Merkel gegen Rückkehr zur Wehrpflicht
Kanzlerin reagiert auf Forderungen
Sie kommen vereinzelt, aber sie kommen: die Forderungen nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht als Reaktion auf rechtsextreme Tendenzen in der Bundeswehr. So hat der Historiker Michael Wolffsohn den Streitkräften eine Zukunft als Söldnerarmee prophezeit, wenn man nicht zur Wehrpflicht zurückkehre. Der CDUBundestagsabgeordnete Patrick Sensburg will dies ebenfalls. Die Aussetzung habe bewirkt, dass die Bundeswehr keinen Querschnitt der Gesellschaft mehr abbilden könne, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Doch die Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilte solchen Überlegungen gestern eine klare Absage: „Was die Bundeswehr braucht, ist Berechenbarkeit in ihrer Entwicklung“, sagte die CDU-Politikerin. „In der Kontinuität dieser Entscheidung sollten wir jetzt auch die nötigen Reformen vornehmen.“Merkel unterstützte die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgeschlagene Überprüfung der Wehrdisziplinarordnung und ein neues Programm „Innere Führung heute“.
Vor dem Hintergrund der Diskussion sind die Zustimmungswerte für von der Leyen deutlich gesunken. Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge sind 58 Prozent der repräsentativ Befragten mit der Arbeit der Ministerin weniger oder gar nicht zufrieden. Auch das Vertrauen in die Bundeswehr ist geringer geworden. 49 Prozent der Befragten, zehn Prozentpunkte weniger als im Juli 2016, haben sehr großes beziehungsweise großes Vertrauen in die Truppe. Genauso viele Menschen haben wenig oder kein Vertrauen in die Bundeswehr.
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat seit dem Ende der Wehrpflicht mehr als 2500 rechtsextremistische Verdachtsfälle bei der Bundeswehr registriert. Das berichtete die Rheinische Post unter Berufung auf Sicherheitskreise. Dabei zeigte sich demnach eine deutlich abnehmende Tendenz von 585 Fällen im Jahr 2010 auf 227 Fälle im vergangenen Jahr. In diesem Jahr ging der MAD bislang 104 rechtsextremistischen Verdachtsfällen nach. Der Verdacht habe sich allerdings nur in einem ganz geringen Teil der Fälle erhärtet.