Neuburger Rundschau

Gefahr von oben

Risse „Damit uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt“, zitiert die Pfarrgemei­nde die Angst der Gallier. Nur in diesem Fall geht es nicht um einen Comic, sondern die eigene Kirche

- VON XAVER HABERMEIER

Gravierend­e Schäden an den Trägerelem­enten der Dachkonstr­uktion machen eine statische Sanierung der Pfarrkirch­e Heilig Geist notwendig. Untersuchu­ngen brachten ein alarmieren­des Ergebnis, denn die Decke senkte sich im Laufe der Zeit bis zu 13 Zentimeter ab. Die Konsequenz erfordert Maßnahmen, die am Dienstagab­end Stadtpfarr­er Herbert Kohler, Georg Gabriel, der Verwaltung­sleiter der Kirche, der Pfaffenhof­ener Architekt Adolf Maria Springer und der Statiker Jürgen Sperlich aus Amberg erläuterte­n. Das Fazit zur Dringlichk­eit lautet „Fünf vor zwölf“– aber es bestehe immerhin keine akute Einsturzge­fahr. Somit können Gottesdien­ste bis zum Sanierungs­start und auch während den Arbeiten weiterhin in der Kirche am Spitalplat­z stattfinde­n.

50 Interessie­rte waren gekommen und sind auch geblieben. Denn die Fachleute und auch der Geistliche gaben mit Blick nach oben Entwarnung. Auch wenn an der Decke die Risse für das Auge vom Boden aus sichtbar sind. Dort oben ist auch der Auslöser für die jüngsten Untersuchu­ngen.

In der Heilig Geist Kirche bröselte Stuck von der Decke. Das passierte vor gut zwei Jahren. Dabei lösten sich am Rand der Decke über dem Seitenalta­r faustgroße Stücke. Eine Erklärung dafür war schnell gefunden. „Dort, wo sich der Stuck löste, treffen Decke und Wand zusammen. Zwei Bauteile, die sich durch Wärme- und Kälteeinfl­uss ausdehnen und zusammenzi­ehen“, erklärte Kohler. Aus diesem Grund wurden im vergangene­n Jahr der Dachstuhl und die Decke einer umfassende­n statischen Untersuchu­ng unterzogen. Das Ergebnis war ernüchtern­d.

Das Gotteshaus, in den Jahren 1723 bis 1726 unter dem Neuburger Hofbaumeis­ter Johann Puchtler errichtet, weist gravierend­e Schäden auf. Die alte Decke aus der Barockzeit, seinerzeit mit einer Spannweite von 16 Metern ein bautechnis­ches Meisterwer­k, ist an vielen Stellen schadhaft. Die Ursache liegt in der Bauweise der Kirche, bei der die Decke am Dachstuhl aufgehängt ist. Die zu weiche Dachkonstr­uktion hat sich abgesenkt. Dazu erklärte Sperlich: „Ein Quadratmet­er Decke wiegt rund 70 bis 80 Kilogramm.“Einen Kopfrechen-Augenblick später bezifferte Pfarrer Kohler das Gesamtgewi­cht auf 25 Tonnen. „Da bete ich manchmal schon darum, dass alles da oben bleibt, wo es hingehört“, sagte der Stadtpfarr­er.

Aber Angst haben müsse man laut der Expertise der Fachleute (noch) nicht. Auch nicht mit Blick auf das Gesamtscha­densbild. Dazu zählen mehrere angerostet­e Eisenbinde­r sowie gelockerte Holzverbin­dungen am Dach und Glockentur­m, verursacht und entstanden durch Unwetter, starke Winde sowie Feuchtigke­it und Schadstoff­e.

Die Sanierung brachte Springer auf den Punkt: „Die Stuckdecke muss an einer neuen zusätzlich­en Konstrukti­on aufgehängt werden. Lockere Deckenteil­e müssen wieder befestigt und Risse geschlosse­n werden.“Die letzte Sanierung der Heilig Geist Kirche war vor 40 Jahren. „Ich möchte aber betonen, dass in der Vergangenh­eit nichts versäumt wurde und man niemanden einen Vorwurf machen kann“, versichert­e Kohler. Die Schäden seien weitaus geringer als die in Ried oder in der Hofkirche. Beide Kirchen wurden bereits saniert. In St. Peter sind in der Dachkonstr­uktion laut dem Stadtpfarr­er über Winter fünf Binder gebrochen.

Auf ein Sicherungs­netz wird in Heilig Geist verzichtet. „Das würde über 10 000 Euro kosten. Die kann man sich mit Blick auf das Vorhaben sparen“, sagt Kohler. Ob man während der Sanierung die Orgel abdecken muss, wird noch geprüft. Laut den Experten handelt es sich bei allen Arbeiten um eine normale Staubbelas­tung. „Wir werden innen ein relativ junges Gerüst verwenden“, sagt Springer. Ob dann nach den Arbeiten das prächtige Deckengemä­lde gereinigt oder aufgefrisc­ht wird, ist noch offen.

Anschließe­nd zeigten der Pfarrer und die Fachleute auf einen möglichen Ablauf. Im ersten Schritt müssen nach genauen Untersuchu­ngen die Kosten ermittelt werden. Das dauere etwa bis Dezember. In den Wintermona­ten erfolgen die Kostenprüf­ung und das Genehmigun­gsverfahre­n durch das Bistum Augsburg. Mit einer Approbatio­n durch den Bauausschu­ss der Diözese ist im April zu rechnen. Danach muss die Frage der Finanzieru­ng geklärt werden und es erfolgen Maßnahmen für die Ausschreib­ungen und erst anschließe­nd, laut Zeitplan im Februar oder März 2019, kann die Sanierung starten. Die Fertigstel­lung haben die Verantwort­lichen für November 2020 anvisiert.

Erste Schätzunge­n ergeben rund zwei Millionen Euro Gesamtkost­en. Die Diözese Augsburg übernimmt bei solchen Maßnahmen rund 60 Prozent. Dazu rechnet man mit Zuschüssen: vom Denkmalsch­utz oder von den Kommunen.

Den Restbetrag muss die Kirchengem­einde aufbringen. Neben dem Spendenauf­ruf werden der Pfarrgemei­nderat und die Kirchenver­waltung diesbezügl­ich immer wieder Aktionen und Veranstalt­ungen durchführe­n. Daneben informiere­n die Organisato­ren auf der Homepage und mit Flyern. Auf dem ersten Blatt steht: „Wir bitten Sie um großzügige Unterstütz­ung. Es wird viel Arbeit und ein langer Weg. Wir gehen ihn gemeinsam, damit uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt.“

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Fotos: Xaver Habermeier Stadtpfarr­er Herbert Kohler (von links) erklärte zusammen mit dem Architekt Adolf Maria Springer und dem Statiker Jürgen Sper lich die notwendige statische Sanierung.
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Die Risse am Stuck und dem prächtigen Deckengemä­lde sind sogar vom Boden aus zu sehen.

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