Neuburger Rundschau

Münchner Amokläufer

Neues über den Täter aus dem Olympia-Einkaufsze­ntrum

- VON HENRY STERN

München Der Amokläufer vom Münchner Olympia-Einkaufsze­ntrum hatte nach Erkenntnis­sen der Ermittler eine eindeutig rechtsextr­eme Gesinnung. Der Jugendlich­e, dessen Eltern aus dem Iran stammen, habe sich im Internet mehrfach rassistisc­h geäußert. Während einer stationäre­n Behandlung in einer Klinik habe er den „HitlerGruß“gezeigt und Hakenkreuz­e gezeichnet. Er sei politisch interessie­rt gewesen „und sympathisi­erte wohl mit den Inhalten des Programms der Partei AfD“, heißt es in einem 36-seitigen Bericht der Ermittler an den bayerische­n Landtag.

Trotz dieser neuen Erkenntnis­se steht aber weiterhin fest: Die Tat, bei der der 18-Jährige am 22. Juli 2016 neun Menschen tötete, bevor er sich selbst erschoss, hatte vor allem persönlich­e Gründe. Das erklärte Thomas Hampel, der für die Einsatzana­lyse zuständige Inspekteur der bayerische­n Polizei, im Innenaussc­huss des Landtags. „Das Hauptmotiv war nicht politisch, sondern Rache für erlittenes Mobbing“, sagte Hampel.

So sei der bereits zuvor psychisch kranke Jugendlich­e in der Schule von namentlich bekannten Mitschüler­n über Jahre tagtäglich drangsalie­rt worden: Die Attacken reichten laut den Ermittlern von Hänseleien über das Verstecken von Kleidung bis zum gewaltsame­n Schminken als Mädchen. Das Mobbing führte 2012 sogar zu einer durch den Vater gestellten Strafanzei­ge, die aber nach einer Entschuldi­gung der Mitschüler zurückgezo­gen wurde.

Diese Demütigung­en waren nach Ansicht der Ermittler der Hauptgrund für die Tat. So habe der Attentäter ein „Manifest“mit dem Titel „Die Rache an denjenigen, die mich auf dem Gewissen haben“hinterlass­en. Durch das Mobbing habe er auch Hass gegen Jugendlich­e aus Südosteuro­pa entwickelt, die er für seine Demütigung­en verantwort­lich gemacht habe. Auch habe er vor der Tat erfolglos versucht, drei der einst mobbenden Mitschüler in das Schnellres­taurant zu locken, in dem er sechs seiner neun Opfer erschoss.

Wie die politische Einstellun­g des Täters im Hinblick auf seine Tat zu bewerten ist, sorgte im Innenaussc­huss des Landtags für Diskussion­en. Vor dem Hintergrun­d der rechtsextr­emen Gesinnung und angesichts der gezielten Auswahl von jungen Migranten als Opfer müsse sehr wohl von einer politisch motivierte­n Tat gesprochen werden, sagte die Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze. Die anderen Fraktionen im Landtag folgten dagegen den Schlussfol­gerungen der Polizei: Klar sei, dass keine rechtsextr­emen Strukturen hinter dem Täter standen, sagte etwa der SPDLandtag­sabgeordne­te Florian Ritter. Die schrecklic­he Tat sei aber „ein Beispiel, was eine kranke Ideologie mit einem psychisch kranken Menschen anstellen kann“.

Trotz viel Lob auch im Landtag für ihren Großeinsat­z rund um den Amoklauf will die bayerische Polizei aus den dabei gewonnenen Erfahrunge­n nun Konsequenz­en ziehen. Die größte Herausford­erung für die Zukunft sei dabei der Umgang mit einer durch Internet und Smartphone massiv veränderte­n Informatio­nslandscha­ft, sagte Polizei-Inspekteur Hampel. So gingen nach der Tat bei der Münchner Polizei mehr als 4300 Notrufe ein. Fast 2400 Anrufer fragten nach vermissten Personen. Und rund 72000 Menschen suchten über soziale Medien direkten Kontakt. 71 Meldungen aus dem gesamten Stadtgebie­t berichtete­n von Schießerei­en. Allesamt „Fehlwahrne­hmungen oder Falschmeld­ungen“, so Hampel – die aber dennoch von Beamten überprüft werden mussten.

Die bayerische Polizei werde mit intensiver Fortbildun­g, besserer Ausstattun­g und einer klaren Kommunikat­ionsstrate­gie auf diese neuen Herausford­erungen reagieren, erklärte Hampel. So würden etwa derzeit in allen bayerische­n Polizeiprä­sidien spezielle Teams für den Umgang mit sozialen Medien in besonderen Einsatzsit­uationen aufgebaut.

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Am 22. Juli 2016 tötete ein 18 Jähriger neun Menschen, bevor er sich selbst erschoss. Der Schock saß tief in der bayerische­n Landeshaup­tstadt. Blumen und Kerzen erinnerten vor dem Olympia Einkaufsze­ntrum an die Opfer.
Foto: Sven Hoppe, dpa Am 22. Juli 2016 tötete ein 18 Jähriger neun Menschen, bevor er sich selbst erschoss. Der Schock saß tief in der bayerische­n Landeshaup­tstadt. Blumen und Kerzen erinnerten vor dem Olympia Einkaufsze­ntrum an die Opfer.

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