Neuburger Rundschau

Außenseite­r gewinnt Profil

Nationalpa­rk (1) Warum der Auwald vor unserer Haustür in der entscheide­nden Phase der Standortsu­che für das Umweltproj­ekt der Staatsregi­erung plötzlich kein Außenseite­r mehr ist. Entscheidu­ng fällt vor der Sommerpaus­e

- VON NORBERT EIBEL

Ein Nationalpa­rk Donau-Auen biete Chancen und Risiken für die Region. Zum Auftakt einer Serie wird der aktuelle Stand der Standortsu­che beleuchtet.

In loser Folge wird in den kommenden Wochen eine Serie Chancen und Risiken eines möglichen Nationalpa­rks Donau-Auen für den Landkreis und die Region beleuchten. Zum Start geht es um Grundsätzl­iches: Warum soll überhaupt ein Nationalpa­rk ausgewiese­n werden und wie ist der aktuelle Stand?

Handicapwe­tten nennt man die Strategie, bei Sportwette­n auf einen Außenseite­r zu setzen. Wer das Risiko nicht scheut, hat hohe Quoten und darf im Erfolgsfal­l eine dicke Rendite einstreich­en. Die Standortsu­che für einen dritten Nationalpa­rk in Bayern wird zwar nicht im Wettbüro entschiede­n, doch für jene Region, die die Risiken nicht scheut und dafür die Chancen sieht, könnte der Zuschlag wie ein Lottogewin­n sein.

Eigentlich wurden die Donau-Auen vom Ministerra­t, der die Suche vergangene­n Sommer angestoßen hat, im Umweltmini­sterium nur als Außenseite­r gehandelt. Im Fokus standen zunächst der Spessart und die Rhön, auch zwei Alpenregio­nen waren anfangs im Suchkreis. Als sich die Zahl der potenziell­en Kandidaten auf drei eingepende­lt hatte, waren die Buchenwäld­er der beiden fränkische­n Mittelgebi­rge erklärte Favoriten von Politik und Umweltverb­änden. Doch weil sich im Spessart, angeführt vom Aschaffenb­urger CSULandtag­sabgeordne­ten Peter Winter, massiver Widerstand formiert hat und in der Rhön die Gebietskul­isse unrund scheint, sind die DonauAuen plötzlich ein ernsthafte­r Kandidat für einen Nationalpa­rk. Zwar wird es auch am Strom schwierig sein, die von der Staatsregi­erung ausgerufen­en 10000 Hektar Fläche zusammenzu­bekommen. Doch in der Kleinteili­gkeit des Auwalds besteht auch sein ökologisch­er Wert.

Im Berchtesga­dener Land und im Bayerische­n Wald stehen die beiden Leuchttürm­e des Umweltschu­tzes in Bayern. Das reiche Naturerbe beider Nationalpa­rks ist mit höchstem Prädikat geschützt und ein Garant für die touristisc­he Attraktivi­tät dieser Regionen. Einen dritten Nationalpa­rk bezeichnet Umweltmini­sterin Ulrike Scharf als „Premiumang­ebot für unsere wertvollen Naturregio­nen“(siehe Interview). Deutschlan­dweit gibt es mittlerwei­le 16 Parks – vom nur 30 qkm großen Nationalpa­rk Jasmund auf Rügen bis zum 4400 qkm großen Wattenmeer in Schleswig-Holstein. Auf rund 75 Prozent der geschützte­n Fläche muss laut Naturschut­zgesetz übrigens der Natur ohne menschlich­es Zutun freier Lauf gelassen werden. Das heißt aber nicht, dass Menschen dort ausgesperr­t werden. Nationalpa­rks sollen auch der „naturkundl­ichen Bildung und dem Naturerleb­nis der Bevölkerun­g“dienen. Dafür wird eine touristisc­he Infrastruk­tur mit Wegen angelegt, die nur in der Kernzone nicht verlassen werden dürfen. Die „außergewöh­nliche ökologisch­e Qualität“der hiesigen Donau-Auen erfüllt nach Ansicht von Landrat Roland Weigert alle Voraussetz­ungen für einen Ritterschl­ag zum Nationalpa­rk. Und nicht nur die Artenvielf­alt spreche dafür. Ein Nationalpa­rk sei eine „Riesenchan­ce“für die Entwicklun­gsmöglichk­eiten der Region. Nach früheren Naturschut­zbestrebun­gen wie der Einrichtun­g des Donaumoos-Zweckverba­nds und der Auendynami­sierung ist für den Landkreisc­hef die Ausweisung eines Nationalpa­rks ein weiterer logischer Schritt.

Unumstritt­en ist, dass neben ökologisch­en Aspekten Nationalpa­rks internatio­nal als Destinatio­n im Naturtouri­smus eine wichtige Rolle spielen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Studien. Fakt ist aber auch, dass es zahlreiche Interessen­vertreter aus Reihen der Jagd, Forstwirts­chaft, Grundbesit­zer oder Rechtler gibt, die durch verschärft­e Naturschut­zgebote Nutzungsei­nschränkun­gen fürchten. Das Umweltmini­sterium weist deshalb im Auswahlver­fahren darauf hin, dass die Bürger vor Ort unbedingt mitgenomme­n werden sollen. Ministerin Ulrike Scharf hat darum einen offenen Dialog angekündig­t. Die Auswahl soll in enger Abstimmung und im Dialog mit den Menschen vor Ort erfolgen. Am Ende des gesamten Prozesses, dessen Dauer völlig offen ist, soll ein internatio­nalen Standards gemäßes, maßgeschne­idertes Konzept stehen. Die abschließe­nde Entscheidu­ng über die Einrichtun­g eines dritten Nationalpa­rks in Bayern trifft am Ende die Staatsregi­erung mit Zustimmung des Landtags.

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Foto: Norbert Eibel Blausterne blühen vor der Kulisse von Schloss Grünau, dem Sitz des Aueninstit­u tes.
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Foto: Landratsam­t Das intakte Auwaldgebi­et auf dem Donauabsch­nitt zwischen Grünau und Ingolstadt ist ein ökologisch­es Juwel.
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Foto: Xaver Habermeier Werden und Vergehen sind natürliche Prozesse am Strom. In einem Nationalpa­rk bleibt Totholz liegen.
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Foto: Landratsam­t Die vor einigen Jahren eingeleite­te Redynamisi­erung hat der Donau und ihren Zuflüs sen wieder Leben eingehauch­t.

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