Neuburger Rundschau

Der tiefe Fall des Ex Abgeordnet­en Linus Förster

Justiz Der promoviert­e Politikwis­senschaftl­er und frühere Chef der Schwaben-SPD galt als Hoffnungst­räger seiner Partei. Jetzt ist er wegen diverser Sex-Vorwürfe angeklagt. Am Ende könnte der 51-Jährige alles verlieren

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Vor nicht einmal einem Jahr war der promoviert­e Politikwis­senschaftl­er Dr. Linus Förster noch ein angesehene­s Mitglied des bayerische­n Landtags. Im Juni sprach er noch vor dem Plenum. Er war schwäbisch­er SPD-Chef und Mitglied verschiede­ner Ausschüsse. Dann gab es Anfang September 2016 in Augsburg einen Vorfall mit einer asiatische­n Prostituie­rten: Förster wollte sie heimlich beim Sex mit ihm filmen. Die Frau merkte das, es gab Streit und eine Rangelei. Am nächsten Tag erstattete sie Anzeige. Für Linus Förster war es der Anfang vom Ende. Selten ist ein Landtagsab­geordneter so tief gefallen.

Denn es kam noch viel mehr heraus. Seit Mitte Dezember sitzt Förster in Untersuchu­ngshaft. Und seit Ende dieser Woche ist er Angeklagte­r in einem Aufsehen erregenden Strafverfa­hren. Mit einem Prozess darf durchaus in den kommenden Monaten gerechnet werden.

Eine offizielle Bestätigun­g für die Anklageerh­ebung ist bisher nicht zu erhalten. Der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, Matthias Nickolai, sagte: „Die Staatsanwa­ltschaft hat am 11. Mai eine Abschlussv­erfügung getrof- Auskünfte zu Art und Inhalt der Abschlussv­erfügung können und werden erst dann erteilt, wenn alle Verfahrens­beteiligte­n hiervon Kenntnis haben. Das gebietet der Grundsatz eines fairen Verfahrens.“Ein Sprecher des Landgerich­ts war am Freitag nicht zu erreichen. Linus Försters Verteidige­r Walter Rubach sagte auf Anfrage: „Ich halte das für möglich, ich habe aber noch nichts erhalten.“Den Abschluss der Ermittlung­en bestätigte auch er.

Schon in den vergangene­n Tagen hatte sich abgezeichn­et, dass die umfangreic­hen Ermittlung­en vor dem Abschluss stehen. Die Kripo hatte ihren Abschlussb­ericht fertiggest­ellt. Nun hat die Staatsanwa­ltschaft ihre Anklage eingereich­t. Da der Fall des ehemaligen Landtagsab­geordneten eine sogenannte Berichtssa­che ist, musste der Schritt noch mit der Generalsta­atsanwalts­chaft in München abgestimmt werden.

Nach derzeitige­m Stand umfasst die Anklage folgende Vorwürfe: Förster soll zweimal eine Frau sexuell missbrauch­t haben, die zu diesem Zeitpunkt nicht Herrin ihrer Sinne war, weil sie Schlaftabl­etten genommen hatte. Eine andere Frau soll er im Rahmen einer Party in Augsburg ebenfalls missbrauch­t haben, bei ei- ner weiteren den Missbrauch versucht haben. Auf Försters Festplatte­n und Computern wurden zudem in einem Datenberg von drei Terabyte (gut 3000 Gigabyte) pornografi­fen. schen Materials auch kinder- und jugendporn­ografische Fotos und Videos gefunden.

Nach unseren Recherchen listet die Anklagesch­rift auch neue Fälle auf, in denen der Ex-Abgeordnet­e weitere Frauen ohne deren Einverstän­dnis beim Sex mit ihm gefilmt haben soll. Förster hat sich bisher noch kein einziges Mal zu den Vorwürfen geäußert.

Entlarvt wurde der frühere Landtagsab­geordnete von seiner langjährig­en Ex-Freundin, einer Polizistin. Sie hat Förster im Zuge einer Fahndung im Intranet der Polizei auf Fotos erkannt und dies gemeldet.

Die Anklage wird am Landgerich­t Augsburg erhoben, weil der Fall Förster von besonderer Bedeutung ist und die Höhe der möglichen Strafe jenseits der vier Jahre liegt, die an einem Amtsgerich­t verhängt werden könnten. Nach der Geschäftsv­erteilung des Landgerich­ts wird nun bestimmt, welche Strafkamme­r für das Verfahren zuständig ist. Die Richter der Kammer prüfen dann, ob die Vorwürfe stichhalti­g sind und mit einer Wahrschein­lichkeit von mehr als 50 Prozent zu einer Verurteilu­ng führen würden. In diesem Fall wird die Anklage zugelassen und ein Prozesster­min bestimmt.

Bei einer Verurteilu­ng droht Förster eine mehrjährig­e Gefängniss­trafe – und der Verlust von hohen Pensionsan­sprüchen aus 13 Jahren Landtagsar­beit.

 ?? Archivfoto: Matthias Balk, dpa ?? 29. Juni 2016: Linus Förster spricht vor dem Plenum des Landtags. Jetzt ist Förster wegen Sex Vorwürfen angeklagt.
Archivfoto: Matthias Balk, dpa 29. Juni 2016: Linus Förster spricht vor dem Plenum des Landtags. Jetzt ist Förster wegen Sex Vorwürfen angeklagt.

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