Atemlose Attacke auf Politbetrieb
Kabarett In Simone Solgas Programm „Im Auftrag der Kanzlerin“bekommt das gesamte politische Establishment sein Fett weg. Gäste in der Rennbahn waren begeistert
Zackig als „Souffleuse der Kanzlerin“und schonungslos komisch: Simone Solga, mit großem „S“und „kleiner Olga“, schonte keinen, auch nicht das Publikum, und versetzte die Gäste ihres Kabarettabends in der Neuburger Rennbahn in einen rasanten Polittaumel quer durch alle Parteien und unzählige Themen.
Sie habe den Anwesenden eine wichtige Mitteilung aus dem Kanzleramt zu machen, so Solga, doch vorher „las“sie erst noch aus der Zeitung vor. Ohne Punkt und Komma, „die Atmung habe ich mir bei den Jazzsaxofonisten abgeschaut“, erzählte, asoziierte und kommentierte die Kabarettistin Zeitungsmeldungen, aktuelle Tagespolitik und natürlich die Regierungsweise der Kanzlerin, Flüchtlingsproblematik inklusive.
Da bekam wirklich jeder sein Fett weg: Seehofer wurde als „weißblaues Standgebläse“bezeichnet, Donald Trump als „sprechender Penis“. Martin Schulz sei die „Stradivari unter den Arschgeigen“. Wie weit ein Wendehals seinen Hals drehen könne, ohne sich das Genick zu brechen, frage sie sich im Zusammenhang mit den sich ständig wandelnden politischen Aussagen von Sigmar Gabriel. Auch die Grünen mit ihrer Doppelspitze hätten einst der Türkei applaudiert, BadenWürttembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hätte sich
„Seehofer ist ein weiß blaues Standgebläse und Schulz die Stradivari unter den Arschgeigen.“
Die Souffleuse der Kanzlerin
sogar für einen EU-Vollbeitritt eingesetzt. Von Erdogan wusste die Kanzlermitarbeiterin zu berichten, dass er holländische Kühe ausgewiesen habe, weil sie der „Gülle-n-bewegung“doch allzu nahe gestanden hätten. Über die kürzlich erfolgte Evakuierung der SPD sei sie froh, weil die Partei endlich mal in Bewegung komme. Dass die AfD mit einem „Führerproblem“geschlagen sei, bewiese die Existenz eines Gottes, der Humor habe, ätzte Solga.
Kaum hatten die begeisterten und sichtlich amüsierten Gäste einmal Luft geholt, hielt die Künstlerin ihnen dann den Spiegel vor. Wir seien ja alle so moralisch, alles solle fair gehandelt werden, aber dürfe nichts kosten. Wie wolle man auf diese Weise Fluchtursachen beseitigen? Was ist mit der Angst vor dem „herkunftsvariablen Neubürger“? Wo ist die Grenze zwischen Vernunft und Dummheit? Und wie stehe es mit dem „Schutz vor Schutzsuchenden“?
Manchmal sei sie auch froh über ihre DDR-Erziehung: „Da weiß man noch, dass man keine unnötigen Fragen stellt, auch wenn rechts und links alles den Bach runtergeht.“An diesem Abend konfrontierte die Kanzlersouffleuse ihre Gäste gleichsam mit den aktuellen Unstimmigkeiten in Politik und Gesellschaft und prangerte den Verlust der Meinungsfreiheit an. Mit ihrer entlarvender Komik forderte sie vehement selbstständiges Denken ein.