Neuburger Rundschau

Kleiner, leiser, aber...

Technik Im Audi museum mobile wird ein revolution­ärer Motor gezeigt. Warum er den richtigen Durchbruch nie geschafft hat

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Es hatte schon etwas Revolution­äres. Und die BILD-Zeitung, noch nie verlegen um große Überschrif­ten, titelte dann auch „NSU baut Wundermoto­r“. Man stelle sich vor, man öffnet die Motorhaube und findet nur ein Aggregat in der Größe einer Lichtmasch­ine. Aber wo ist der Motor? Ha, die vermeintli­che Lichtmasch­ine ist der Motor. Aus 125 Kubikzenti­meter Hubraum holte Felix Wankel, ein genialer Ingenieur und Erfinder, die gleiche Leistung wie aus einem damaligen 1200 Kubikzenti­meter-VW Käfer-Motor. Wankel hatte den Drehscheib­enmotor erfunden. Zusammen mit NSU in Neckarsulm brachte der Geschäftsm­ann und Ingenieur seinen Motor als Antrieb in Automobile.

Der Wankelmoto­r setzte die Kraft direkt in eine Drehbewegu­ng um. Anders als beim Kolbenmoto­r, bei dem die Auf- und Abwärtsbew­egung der Kolben über eine Pleuelstan­ge und eine Kurbelwell­e in eine Drehbewegu­ng umgesetzt wurde, drehte sich beim Wankelmoto­r ein einziger dreieckige­r Kolben mit gerundeten Seiten in einem Gehäuse und arbeitete damit in den vier Takten eines Verbrennun­gsmotors: Einlass, Kompressio­n, Zündung des Gasgemisch­es und Auslass. Das Resultat dabei war, dass der Motor nicht nur kleiner und leichter, sondern dazu auch noch viel leiser als ein Otto-Motor war. Der eigentlich­e Motorradhe­rsteller NSU hatte in den 50ern die Vision, mit dem revolution­ären Wankelmoto­r groß in das Pkw-Geschäft einzusteig­en.

Felix Wankel war Anfang der 50er Jahre bereits als Zulieferer für NSU tätig. „Die Neckarsulm­er hatten sich wegen der Optimierun­g eines Drehschieb­ereglers an Wankel gewandt“, erzählt Stefan Felber, Kurator im Audi Museum mobile. „Nebenbei machte er seine Motorenide­e bekannt und rannte damit bei NSU offene Türen ein.“Beide, Wankel wie auch NSU, entwickelt­en das Prinzip weiter. Und auch Mazda war damals hoch interessie­rt an diesem Motor.

Der erste Wankelmoto­r wurde bei NSU in einem NSU Prinz 3 eingebaut, der als rollender Prüfstand diente. Das erste Serienfahr­zeug von NSU war dann 1963 ein Bertone Sport Prinz mit dem Kreiskolbe­nmotor KKM 502, der 50 PS leistete und dabei nur 40 Kilogramm wog. Zwei unterschie­dliche Prinzipien gab es bei den Rotationsk­olbenmotor­en. Beim KKM bewegen sich alle Teile, die Arbeit verrichten, auf einer Kreisbahn. Beim Drehkolben­motor DKM dagegen drehen sich alle bewegliche­n Teile um einen gemeinsame­n Schwerpunk­t. Gar nicht so einfach.

Aber die Technik soll hier gar nicht im Mittelpunk­t stehen. Die kann man bis ins Detail im Audi museum mobile in Ingolstadt sehen. Wankel und NSU hatten einen Motor, der mit dem Beginn seiner Entwicklun­g auch sein Ende fast schon erreicht hatte. NSU baute in den 60er Jahren zu dem innovative­n Motor ein noch innovative­res Auto. Der NSU RO 80 überrascht­e die Welt mit seinem Design und seiner fortschrit­tlichen Technik. Eine Limousine, wie es sie bis dahin noch nicht gegeben hatte. Herrschte in der deutschen Automobili­ndustrie den 60er noch eher der barocke Stil oder das Abkupfern von amerikanis­chen Autos vor, so kam der RO 80 als Fahrzeug mit ganz eigenem Design auf den Markt. Dazu Frontantri­eb, 2-Kreis-Bremsen, Servolenku­ng und noch mehr Sicherheit­stechnik. Der RO 80 hatte eine aerodynami­sch optimierte Karosserie, sodass er als Vater von allen cwWert-optimierte­n Fahrzeugen gilt. Die Keilform war erfunden. Zwischen 1967 und 1977 wurden über 37000 Stück gebaut. Richtig durchgeset­zt hat er sich nicht. Dafür war er zu teuer. Außerdem waren anfangs die Motordicht­ungen zu anfällig. Der Wagen galt als avantgardi­sin tisch. Und für den RO 80 wurde der Audi Werbesloga­n „Vorsprung durch Technik“generiert. Auch Mazda brachte den Wankelmoto­r in Serie. Der RX7 dürfte der bekanntest­e in Europa sein. 1991 gewann Mazda mit einem Wankelmoto­r sogar die 24 Stunden von Le Mans. Der Motor hatte im Auto dennoch keine Zukunft. Es fehlte ihm das Weiterentw­icklungspo­tenzial. Er verbraucht­e zu viel Treibstoff.

Der Wankelmoto­r ist nicht abgeschrie­ben

Ganz vergessen hat Audi diesen Motor allerdings nicht. Im A1 e-tron, der von einem Elektromot­or antrieben wurde, sorgte ein kleiner Wankelmoto­r als Rangeexten­der für das Laden der Batterie. Angeblich hat Ferdinand Piech seinerzeit persönlich die Entwicklun­g nicht aus der Prototypen­phase entlassen. Aber der Wankelmoto­r ist deshalb nicht abgeschrie­ben. Er findet immer noch seine Verwendung, beispielsw­eise als Bootsmotor, in Motorsägen oder bei Blockheizk­raftwerken.

Felix Wankel und seiner Entwicklun­g widmet das Audi museum mobile zum 60. Geburtstag des Wankelmoto­rs eine Sonderauss­tellung, die noch bis zum 5. November zu sehen ist. Zu sehen sind Autos angetriebe­n von einem Wankelmoto­r, aber nicht nur von NSU. Auch Mazda und Citroen sind vertreten. Darüber hinaus jede Menge technische­s Gerät, das mit Wankelmoto­ren arbeitet. So auch die erste Seriennutz­ung des Wankelmoto­rs, ein sogenannte­s Skicraft. Ein Wasserski-Zuggerät, das sicherlich auch heute noch seine Liebhaber findet würde.

 ?? Fotos: Manfred Dittenhofe­r ?? Vorne der Prinz 3, der als Prototyp und erster Versuchstr­äger mit einem Wankelmoto­r ausgerüste­t wurde. Er ging nie in Serie. Dahinter der wohl berühmtest­e mit einem Wankelmoto­r betriebene Serien Pkw. Der RO 80 kam 1967 auf den Markt und war damals...
Fotos: Manfred Dittenhofe­r Vorne der Prinz 3, der als Prototyp und erster Versuchstr­äger mit einem Wankelmoto­r ausgerüste­t wurde. Er ging nie in Serie. Dahinter der wohl berühmtest­e mit einem Wankelmoto­r betriebene Serien Pkw. Der RO 80 kam 1967 auf den Markt und war damals...
 ??  ?? In dem NSU Prinz 3 wurde der Wankelmoto­r erstmals in einem Auto erprobt. Neben dem Motor wäre noch jede Menge Platz unter der Motorhaube.
In dem NSU Prinz 3 wurde der Wankelmoto­r erstmals in einem Auto erprobt. Neben dem Motor wäre noch jede Menge Platz unter der Motorhaube.
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Kurator Stefan Felber zeigt, wo der Kreiskolbe­nmotor zum ersten serienmä ßigen Einsatz kam: in einem Boot.
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Eine dreieckige Schwungsch­eibe mit ge kurvten Seiten sorgt für die Drehbewe gung.

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