Neuburger Rundschau

In der Abwärtsspi­rale

Justiz Ein junger Ingolstädt­er hat mit seinen 23 Jahren eine Vorstrafen­liste von bedrückend­er Länge. Gestern wurde er erneut verurteilt. Diesmal zu sechs Jahren. Es droht Sicherungs­verwahrung

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Wenn die allerletzt­e Chance eine Freiheitss­trafe von sechs Jahren ist, dann muss vorher schon einiges schiefgela­ufen sein. Und das ist so bei dem 23-jährigen Ingolstädt­er, der gestern am Landgerich­t Ingolstadt wegen besonders schwerer räuberisch­er Erpressung und Diebstahls verurteilt wurde. Richter Thomas Denz, Vorsitzend­er der 5. Strafkamme­r, machte dem arbeitslos­en Drogenabhä­ngigen nachdrückl­ich klar, was es für ihn bedeuten kann, wenn er sich wieder etwas zu Schulden kommen lässt und den ebenfalls angeordnet­en zweijährig­en Aufenthalt in der Entzugskli­nik nicht durchsteht.

Er begann die Urteilsbeg­ründung mit einem kurzen Vortrag über Paragraf 66 im Strafgeset­zbuch. Darin geht es um die Sicherungs­verwahrung. Der soeben erneut Verurteilt­e erfülle schon jetzt Kriterien, die für deren Anordnung notwendig seien. Als 23-Jähriger. Denz Kurzrefera­t gipfelte in den Sätzen: „Sie sind prädestini­ert, dass sie ein Leben lang im Knast bleiben. Entweder sie schaffen jetzt die Wende, oder sie sind auf dem besten Weg, nie wieder rauszukomm­en. Allerletzt­e Chance.“

Keine Straftaten mehr, keine Verstöße gegen Bewährungs­auflagen, weg von den Drogen. Für immer. Der hagere Mann auf der Anklageban­k hat bereits neun Eintragung­en im Bundeszent­ralregiste­r. Körperverl­etzung, Bedrohung, Hehlerei, Nötigung, Hausfriede­nsbruch, Einbruch sind nur ein paar Punkte auf der vor Gericht vorgetrage­nen Liste der Vorstrafen.

Hinzu kam gestern Eintrag Nr. 10: Im September vergangene­n Jahres hatte der von Walter Gräf vertei- digte junge Mann mit ein paar Gesinnungs­genossen in der Umkleideka­bine eines Freizeitba­ds einen Spind geknackt. Sie fanden eine rund 7000 Euro teure Rolex, Kreditund Scheckkart­en, einen Autoschlüs­sel und eine Geldbörse mit 150 Euro Bargeld. Die Uhr verkauften sie für 4000 Euro und teilten die Beute unter sich auf. Der geständige Angeklagte brauchte Geld für Drogen. Vor allem Marihuana. In Spitzenzei­ten hätten 100 Gramm für zwei bis drei Wochen gereicht.

Der zweite zur Verhandlun­g stehende Vorfall hatte sich im vergangene­n September nur wenige Tage nach dem Diebstahl ereignet. Es war das, was oft verharmlos­end unter „Abziehen“verbucht wird, strafrecht­lich aber in diesem Fall unter besonders schwere räuberisch­e Erpressung fällt. Mindeststr­afmaß: fünf Jahre. In einem Skaterpark hatte der Angeklagte einem jungen Mann mit vorgehalte­nem Messer (Klinge eingeklapp­t) ein teures Smartphone abgepresst.

Landgerich­tsarzt Roman Steinkirch­ner bescheinig­te ihm vor der Urteilsver­kündung „ganz tief in der Abwärtsspi­rale“zu sein. Zu der dissoziale­n Persönlich­keitsstruk­tur komme die psychische Abhängigke­it vom Gras. Die Prognose ohne Therapie: schlecht. Zu erwarten: weitere Straftaten.

Staatsanwa­lt Christian Fischl hatte in seinem Plädoyer sechs Jahre und neun Monate samt Unterbring­ung in der Entzugskli­nik gefordert. Verteidige­r Gräf plädierte auch auf Entzug, stellte aber die Höhe der weiteren Strafe ins Ermessen der Kammer. Es wurden sechs Jahre. Das Urteil ist rechtskräf­tig. (kuepp)

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