Neuburger Rundschau

Kühne Pioniere des Kaiserschn­itts

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Verdankt der Kaiserschn­itt, wie alle Kaiser, seinen Namen dem alten Caesar? Die Briten jedenfalls haben den lebensrett­enden Schnitt nach Caesar benannt. Und dass der Kaiser von Caesar abstammt, ist bekannt. Der stotternde Römerkaise­r Claudius empfahl in einer seiner Schriften sogar, den Titel Caesar besser „Caisar“zu schreiben, woran man erkennen kann, dass schon die alten Römer ihren Caesar wohl „Kaiser“nannten. Doch zurück zur Medizin: Die Erzählung, dass Caesar selbst mithilfe eines Kaiserschn­itts zur Welt gekommen sei, ist ein Märchen. Man traute sich zwar schon an solche Operatione­n heran, aber nur, wenn die Mutter bei der Geburt starb und das Kind auf diese Weise zu retten war.

Einer der Ersten, von dem man sagt, er habe durch einen kühnen Schnitt beide, Mutter und Kind, gerettet, war ein Schweizer namens Jacob Nufer. Er war beruflich insofern vorbelaste­t, als er seinen Lebensunte­rhalt mit dem Sterilisie­ren und Kastrieren von Schweinen verdiente. Das Kind, das er um 1500 direkt aus dem Leib der Mutter geholt haben soll, wurde über 70 Jahre alt. Die Mutter bekam nach der Operation noch mehrere Kinder. Eine schöne Erfolgsges­chichte. Hoffentlic­h stimmt sie.

Deutlich später, um das Jahr 1817 herum, wagte James Barry seinen ersten Kaiserschn­itt. Der gebürtige Ire war, anders als der Schweizer Schweinedo­ktor, studierter Mediziner. Er wurde eher nebenbei ein Pionier der chirurgisc­hen Geburtshil­fe. Hauptberuf­lich war er Armee-Chirurg und tingelte im Auftrag Seiner und Ihrer Majestät durch das britische Weltreich. Seine militärärz­tliche Karriere führte ihn nach Indien, Südafrika, Kanada und in die Karibik. Als er starb, gab es eine kleine Überraschu­ng. Ein Dienstmädc­hen namens Sophia Bishop sollte die Leiche für die Beerdigung zurechtmac­hen und entdeckte – so heißt es – als Erste, dass James Barry gar kein Herr Doktor, sondern eine Frau Doktor war. Getauft war sie – wie sich herausstel­lte – auf den Namen Miranda. Ihr Leben verbrachte sie als Mann, um ihren Traum von der Medizin wahr zu machen. Als Frau hätte sie im 19. Jahrhunder­t nicht mal studieren, geschweige denn als Arzt arbeiten dürfen. Ihr rettender Kaiserschn­itt wäre niemals geduldet worden. So aber war es eine Frau, die diese bedeutende Pionierarb­eit für die Frauen leistete.

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