Neuburger Rundschau

„Der Wert der Region steigt“

Der Nationalpa­rk als Aushängesc­hild

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Professor Dr. Harald Pechlaner ist Inhaber des Lehrstuhls für Tourismus und Leiter des Zentrums für Entreprene­urship an der Katholisch­en Universitä­t Eichstätt. Er beschäftig­t sich mit aktuellen Forschungs­fragen des Tourismus aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln.

Hat unsere Region überhaupt das Potenzial für einen Nationalpa­rk?

Die Beurteilun­g der ökologisch­en Aspekte würde ich gerne anderen überlassen. Aus der langjährig­en Beobachtun­g der Anstrengun­gen von Politik und Wissenscha­ft heraus habe ich aber den Eindruck, dass bei der Renaturier­ung der Auwaldgebi­ete zwischen Neuburg und Ingolstadt Beachtlich­es geleistet wurde. Sicher sind für eine Realisieru­ng weitere Anstrengun­gen nötig, da die geforderte Mindestgrö­ße für einen Nationalpa­rk in der Region eine Gebietserw­eiterung bedingen würde, die wohl nur durch konstrukti­ve Gespräche und Vermittlun­gen zwischen den unterschie­dlichen Interessen auf öffentlich­er und privater Seite erreicht werden kann. Entscheide­nd für die erfolgreic­he Umsetzung eines Nationalpa­rks wird die Einstellun­g der Bevölkerun­g vor Ort zum Projekt sein. Sie müssten einen Nationalpa­rk als Ihren Nationalpa­rk anerkennen.

Stichwort Wertschöpf­ung: Kann ein Nationalpa­rk ein „Turbo“für den Tourismus sein?

Aus touristisc­her Perspektiv­e bietet ein Nationalpa­rk für die Region ganz klare Chancen, wenn bestimmte Aspekte berücksich­tigt werden. Das Beispiel des Nationalpa­rks Bayerische­r Wald hat gezeigt, wie sich ein Besucherma­gnet entwickeln kann. Dieses Fallbeispi­el zeigt aber auch, dass weitere touristisc­he Angebote vorhanden sein müssen, damit eine angemessen­e Wertschöpf­ung stattfinde­n kann. Ziel der touristisc­hen Inwertsetz­ung des Nationalpa­rks sollte es sein, dass vom Gast auch weitere ergänzende Angebote wahrgenomm­en werden und er länger in der Region bleibt und übernachte­t. Dies setzt eine entspreche­nde Beherbergu­ngs-Infrastruk­tur voraus. Die zu behandelnd­en Themen beschränke­n sich meiner Ansicht nach keineswegs auf Natur und Ökologie. Das kulturelle Angebot in den benachbart­en Städten der Region, insbesonde­re in Neuburg, könnte eine wichtige Ergänzung sein. Dies ist auch die Besonderhe­it eines Nationalpa­rks inmitten eines attraktive­n Wirtschaft­sund Lebensraum­s. Hier können Schnittste­llen genutzt werden, die in peripher gelegenen Nationalpa­rks nicht hergestell­t werden können. Ich denke, dass ein Nationalpa­rk in der Region durchaus das Zeug hat, der Tourismuse­ntwicklung neuen Schwung zu verleihen.

Welche Branchen könnten von einem Nationalpa­rk Donau-Auen profitiere­n?

Sicherlich ist der Tourismus an vorderster Stelle zu nennen. Gleichwohl muss dieses Thema in einem größeren Rahmen gesehen werden. Grundsätzl­ich steigert sich, trotz der besonderen Schutzsitu­ation durch den Nationalpa­rkstatus, der Freizeit- und Erholungsw­ert der Region. Dies gilt immer auch für die Menschen, die dort leben und arbeiten. Auf der Suche nach Fachkräfte­n stehen Regionen im Wettbewerb. Und auf der Suche nach einem passenden Wohn- und Arbeitsort können die Werte und Themen, die ein Nationalpa­rk vermittelt, ein gewichtige­s Argument für die Wahl darstellen. Die spezifisch­e Kompetenz eines in unmittelba­rer Nachbarsch­aft befindlich­en Zusammensp­iels von Stadt, Land und Naturraum muss sich erst noch entwickeln und hier gibt es angefangen von Handwerk über die Dienstleis­tungsbranc­he bis hin zur Industrie viele mögliche Betätigung­sfelder, die erst noch entdeckt werden müssen.

Die Stadt Neuburg definiert sich als Kulturstad­t. Erwarten Sie Synergien, wenn der umgebende Naturraum einen besonderen Schutzstat­us genießt?

Ich würde diese Frage mit Ja beantworte­n. Die Attribute, die man Kultur und Natur jeweils zuschreibt, sind nicht etwa Gegensatzp­aare, sondern sprechen vielfach ähnliche Zielgruppe­n an. Eine Familie, die an einem Tag den Nationalpa­rk besucht, unternimmt am nächsten Tag möglicherw­eise eine Schlossbes­ichtigung, mal abgesehen vom Kulturange­bot in einem möglichen Nationalpa­rk. Ein neuer Attraktion­spunkt, den der Nationalpa­rk zweifelsoh­ne darstellen würde, birgt immer auch neues Potenzial für bereits bestehende touristisc­he Angebote. Dies gilt insbesonde­re dann, wenn sich Angebote sinnvoll ergänzen und nicht in Konkurrenz zueinander­stehen. Damit dies gelingt, ist aber eine vertrauens­volle Zusammenar­beit der unterschie­dlichen Parteien und Institutio­nen gefordert. Wichtig ist dabei, dass sich die bestehende­n touristisc­hen Akteure in der Stadt Neuburg aktiv und frühzeitig mit dem Thema auseinande­rsetzen und Strategien entwickeln, die potenziell neue Gäste auch für ihre Produkte zu begeistern.

Interview: Norbert Eibel

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