Schneller, präziser, besser
Musik Das Neuburger Kammerorchester hat sich prächtig entwickelt. Das hat sich beim Konzert gezeigt
In den letzten drei, vier Jahrzehnten ist das Ausbildungsniveau an den deutschen Musikhochschulen enorm angehoben worden. Wer heute sein Konzertdiplom überreicht bekommt, hält quasi die Bescheinigung für technisch tadelloses Spiel in der Hand – und es ist ihm fast alles zuzutrauen. Dass im Zuge dieser Entwicklung die Qualität vieler Orchester nach oben geschraubt wurde, liegt auf der Hand. Diese enorme Steigerung strahlt – man staune – auch in den Amateurbereich hinein. Viele unserer sogenannten Laienorchester sind mittlerweile respektable Klangkörper und können sich hören lassen. Ein signifikantes Beispiel ist das Neuburger Kammerorchester. Sein Dirigent Johannes Fiedler hat das Orchester, wie wir schon in den letzten Jahren registrieren konnten, zu bemerkensund bewundernswerten Leistungen geführt und auch beim diesjährigen Konzert im Neuburger Kongregationssaal erlebte man ein bestens präpariertes Ensemble.
Mit Peter Tschaikowskys „Andante cantabile“– an den Anfang gestellt – für Violoncello und Streichorchester op. 11 hatte man gleich in zweifacher Hinsicht einen guten Griff getan: Zum einen kann sich der Wirkung dieser süffig-melodiösen Musik kaum einer entziehen. Zum anderen verstand es die Solistin Angela Chang, der zauberhaften Komposition mit ihrem facettenreichen, alle Nuancen auskostenden Spiel zu hoher Ausdrucksstärke zu verhelfen. Meisterhaft, wie sie das Stück in höchster Tonlage zum wehmütig erlöschenden Finale führte.
Die lyrische Grundstimmung beibehaltend schloss sich die bekannte Streicherserenade op. 20 von Ed- ward Elgar an. Nach dem luftig-heiteren Kopfsatz kostete das Orchester im einschmeichelnden Andante die ganze Palette dynamischer Steigerungsgrade aus. Ähnliches war zu beobachten beim d-Moll-Violinkonzert von Felix MendelssohnBartholdy: Bei den Tutti-Stellen trumpfte es selbstbewusst auf, bei den begleitenden Passagen trat es vornehm in den Hintergrund. In Michael Friedrich hatte man einen Solisten, der mit sichtlicher Freude und viel Spielwitz das Werk darbot. Das d-Moll-Konzert, das sehr im Schatten seiner großen e-MollSchwester steht, ist neuerdings wieder häufiger in den Konzertsälen zu hören. Es erfordert viel Geschmack beim Vortrag und durchaus virtuoses Geschick. Beides steht Friedrich in hohem Maße zur Verfügung, dazu kommt ein geschmeidig-silbriger Geigenton, der in lyrischen Teilen wunderbar aufblüht, in rascher Attitüde funkelt und glänzt. Diese Vorzüge ließen die zugegebene Allemande aus Johann Sebastian Bachs d-Moll-Suite zu einem innigen Hörerlebnis werden.
Als strahlender Schlusspunkt stand Mozarts A-Dur-Sinfonie (KV 201) auf dem Programm. Wer es wagen kann, ein so bekanntes Werk mit all seinen Klippen und Finessen, mit seinen filigranen Linien und seinen rasch einsetzenden Attacken aufzuführen, der muss sich seiner Sache schon sehr sicher sein. Und in der Tat hat das Orchester seine Aufgabe mit Souveränität bewältigt. Da war bestimmt viel gefeilt worden – mit einem bestaunenswerten Ergebnis: rasche Tempi, ausbalancierte Dynamik (lediglich die „hinzugezogenen“Bläser erlaubten sich im langsamen Satz unangemessene Freiheiten), schöne Tongebung.
Ein begeistertes Publikum erhielt aus Elgars Streicherserenade das Larghetto als Zugabe mit auf den Weg.