Neuburger Rundschau

Grausiger Fund im Naturparad­ies

Polizei Ein Mann streift durch das Schutzgebi­et „Leitheimer Altwasser“– und entdeckt die Überreste eines Menschen. Die Ermittler versuchen nun, die Identität des Toten zu klären

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Das Naturschut­zgebiet „Leitheimer Altwasser“direkt unterhalb des Dorfs mit seinem Schloss ist ein Paradies für Pflanzen und Tiere. Das sumpfige Gelände mit seinen uralten Eichen und Kopfweiden barg jedoch offenbar über Jahre ein grausiges Geheimnis: Rund 250 Meter vom Ortsrand entfernt lag eine tote Person. Ein Mann, der auf der Suche nach den Resten eines „Weinkeller­s“des Schlosses durch das Unterholz streifte, entdeckte am vorigen Donnerstag Teile eines Skeletts.

Die Kripo Dillingen hat die Ermittlung­en übernommen. Noch wissen die Beamten nicht, wer an dem Altwasser der Donau ums Leben kam. Es gibt freilich eine konkrete Vermutung: Demnach könnte es sich um die sterbliche­n Überreste von Erich W. handeln. Der wohnte in Graisbach und wird seit gut vier Jahren vermisst.

Der Fall ist – wie mehrfach berichtet – im Donau-Ries-Kreis in vergangene­n 50 Jahren einmalig. Am frühen Morgen des 27. April 2013 verließ der damals 39-Jährige seine Wohnung im Marxheimer Ortsteil Graisbach. Der Mann trug Turnschuhe, eine Jeanshose und ein rotes T-Shirt, als er sich in der Dunkelheit zu Fuß auf den Weg offenbar in Richtung Donau machte. Niemand sah den Graisbache­r. Der hatte weder Geld noch einen Ausweis bei sich.

Weil Erich W. sich nicht meldete, verständig­t seine Familie die Polizei. Zwei speziell ausgebilde­te Personensp­ürhunde nahmen die Fährte auf. Die Spur endete direkt an der Donau. Die führte in jenen Tagen Hochwasser. Die Ermittler befürchtet­en seitdem, dass Erich W. ins kalte Wasser gelangt und ertrunken sein könnte – sei es aus freien Stücken oder weil er strauchelt­e oder weil er die Orientieru­ng verlor und in den Fluss stürzte. Wiederholt suchte das Technische Hilfswerk die Donau flussabwär­ts bis Bertoldshe­im mit einem Boot ab. W. blieb verscholle­n, angesichts der Fakten müsse man damit rechnen, dass der Graisbache­r tödlich verunglück­t ist oder sich das Leben genommen hat, erklärte die Polizei im Sommer 2014. Alle Nachforsch­ungen im Umfeld des Vermissten waren zuvor ins Leere gelaufen. Auch die Hoffnung, die Leiche jemals zu finden, schwand immer mehr. Der Körper des Mannes – so vermutete die Kripo – könnte weit fortgespül­t worden sein, weil Ende April 2013 wegen des Hochwasser­s die Schleusen an den Donau-Kraftwerke­n geöffnet waren.

Nun zeichnet sich jedoch ab, dass W. nicht in der Donau, sondern im dschungela­rtigen Dickicht des Naturschut­zgebiets bei Leitheim starb, gut einen Kilometer von Graisbach entfernt. „Das ist nicht unwahrsche­inlich. Es würde alles zusammenpa­ssen“, sagt Siegfried Hartmann vom Polizeiprä­sidium Schwaben Nord in Augsburg.

Nach Auskunft von Hartmann lagen in einer Kuhle, die zeitweise mit Wasser gefüllt, aber derzeit ausgetrock­net ist, ein Schädel und mehreden re Knochen. Das Skelett sei längst nicht vollständi­g. Nachdem der Fund am Donnerstag­abend gemeldet worden war, schaute sich die Kripo am Freitag genau in dem Bereich um, der direkt nördlich einer Schneise liegt, durch die bis vor etwa zwei Jahren eine Stromleitu­ng führte. Der Fundort befindet sich etwa 200 Meter westlich eines alten Pumpenhäus­chens, von dem aus Leitheim einst mit Trinkwasse­r versorgt wurde.

Dass der Körper dorthin geschwemmt worden sein könnte, halten Einheimisc­he für unwahrsche­inlich. Richtiges Hochwasser mit strömenden Fluten habe es dort schon lange nicht mehr gegeben.

Klarheit über die Identität des Toten erhofft sich die Kripo jetzt von einer rechtsmedi­zinischen Untersuchu­ng in München. Laut Hartmann könnte das Zahnschema im Oberkiefer den entscheide­nden Hinweis liefern. Sollte es sich um Erich W. handeln, hätten die Angehörige­n nach jahrelange­m Bangen endlich Gewissheit.

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? In diesem Bereich des Naturschut­zgebiets „Leitheimer Altwasser“hat ein Mann die Überreste eines Menschen entdeckt. Die Polizei möchte jetzt die Identität des Toten klären – und hat dabei bereits eine Vermutung.
Foto: Wolfgang Widemann In diesem Bereich des Naturschut­zgebiets „Leitheimer Altwasser“hat ein Mann die Überreste eines Menschen entdeckt. Die Polizei möchte jetzt die Identität des Toten klären – und hat dabei bereits eine Vermutung.

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