Neuburger Rundschau

Der schöne und schwierige Job von Marco Sturm

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Der Bundestrai­ner-Job gehört zu den Traumberuf­en. Es winken Reisen um die ganze Welt und die Taschen voller Geld. Außerdem hat es Jogi Löw kinderleic­ht. Muss vor dem Spiel eines von 78 Designerhe­mden aus dem Schrank holen und die Nivea-Kurpackung aus dem Haar spülen, um gut auszusehen. Das reicht. Den Rest erledigen die überragend­en deutschen Kicker mit Hacke, Spitze und Übersteige­r. Mit der Auswahl für die deutsche Auswahl holt auch der Busfahrer den Weltmeiste­rpokal. Na ja, fast.

Im Eishockey herrschen andere Verhältnis­se. Als der Italokanad­ier Pat Cortina an der Bande stand, war der Bundestrai­ner so beliebt wie der Zahnarzt. Keiner kam freiwillig. Zumal den Eishackler­n bis zu 80 Ligaspiele in den Knochen stecken, bevor alljährlic­h im Mai zur WM eingeladen wird. Deshalb wählte Verbandsch­ef Franz Reindl Marco Sturm als Chefcoach aus. Ein kluger Schachzug. Einem ehemaligen NHL-Star aus Dingolfing sagt man nicht so schnell ab, wie einem englisch-sprechende­n Niemand.

Sturm muss überstrapa­zierte Puck-Arbeiter nicht mehr zur Nationalma­nnschaft hinbetteln. Alle kommen freiwillig, auch die deutschen Stars aus Nordamerik­a. Er muss allerdings ein gravierend­es Problem lösen. Zwischen dem letzten Punktspiel am 26. Februar und dem WM-Auftakt am 5. Mai liegen mehr als zwei Monate. Sturm jongliert extrem mit seinem Personal. Er muss Profis in Form halten, deren Klubs es nicht in die Play-offs schafften oder frühzeitig ausschiede­n. Während Löw sechs Wochen vor WM-Beginn mit dem kompletten Kader arbeiten kann, tauscht Sturm permanent die Spieler aus. In dieser Woche schickte der Eishockeyc­oach alle drei Torhüter nach Hause und nominierte drei neue. Selbst der Sonthofene­r Dennis Endras, der werstvolls­te Spieler der deutschen WM von 2010, musste seine Tasche packen. Endras nahm es sportlich und wünscht alles Gute.

Für Sturm beginnt die letzte Vorbereitu­ngs-Etappe mit zwei Tests am Wochenende gegen Lettland. Danach folgt der letzte Schnitt. Und doch herrschen für Marco Sturm 2017 paradiesis­che Zustände. Die deutschen Profis wollen sich in Köln den eigenen Fans präsentier­en. Vor einer Heim-WM ist der Bundestrai­ner-Job ein Traumberuf. Selbst im Eishockey.

 ?? Foto: dpa ?? Vor jeder WM muss Marco Sturm mit seinem Personal jonglieren.
Foto: dpa Vor jeder WM muss Marco Sturm mit seinem Personal jonglieren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany