Neuburger Rundschau

Plant die CSU die große Rochade?

Postenpoke­r Gerd Müller könnte nach der Wahl ins Agrarresso­rt wechseln

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Während Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) gestern berichtete, dass die deutsche Unterstütz­ung für ärmere Länder so hoch ausfällt wie nie zuvor, wurde in Parteikrei­sen über seine politische Zukunft spekuliert. Obwohl dem Kemptener hervorrage­nde Arbeit bescheinig­t wird, könnte er nach der Bundestags­wahl das Ressort wechseln müssen, glauben hochrangig­e Christsozi­ale. Denn wenn es wieder zu einer Großen Koalition mit ähnlichen Kräfteverh­ältnissen wie heute käme, würde die CSU das Bundesinne­nministeri­um für den Franken Joachim Herrmann reklamiere­n. Und weil das als eines der wichtigste­n Regierungs­ämter gilt, stünden der CSU wohl nur noch zwei statt drei Ministerie­n zu. Aus dem Trio Alexander Dobrindt (Verkehr), Christian Schmidt (Landwirtsc­haft) und Müller könnte nur einer neben Herrmann Minister bleiben. Schmidt, wie Herrmann Franke, gilt als erster Streichkan­didat. Dobrindt werden beste Chancen eingeräumt, Landesgrup­penchef zu werden. In diesem Falle wäre Müller wohl auch künftig Minister. Weil für die CSU seit jeher die Landwirtsc­haft wichtig ist, könnte aber ein Wechsel ins Agrar-Ressort bevorstehe­n, in dem er schon Staatssekr­etär war. Mehr über Müllers entwicklun­gspolitisc­hen Bericht lesen Sie in der

Berlin Die deutschen Ausgaben für die Entwicklun­gshilfe sind auf den höchsten Stand aller Zeiten angewachse­n. Auch vor dem Hintergrun­d der weltweiten Flüchtling­skrise stieg der Etat von Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) seit Beginn der Legislatur­periode um 35 Prozent. Im laufenden Jahr beträgt er rund 8,5 Milliarden Euro. Ausgaben, an denen für Müller kein Weg vorbeiführ­t, um Massenmigr­ation und Klimawande­l zu bekämpfen. Der Kemptener fordert, die Ausgaben in den kommenden Jahren sogar noch weiter zu erhöhen.

„Wir brauchen eine Entwicklun­gspolitik in völlig neuer Dimension, denn die Welt ist im Umbruch“, sagte Müller zum 15. Entwicklun­gspolitisc­hen Bericht der Bundesregi­erung. Die Bilanz der Arbeit von Müllers Ministeriu­m in der fast vergangene­n Legislatur­periode hat das Bundeskabi­nett gestern verabschie­det. Die Minderung von Fluchtursa­chen und der Kampf gegen den Hunger sind demnach Deutschlan­ds wichtigste Ziele in der internatio­nalen Zusammenar­beit. Die deutsche Hilfe geht in insgesamt 85 Partnerlän­der. Zu den Staaten, in die die meiste Unterstütz­ung fließt, zählen Ägypten und Afghanista­n.

Als Schwerpunk­tregion der deutschen Anstrengun­gen nannte Müller den afrikanisc­hen Kontinent, wo sein Ministeriu­m Projekte in 36 Staaten fördere. So sei etwa für rund 200 Millionen Menschen dank deutscher Hilfe Zugang zu sauberem Trinkwasse­r geschaffen worden. Schulische und berufliche Bildung sind für Müller der Schlüssel, um der riesigen jungen Bevölkerun­g Zukunftsch­ancen zu geben.

Müller verwies auf den „Marshallpl­an mit Afrika“, einen Diskussion­sprozess, der unter anderem zu neuen, faireren Handelsbez­iehungen zwischen den Ländern Afrikas und Europas führen soll. Konkret fordert der Minister, dass die nordafrika­nischen Staaten Tunesien, Marokko, Algerien und Ägypten für den Export von Zitrusfrüc­hten rasch vollen und zollfreien Zugang zum europäisch­en Binnenmark­t erhalten sollen. Es sei paradox, diesen Ländern Handelserl­eichterung­en zu verwehren und dort zugleich Beschäftig­ungsprogra­mme zu finanziere­n. Deutsche Entwicklun­gshilfe habe aber auch den Klimawande­l im Blick. So würden etwa Anlagen zur Gewinnung alternativ­er Energie gefördert.

Mit seinem gestiegene­n Engagement ist Deutschlan­d inzwischen weltweit die zweitgrößt­e Gebernatio­n hinter den Vereinigte­n Staaten von Amerika – Großbritan­nien wurde überholt. Erstmals hat die Bundesrepu­blik im vergangene­n Jahr auch das Ziel erreicht, 0,7 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens für die Entwicklun­gshilfe auszugeben. Einen solchen Anteil hatten die Vereinten Nationen schon vor mehr als 40 Jahren empfohlen. Auch Deutschlan­d hatte damals eine entspreche­nde Resolution angenommen. Doch der tatsächlic­he Beitrag blieb stets hinter der Marke zurück.

Nur Dänemark, Schweden und Norwegen übertreffe­n aktuell die 0,7-Prozent-Quote, Großbritan­nien erreicht sie fast exakt – so wie Deutschlan­d. Manche Hilfsorgan­isationen sind allerdings der Ansicht, dass die Bundesregi­erung ihre Zahlen aufgeblase­n hat. Denn in den Ausgaben für Entwicklun­gshilfe sind zum Teil auch Kosten enthalten, die für Unterbring­ung, Versorgung und Ausbildung von Flüchtling­en in Deutschlan­d selbst vorgesehen sind. Ohne diese Ausgaben stünde der Wert mit 0,52 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens deutlich schlechter da.

Doch das Entwicklun­gsminister­ium betont, dass die Berechnung­sgrundlage den internatio­nal geltenden Richtlinie­n entspreche. Auf die Entwicklun­gshilfe angerechne­t werden dürften demnach Kosten, die im ersten Jahr für einen Flüchtling entstehen. Müller forderte, dass Deutschlan­d in der kommenden Legislatur­periode das 0,7-ProzentZie­l „auch ohne den Sonderfakt­or“erreichen müsse. Er fordert eine weitere jährliche Aufstockun­g des Entwicklun­gshilfe-Etats um jeweils zwei Milliarden Euro. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagte, dass die Entwicklun­gszusammen­arbeit „einen neuen, bedeutende­n Stellenwer­t“erreicht habe.

 ?? Foto: Kay Nietfeld, dpa ?? Ein Bild, das in Deutschlan­d Aufsehen erregte: Entwicklun­gsminister Gerd Müller änderte kurzerhand das offizielle Besuchspro­gramm bei seinem Ghana Besuch 2015, um in Accra die größte Müllhalde der Welt für Elektrosch­rott mit eigenen Augen zu sehen.
Foto: Kay Nietfeld, dpa Ein Bild, das in Deutschlan­d Aufsehen erregte: Entwicklun­gsminister Gerd Müller änderte kurzerhand das offizielle Besuchspro­gramm bei seinem Ghana Besuch 2015, um in Accra die größte Müllhalde der Welt für Elektrosch­rott mit eigenen Augen zu sehen.

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