Neuburger Rundschau

Litfaßsäul­e soll Abgase schlucken

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Die Litfaßsäul­e heißt in Frankreich Morris-Säule und gehört vor allem in Paris zum Straßenbil­d wie die berühmten gusseisern­en Eingänge zur Métro. Auf der Place d’Alésia im noblen 14. Arrondisse­ment soll nun eine ganz besondere Morris-Säule aufgestell­t werden. 72000 Fahrzeuge passieren den Platz jeden Tag – entspreche­nd schlecht ist die Luft dort – ein Problem, das Paris mit vielen Großstädte­n teilt. Die neue Säule verbirgt in ihrem Inneren ein Biokraftwe­rk. Mikroalgen in einem ein Kubikmeter großen Becken betreiben nicht nur Photosynth­ese und verbrauche­n dabei Kohlendiox­id, sondern binden auch das vom Verkehr produziert­e Stickstoff­dioxid.

Die saubere Luft wird wieder nach außen abgegeben. Wenn die Algen sich in ihrem Becken so weit vermehrt haben, dass kein Platz mehr im Becken ist, werden sie über die Kanalisati­on entsorgt. Im Anschluss daran soll aus der Biomasse in Biogasanla­gen Strom erzeugt werden. Rein rechnerisc­h könnte nach Angaben der Betreiber, das Start-up Fermentlag und der Entsorgung­skonzern Suez, der Bioreaktor in der Säule jedes Jahr eine Tonne Kohlendiox­id binden – so viel wie 100 Bäume oder die Menge, die bei einem Hin- und Rückflug über den Atlantik entsteht. Kritiker haben Zweifel am Erfolg. Die Tageszeitu­ng Le Monde zitiert einen Experten, der vorhersagt, die CO2-Konzentrat­ion in der Luft sei zu gering, um die Algen stark genug zum Wachsen zu bringen. (maz-)

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