Die Lehrerin und ihr Meisterschüler
Porträt Brigitte Macron könnte bald Frankreichs Première Dame werden. Die Geschichte ihrer Ehe ist so ungewöhnlich wie der Aufstieg ihres Mannes
Händehaltend begleitet Brigitte Macron ihren jungen Ehemann am Abend des großen Triumphs, küsst ihn, winkt den jubelnden Anhängern zu und verteilt Kusshände. Und Emmanuel Macron, der soeben die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl gewonnen hat, dankt seiner Frau, „ohne die ich nicht ich wäre“.
Der 39-Jährige hat einen ungewöhnlichen Aufstieg hingelegt und ungewöhnlich ist auch die Ehe mit seiner 25 Jahre älteren Frau, die bald Frankreichs Première Dame werden könnte. Denn Macron lernte seine künftige Gattin als Gymnasiast in seiner nordfranzösischen Heimatstadt Amiens kennen: Brigitte Macron, geborene Trogneux, war seine Lehrerin. Kein Wunder, dass die Klatschpresse begeistert ist von dem Gespann. Paris Match, das bekannteste aller französischen People-Magazine, brachte den Politik-Jungstar und seine 64-jährige Frau in weniger als einem Jahr gleich vier Mal auf die Titelseite.
Der französischen Öffentlichkeit bekannt wird Brigitte Macron, als sie ihren Mann 2015 auf einen Empfang im Präsidentenpalast begleitet. Die Franzosen staunen nicht schlecht über die Ehe des damaligen Wirtschaftsministers mit einer Frau, deren Kinder so alt sind wie er und die bereits mehrfache Großmutter ist. Großmütterlich aber tritt die Politikergattin, Spitzname „Bibi“, beileibe nicht auf: Die blonde, schlanke und braun gebrannte Mittsechzigerin mit dem breiten Lächeln ist bekannt für ebenso schicke wie körperbetonte Garderobe. Manch einer lästert, sie übertreibe es mit ihren kurzen Kleidern und den hohen Absätzen ein wenig. Denen wird entgegengehalten, niemand solle den Fehler begehen, Brigitte Macron auf ihr Äußeres zu reduzieren. Im Wahlkampf ist sie allgegenwärtig, berät ihren Mann, feilt an seinen Reden. Manchmal wirkt es, als sei sie noch immer seine Lehrerin – wie einst am Jesuitengymnasium La Providence. Macron ist damals 15 Jahre alt und besucht einen Theaterkurs, den die Französischlehrerin, verheiratet und Mutter von drei Kindern, leitet. Im folgenden Schuljahr überarbeiten beide ein Theaterstück für eine Aufführung. „Das Schreiben hat uns zusammengebracht und eine unglaubliche Nähe ausgelöst“, beschreibt Brigitte Macron die Anfänge der Beziehung. „Ich spürte, dass ich ins Wanken gerate, und er auch.“Natürlich scheint eine solche Beziehung undenkbar. Die aus einer Chocolatiers-Familie stammende Lehrerin überzeugt ihren verliebten Schüler, Amiens zu verlassen und an ein Pariser Elitegymnasium zu wechseln. Beide bleiben aber in engem Kontakt. Mit 17 Jahren soll Macron versprochen haben: „Egal, was Sie tun: Ich werde Sie heiraten.“2007 ist es dann tatsächlich so weit.
Im Spaß soll Brigitte Macron gesagt haben, ihr Mann müsse unbedingt jetzt Präsident werden – bei der nächsten Wahl wäre es wegen ihres Alters zu spät: „Stellt euch nur vor, wie ich 2022 aussehen werde.“
Fabian Erik Schlüter, afp