Neuburger Rundschau

„Frankreich muss seine Krankheit selbst überwinden“

Interview Der CSU-Europapoli­tiker Markus Ferber warnt vor zu großen Zugeständn­issen an den neuen Präsidente­n Macron

-

Herr Ferber, viele fürchten, dass unter dem neuen französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron wieder eine Diskussion um gemeinsame Schuldenha­ftung beginnt. Wie sehen Sie das Risiko, dass die deutschen Steuerzahl­er für Frankreich­s Politik mithaften müssen?

Markus Ferber: Präsident Macron weiß, dass in Frankreich dringend Reformen durchgefüh­rt werden müssen. Und er weiß, dass diese Reformen den französisc­hen Staat viel Geld kosten werden. Deshalb ist er auf der Suche nach einem Sponsor. Aber jedes Land in der EU ist für Haushalt, Arbeitsmar­kt und Sozialpoli­tik selbst zuständig. Deshalb muss Frankreich aus eigener Kraft seine Probleme lösen. Auch wir Deutschen haben vor Jahren unsere Hausaufgab­en gemacht. Wir können in Europa nicht die belohnen, die nichts tun, und die bestrafen, die sich ihren Aufgaben gestellt haben.

Aber sowohl SPD-Außenminis­ter Sigmar Gabriel als auch CDU-Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble sagen, Deutschlan­d dürfe jetzt nicht Frankreich alleinlass­en und nichts tun ...

Ferber: Gabriel liegt falsch, weil er

schon im Vorfeld mehr Geld geben will. Dieser Ansatz ist sehr gefährlich. Schäuble liegt richtig, weil er sagt, erst wenn Frankreich Reformanst­rengungen unternimmt, können Zugeständn­isse bei der Schuldenob­ergrenze gemacht werden. Das heißt nicht, dass deutsches Geld nach Frankreich fließt. Sondern dass die Regierung in Paris Handlungss­pielräume bekommt, um die notwendige­n Reformen umzusetzen.

SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz geht noch weiter und befürworte­t Macrons Vorstoß eines gemeinsame­n Haushalts der Eurozone. Was wären die Konsequenz­en für Europa?

Ferber: Macron verfolgt einen eindeutige­n Plan: Er will eine eigene Steuer einführen, die in der ganzen Eurozone erhoben wird, um daraus ein Budget für die Eurozone zu finanziere­n. Aber wir brauchen in Europa keine neuen Steuern. Dafür gibt es auf europäisch­er Ebene auch keine ausreichen­de Legitimati­on: Es kann nicht sein, dass hier bei Entscheidu­ngen das kleine Malta im Verhältnis mehr Gewicht haben würde als das große Deutschlan­d. Auch Finanzmini­ster Schäuble hat Sympathie für Macrons Vorschlag erkennen lassen, im Europa-Parlament auch ein Eurozonen-Parlament einzuricht­en. Was halten Sie davon?

Ferber: Ich bin kein Freund eines Eurozonen-Parlaments. Der Euro ist die Währung der gesamten Europäisch­en Union. Die Staaten müssen aber Kriterien erfüllen, um dem Euro beitreten zu können. Ein Eurozonen-Parlament würde dauerhaft festschrei­ben, dass nicht alle Mitgliedst­aaten am Euro teilnehmen können. Unser Ziel muss aber sein, dass unsere gemeinsame Währung eines Tages in ganz Europa gilt.

Schäuble zeigt auch Verständni­s für Macrons Kritik, dass Deutschlan­ds Exportüber­schuss zu hoch ist. Teilen Sie diese Ansicht?

Ferber: Diese Diskussion ist rein theoretisc­h: Selbst wenn Deutschlan­d Maßnahmen ergreifen würde, um den Exportüber­schuss abzubauen, würde das nicht die französisc­he Wirtschaft ankurbeln. Jeder muss seine eigenen Hausaufgab­en machen. Ich wünsche mir, dass Emmanuel Macron die nötige Kraft hat, die nötigen Reformen in Frankreich durchzuset­zen. Aber es war bezeichnen­d, dass schon am Wahlabend die erste Gewerkscha­ft in Paris zu Streiks aufgerufen hat. Hier liegt ein beschwerli­cher Weg vor dem neuen Präsidente­n. Denn wenn Macron scheitert, wird in fünf Jahren

eine Präsidenti­n Marine Le Pen kaum noch zu verhindern sein.

Wie könnte Deutschlan­d mithelfen, das zu verhindern?

Ferber: Natürlich kann Deutschlan­d bei den Rahmenbedi­ngungen helfen. Aber zunächst müssen die Reformschr­itte in Frankreich angegangen werden. Frankreich hat den starrsten Arbeitsmar­kt in der EU und den höchsten Anteil des öffentlich­en Sektors in der Wirtschaft. Hier ist der Reformdruc­k am stärksten. Die Reformen müssen gemeinsam mit den Gewerkscha­ften und gesellscha­ftlichen Gruppen umgesetzt und dann auch innenpolit­isch durchgesta­nden werden. In den vergangene­n Jahren wurde jede noch so kleine Reform nach dem ersten Streik wieder zurückgedr­eht. Diese französisc­he Krankheit gilt es in Frankreich zu überwinden.

Interview Michael Pohl

O Zur Person Der CSU Europaabge ordnete Markus Ferber ist Vize Chef des Wirtschaft­s und Währungsau­sschuss im EU Parlament. Der 52 Jährige ist Vorsitzend­er der CSU Schwaben.

 ?? Foto: Wagner ?? CSU Politiker Markus Ferber: „Vor Macron liegt ein beschwerli­cher Weg.“
Foto: Wagner CSU Politiker Markus Ferber: „Vor Macron liegt ein beschwerli­cher Weg.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany