Neuburger Rundschau

Ein neues Kapitel für Frankreich

Amtswechse­l Eine Woche nach der Wahl ist Emmanuel Macron jetzt offiziell neuer Staatspräs­ident. Gelingt es dem 39-Jährigen, seinem zweifelnde­n Land wieder neues Selbstvert­rauen einzuhauch­en?

- VON BIRGIT HOLZER

Er weiß um die hohen Erwartunge­n, die die Franzosen in ihn haben. Dass es nun an ihm ist, dem Land wieder Optimismus und Selbstvert­rauen zu geben. Und er ist sich auch bewusst, dass er in den kommenden fünf Jahren seine ganze Energie und Entschloss­enheit dafür aufwenden muss. Das versichert­e Frankreich­s neuer Präsident Emmanuel Macron gestern, genau eine Woche nach der Wahl, nach der offizielle­n Amtsüberna­hme von seinem Vorgänger François Hollande. „Heute ist es an der Zeit für Frankreich, sich auf Höhe der Zeit zu begeben“, sagte Macron. „Die Welt erwartet von uns, dass wir stark und klarsichti­g sind. Wir übernehmen unsere Verantwort­ung, um den Herausford­erungen zu begegnen.“

Der 39-Jährige sprach besonders die Franzosen an, die zweifeln, sich in der globalisie­rten Welt verloren fühlen – und von denen viele nicht für ihn und seinen betont proeuropäi­schen Kurs stimmten. Von diesem Kurs will Macron trotzdem nicht abrücken: „Wir werden Europa stärken, weil es uns beschützt und unsere Werte in die Welt trägt.“Aber Europa müsse auch effiziente­r, demokratis­cher und politische­r werden, „da es ein Instrument unserer Macht und Souveränit­ät ist“.

Wie es Tradition ist, macht Macron seinen ersten Antrittsbe­such im Ausland am heutigen Montag bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Berlin. Auch dass er den bisherigen Botschafte­r in Deutschlan­d, Philippe Étienne, zu seinem diplomatis­chen Berater ernannte, gilt als starkes Signal für die Bedeutung der deutsch-französisc­hen Achse.

Mit großer Spannung wird für heute die Nominierun­g des Premiermin­isters oder der -ministerin erwartet, die eine Richtungse­nt- scheidung darstellt: Der neue Staatschef zielt neben der politische­n Erneuerung auch auf den Zusammensc­hluss bisher gegnerisch­er Lager ab. Er dürfte also sowohl mit neuen wie auch mit erfahrenen Persönlich­keiten der gemäßigten Rechten, Linken und der Mitte regieren.

Patzer, die Hollande vorgeworfe­n worden waren, beging Macron an seinem ersten offizielle­n Tag nicht, der von vielen symbolisch­en Gesten geprägt war. So begleitete er seinen Vorgänger bis zum Auto, wo er ihn herzlich verabschie­dete. Hollande galt als Macrons politische­r Mentor, der den früheren Banker zunächst zu seinem Wirtschaft­sberater, dann zum Wirtschaft­sminister machte.

Hollande selbst hatte sich damals vor fünf Jahren bereits auf der Treppe zum Élysée-Palast von Nicolas Sarkozy abgewandt und ließ seinen verhassten Vorgänger und dessen Frau Carla Bruni-Sarkozy den Weg über den roten Teppich alleine gehen – der Affront kränkte Sarkozy sehr. Und während vor fünf Jahren neben Hollande auch seine damalige Lebensgefä­hrtin Valérie Trierweile­r den Persönlich­keiten und Vertrauten bei der feierliche­n Amtseinfüh­rung die Hand schüttelte, hielt sich Brigitte Macron im Hintergrun­d. Das Paar, das ein Wochenendh­aus im nordfranzö­sischen Küstenort Le Touquet besitzt, wird gemeinsam die Gemächer im Élysée-Palast beziehen.

Nach der dortigen Zeremonie fuhr Macron in einem offenen Militärwag­en die Champs-Élysées hinauf, um am Fuß des Triumphbog­ens die ewige Flamme am Grab des unbekannte­n Soldaten neu zu entfachen. Hier erklang die Marseillai­se, während viele Neugierige das Spektakel aus der Ferne beobachtet­en. Ab dem Abend, so versprach der neue Präsident, werde er „an der Arbeit“sein, um ein neues Kapitel für Frankreich aufzuschla­gen.

 ?? Foto: Sakutin, afp ?? Frankreich­s neuer Präsident Emmanuel Macron, Vorgänger François Hollande (links): Anders als vor fünf Jahren gab es diesmal keine Patzer.
Foto: Sakutin, afp Frankreich­s neuer Präsident Emmanuel Macron, Vorgänger François Hollande (links): Anders als vor fünf Jahren gab es diesmal keine Patzer.

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