Außenseiter gewinnt Profil
Nationalpark (1) Warum der Auwald vor unserer Haustür in der entscheidenden Phase der Standortsuche für das Umweltprojekt der Staatsregierung plötzlich kein Außenseiter mehr ist. Entscheidung fällt vor der Sommerpause
Ein Nationalpark Donau-Auen biete Chancen und Risiken für die Region. Zum Auftakt einer Serie wird der aktuelle Stand der Standortsuche beleuchtet.
In loser Folge wird in den kommenden Wochen eine Serie Chancen und Risiken eines möglichen Nationalparks Donau-Auen für den Landkreis und die Region beleuchten. Zum Start geht es um Grundsätzliches: Warum soll überhaupt ein Nationalpark ausgewiesen werden und wie ist der aktuelle Stand?
Handicapwetten nennt man die Strategie, bei Sportwetten auf einen Außenseiter zu setzen. Wer das Risiko nicht scheut, hat hohe Quoten und darf im Erfolgsfall eine dicke Rendite einstreichen. Die Standortsuche für einen dritten Nationalpark in Bayern wird zwar nicht im Wettbüro entschieden, doch für jene Region, die die Risiken nicht scheut und dafür die Chancen sieht, könnte der Zuschlag wie ein Lottogewinn sein.
Eigentlich wurden die Donau-Auen vom Ministerrat, der die Suche vergangenen Sommer angestoßen hat, im Umweltministerium nur als Außenseiter gehandelt. Im Fokus standen zunächst der Spessart und die Rhön, auch zwei Alpenregionen waren anfangs im Suchkreis. Als sich die Zahl der potenziellen Kandidaten auf drei eingependelt hatte, waren die Buchenwälder der beiden fränkischen Mittelgebirge erklärte Favoriten von Politik und Umweltverbänden. Doch weil sich im Spessart, angeführt vom Aschaffenburger CSULandtagsabgeordneten Peter Winter, massiver Widerstand formiert hat und in der Rhön die Gebietskulisse unrund scheint, sind die DonauAuen plötzlich ein ernsthafter Kandidat für einen Nationalpark. Zwar wird es auch am Strom schwierig sein, die von der Staatsregierung ausgerufenen 10000 Hektar Fläche zusammenzubekommen. Doch in der Kleinteiligkeit des Auwalds besteht auch sein ökologischer Wert.
Im Berchtesgadener Land und im Bayerischen Wald stehen die beiden Leuchttürme des Umweltschutzes in Bayern. Das reiche Naturerbe beider Nationalparks ist mit höchstem Prädikat geschützt und ein Garant für die touristische Attraktivität dieser Regionen. Einen dritten Nationalpark bezeichnet Umweltministerin Ulrike Scharf als „Premiumangebot für unsere wertvollen Naturregionen“(siehe Interview). Deutschlandweit gibt es mittlerweile 16 Parks – vom nur 30 qkm großen Nationalpark Jasmund auf Rügen bis zum 4400 qkm großen Wattenmeer in Schleswig-Holstein. Auf rund 75 Prozent der geschützten Fläche muss laut Naturschutzgesetz übrigens der Natur ohne menschliches Zutun freier Lauf gelassen werden. Das heißt aber nicht, dass Menschen dort ausgesperrt werden. Nationalparks sollen auch der „naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung“dienen. Dafür wird eine touristische Infrastruktur mit Wegen angelegt, die nur in der Kernzone nicht verlassen werden dürfen. Die „außergewöhnliche ökologische Qualität“der hiesigen Donau-Auen erfüllt nach Ansicht von Landrat Roland Weigert alle Voraussetzungen für einen Ritterschlag zum Nationalpark. Und nicht nur die Artenvielfalt spreche dafür. Ein Nationalpark sei eine „Riesenchance“für die Entwicklungsmöglichkeiten der Region. Nach früheren Naturschutzbestrebungen wie der Einrichtung des Donaumoos-Zweckverbands und der Auendynamisierung ist für den Landkreischef die Ausweisung eines Nationalparks ein weiterer logischer Schritt.
Unumstritten ist, dass neben ökologischen Aspekten Nationalparks international als Destination im Naturtourismus eine wichtige Rolle spielen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Studien. Fakt ist aber auch, dass es zahlreiche Interessenvertreter aus Reihen der Jagd, Forstwirtschaft, Grundbesitzer oder Rechtler gibt, die durch verschärfte Naturschutzgebote Nutzungseinschränkungen fürchten. Das Umweltministerium weist deshalb im Auswahlverfahren darauf hin, dass die Bürger vor Ort unbedingt mitgenommen werden sollen. Ministerin Ulrike Scharf hat darum einen offenen Dialog angekündigt. Die Auswahl soll in enger Abstimmung und im Dialog mit den Menschen vor Ort erfolgen. Am Ende des gesamten Prozesses, dessen Dauer völlig offen ist, soll ein internationalen Standards gemäßes, maßgeschneidertes Konzept stehen. Die abschließende Entscheidung über die Einrichtung eines dritten Nationalparks in Bayern trifft am Ende die Staatsregierung mit Zustimmung des Landtags.