Snob trifft auf Proll
Stadttheater Wie zwei sehr unterschiedliche Männer „Ziemlich beste Freunde“werden, zeigte das Tourneetheater Thespiskarren. Der aus dem TV bekannte Timothy Peach meisterte dabei eine besondere Herausforderung
Verschiedene Kulturen prallen aufeinander: Das kennt man aus Filmen wie „Willkommen bei den Sch’tis“oder „Türkisch für Anfänger“. Sehr reizvoll ist auch die Variante „Intellektueller trifft Unterbelichteten“oder eben „Snob trifft Proll“– so wie in der „Culture-Clash“-Komödie „Ziemlich beste Freunde“, 2011 der erfolgreichste Film in Frankreich und auch weltweit ein Riesenerfolg. Aus dem Kinoknüller mit dem Originaltitel „Untouchables“hat der Schauspieler, Regisseur und Autor Gunnar Dreßler ein Theaterstück gemacht, mit dem das Tourneetheater Thespiskarren am Montag und Dienstag im Neuburger Stadttheater gastierte.
Der Ex-Knacki Driss braucht von Philippe eigentlich nur eine Unterschrift fürs Arbeitsamt. Einen querschnittsgelähmten, wohlhabenden Typen zu pflegen, ist absolut nicht sein Ding. Doch Philippe gefällt die ruppige Art des Pariser Vorstadtbewohners mit nordafrikanischen Wurzeln, denn er möchte eins auf keinen Fall: Mitleid. Kurz entschlossen heuert er den Underdog mit der großen Klappe und dem goldenen Herzen an. Sein Umfeld ist entsetzt, doch der ausgeflippte Außenseiter schafft es, dem Mann im Rollstuhl neue Lebensfreude zu geben. Die beiden „Unberührbaren“, der eine aus körperlichen, der andere aus gesellschaftlichen Gründen, kommen sich wider Erwarten nahe und werden „ziemlich beste Freunde“.
Die Geschichte basiert übrigens auf Tatsachen. Wie der Philippe im Film war Philippe Pozzo di Borgo, ehemaliger Chef der ChampagnerDynastie Pommery, nach einem Sturz mit dem Gleitschirm vom Hals abwärts gelähmt und wurde von einem Kleinkriminellen aus den Pariser Vororten gepflegt.
Die Inszenierung von Gerhard Hess konzentriert sich auf die beiden so unterschiedlichen Männer und setzt dabei voll auf die Situationskomik, die durch den Clash der Kulturen entsteht. Da geraten die leiseren, anrührenden Momente leicht ins Hintertreffen. Der flippige Pfleger Driss (Felix Frenken) dreht etwas zu oft so auf, dass die Komik in Klamauk abrutscht. Wenn er dann aber aus seinem traurigen Leben erzählt, läuft er zu einer Form auf, die man ihm nicht unbedingt zugetraut hätte.
Timothy Peach, einem Millionenpublikum durch zahlreiche Fernsehrollen bekannt, hat eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, ist er doch durch seine Lähmung ganz auf seine Mimik und seinen Sprechpart reduziert. Mit viel Selbstironie, die er als Schutzpanzer einsetzt, macht er seine Figur glaubwürdig. Wandlungsfähigkeit beweist Sara Spennemann in gleich drei verschiedenen Rollen – als elegante Assistentin, Prostituierte und als Philippes Brieffreundin Eleonore.
Das Tempo der gesamten Inszenierung mit vielen relativ kurzen Szenen ist flott, wie es sich für eine Komödie gehört. Dem Publikum im Stadttheater gefiel es sehr – es wurde herzlich und viel gelacht, nach jeder Szene geklatscht und am Schluss kräftig und anhaltend applaudiert.