Wieder mischen sie den Kosmos auf
Guardians of the Galaxy Vol. 2 Die chaotische, intergalaktische Multikultigruppe ist zurück. Warum aber stellt sich der anarchistische Charme der ersten Begegnung nicht mehr ein?
Im Universum des Comic-Giganten „Marvel“wird nichts dem Zufall überlassen. Von Jahr für Jahr speist das Unternehmen in einem sorgfältig geflochtenen Gewebe aus Franchises, Sequels, Prequels, Reboots und Spin-Offs einen steten Fluss an Superhelden-Spektakeln in die Multiplexe ein, die dem Mutterkonzern Milliardengewinne bescheren. In dieser durchkalkulierten Blockbuster-Choreografie wirkten die „Guardians of the Galaxy“, die vor drei Jahren ins Weltenrettergeschäft einstiegen, wie ein verzogenes Kind, das mit den Tischsitten nicht vertraut ist.
Aber gerade dieser anarchistische B-Movie-Charme, eine schräge Crew aus angeschlagenen Heldenfiguren, die dichte Gag-Folge sowie ein unorthodoxer 70er-JahreSoundtrack führten zum Erfolg. 773 Millionen Dollar spielte die ScienceFiction-Komödie weltweit ein und konnte sich mit den unternehmensinternen Konkurrenten Spider-, Iron- und X-Men durchaus messen. Nebenbei wilderte die intergalakti- Multikultitruppe selbstbewusst auf dem „Star Wars“-Territorium, ohne daraus epische Ansprüche ableiten zu wollen.
Die grüngesichtige Außerirdische Gamora (Zoe Saldana), der genetisch aufgerüstete Waschbär Rocket, der barbusige Muskelprotz Drax (Dave Bautista), das wortkarge Wurzelmännchen Groot und der Erdling Star-Lord (Chris Pratt) bildeten ein unterhaltsames ChaosTeam, das seine heroischen Aufgaben nicht allzu ernst nahm.
Nun wird das Unternehmen unter dem schlichten Titel „Guardians of the Galaxy Vol. 2“erneut unter der Regie von James Gunn weitergeführt, der gleich zu Beginn auf ironische Kontinuität setzt: Während die schwer bewaffneten Kollegen gegen ein Schlangenmonster kämpfen, tanzt im Vordergrund der kleine Groot als putziges Maskottchen zu dem Super-Oldie „Mr. Blue Sky“von Electric Light Orchestra.
Das Team hat sich mittlerweile zur begehrten Söldner-Truppe gemausert, das den Planeten der goldglänzenden Hohepriesterin Ayesha (Elizabeth Debicki) gegen „inter- dimensionale“Eindringlinge verteidigt. Als Rocket wertvolle Güter der Auftraggeber mitgehen lässt, werden sie von einer ganzen Armada vergoldeter Flugobjekte verfolgt und durch einen gewissen Ego (Kurt Russell) gerettet. Der stellt sich als Star-Lord außerirdischer Erzeuger vor, den der Sohn einer alleinerziehenden Erdlingsmutter nie kennengelernt hat. Der superreiche und unsterbliche Daddy verfügt über einen selbst erschaffenen Planeten,
Star Lord findet seinen Papa, doch dieser hegt finstere Absichten
der in feinstem 70er-Kitsch erstrahlt. Aber hinter dem gönnerhaften Auftreten des Alleinherrschers treten schon bald finstere Absichten hervor, die sich in einem ausgedehnten digitalen Effektegewitter entladen.
Dieser recht übersichtliche ödipale Konflikt erweist sich als genauso wenig tragfähig für zwei Kinostunden wie die eher schlaff-komische sche Gruppendynamik im Heldenteam. Dass sich die Handlung in unübersichtlichen Nebenerzählsträngen verliert, könnte man noch verkraften, wenn der Film in einen soliden Albernheitsmodus finden würde, wie es dem Vorgänger gelungen ist. Aber im Gegensatz zu den zahlreichen Explosionen auf der Leinwand zünden die müden Gags nur gelegentlich. Zu sehr ruhen sich die Figuren auf ihren Charakterisierungen aus Teil 1 aus und wirken in ihrem schrägen Dasein erstarrt.
Die zweite Begegnung mit den „Guardians of the Galaxy“auf der Leinwand fühlt sich so an, als würde man Leute, die man im Urlaub kennengelernt hat, nach drei Jahren wieder treffen. Man erinnert sich verwundert an die gute Zeit, die man damals miteinander verbracht hat, und weiß nun nichts mehr mit diesen Langweilern anzufangen. „Vol. 2“ist in 137 Minuten ein ermüdender Wiederaufguss und zeigt erneut, dass sich Humor und Komik selten erfolgreich in einem Franchise rekultivieren lassen. ** O