig ist, könnte aber ein Wechsel ins Agrar-Ressort bevorstehen, in dem er schon Staatssekretär war. Mehr über Müllers entwicklungspolitischen Bericht lesen Sie in der
Berlin Die deutschen Ausgaben für die Entwicklungshilfe sind auf den höchsten Stand aller Zeiten angewachsen. Auch vor dem Hintergrund der weltweiten Flüchtlingskrise stieg der Etat von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) seit Beginn der Legislaturperiode um 35 Prozent. Im laufenden Jahr beträgt er rund 8,5 Milliarden Euro. Ausgaben, an denen für Müller kein Weg vorbeiführt, um Massenmigration und Klimawandel zu bekämpfen. Der Kemptener fordert, die Ausgaben in den kommenden Jahren sogar noch weiter zu erhöhen.
„Wir brauchen eine Entwicklungspolitik in völlig neuer Dimension, denn die Welt ist im Umbruch“, sagte Müller zum 15. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung. Die Bilanz der Arbeit von Müllers Ministerium in der fast vergangenen Legislaturperiode hat das Bundeskabinett gestern verabschiedet. Die Minderung von Fluchtursachen und der Kampf gegen den Hunger sind demnach Deutschlands wichtigste Ziele in der internationalen Zusammenarbeit. Die deutsche Hilfe geht in insgesamt 85 Partnerländer. Zu den Staaten, in die die meiste Unterstützung fließt, zählen Ägypten und Afghanistan.
Als Schwerpunktregion der deutschen Anstrengungen nannte Müller den afrikanischen Kontinent, wo sein Ministerium Projekte in 36 Staaten fördere. So sei etwa für rund 200 Millionen Menschen dank deutscher Hilfe Zugang zu sauberem Trinkwasser geschaffen worden. Schulische und berufliche Bildung sind für Müller der Schlüssel, um der riesigen jungen Bevölkerung Zukunftschancen zu geben.
Müller verwies auf den „Marshallplan mit Afrika“, einen Diskussionsprozess, der unter anderem zu neuen, faireren Handelsbeziehungen zwischen den Ländern Afrikas und Europas führen soll. Konkret fordert der Minister, dass die nordafrikanischen Staaten Tunesien, Marokko, Algerien und Ägypten für den Export von Zitrusfrüchten rasch vollen und zollfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt erhalten sollen. Es sei paradox, diesen Ländern Handelserleichterungen zu verwehren und dort zugleich Beschäftigungsprogramme zu finanzieren. Deutsche Entwicklungshilfe habe aber auch den Klimawandel im Blick. So würden etwa Anlagen zur Gewinnung alternativer Energie gefördert.
Mit seinem gestiegenen Engagement ist Deutschland inzwischen weltweit die zweitgrößte Gebernation hinter den Vereinigten Staaten von Amerika – Großbritannien wurde überholt. Erstmals hat die Bundesrepublik im vergangenen Jahr auch das Ziel erreicht, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe auszugeben. Einen solchen Anteil hatten die Vereinten Nationen schon vor mehr als 40 Jahren empfohlen. Auch Deutschland hatte damals eine entsprechende Resolution angenommen. Doch der tatsächliche Beitrag blieb stets hinter der Marke zurück.
Nur Dänemark, Schweden und Norwegen übertreffen aktuell die 0,7-Prozent-Quote, Großbritannien erreicht sie fast exakt – so wie Deutschland. Manche Hilfsorganisationen sind allerdings der Ansicht, dass die Bundesregierung ihre Zahlen aufgeblasen hat. Denn in den Ausgaben für Entwicklungshilfe sind zum Teil auch Kosten enthalten, die für Unterbringung, Versorgung und Ausbildung von Flüchtlingen in Deutschland selbst vorgesehen sind. Ohne diese Ausgaben stünde der Wert mit 0,52 Prozent des Bruttonationaleinkommens deutlich schlechter da.
Doch das Entwicklungsministerium betont, dass die Berechnungsgrundlage den international geltenden Richtlinien entspreche. Auf die Entwicklungshilfe angerechnet werden dürften demnach Kosten, die im ersten Jahr für einen Flüchtling entstehen. Müller forderte, dass Deutschland in der kommenden Legislaturperiode das 0,7-ProzentZiel „auch ohne den Sonderfaktor“erreichen müsse. Er fordert eine weitere jährliche Aufstockung des Entwicklungshilfe-Etats um jeweils zwei Milliarden Euro. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, dass die Entwicklungszusammenarbeit „einen neuen, bedeutenden Stellenwert“erreicht habe.