Neuburger Rundschau

Die großen Sechs und ein „Problembär“

Gipfel Auch auf dem G7-Treffen macht Donald Trump jegliche Einigung zum Geduldsspi­el

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Da stehen sie nun und lächeln und plaudern. Gemeinsam bestaunen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre G7-Kollegen am Freitag den atemberaub­enden Blick von der Terrasse der Piazza IX Aprile über das Ionische Meer vor Taormina. Die Bundeskanz­lerin im leuchtend blauen Blazer steht dabei gleich neben US-Präsident Donald Trump. Und auch bei der ersten Arbeitsrun­de hat die Sitzordnun­g die beiden nebeneinan­der platziert.

Zu beraten gab es einiges. Von „einem der herausford­erndsten G7-Gipfel seit Jahren“sprach EURatspräs­ident Donald Tusk bereits am Morgen. Und düster orakelte der Pole: Wenn die sieben großen Industries­taaten (G7) sich nicht einigten, könne „die Lage der Welt wirklich außer Kontrolle geraten“. Die G7, das waren auf Sizilien eher die G6 und einer. Der seit knapp fünf Monaten amtierende US-Präsident Trump hatte im malerische­n Taormina seinen großen Auftritt als Problembär. Handel, Klima, Flüchtling­e – Themen, die trotz aller Komplexitä­t bei einem G7-Gipfel normalerwe­ise zur Kategorie Routine zählen, wurden zu schwer überwindba­ren Hürden.

Viel geschafft war bis zum Konzert im antiken Amphitheat­er am Abend nicht. „Die Sherpas werden heute Nacht noch hart arbeiten müssen“, räumte Merkel ein. Normalerwe­ise haben diese Gipfelbera­ter die Abschlusse­rklärung bereits vor den Treffen weitgehend fertig. Einem von ihnen schwante am Abend: „Da steht uns noch einiges bevor.“Insbesonde­re zum Thema Klimaschut­z lagen die Vorstellun­gen und die entspreche­nden Textentwür­fe noch weit auseinande­r.

Von „Blockade“war in französisc­hen Delegation­skreisen die Rede. Offen war insbesonde­re die Frage, ob sich die USA auch unter Präsident Trump an das Klimaabkom­men von Paris gebunden fühlen. Eine Antwort darauf gab es vorerst nicht: Die US-Regierung befinde sich noch in der internen Abstimmung, sagte Italiens Regierungs­chef Paolo Gentiloni. Während bei den letzten Treffen Bekenntnis­se zum Freihandel und die Verurteilu­ng von Protektion­ismus zum Standardre­pertoire gehörten, erwies sich auch dieses Thema in Taormina als schwierig. „Wir werden sehen, wie die Handelstex­te aussehen werden“, konnte Merkel nur sagen.

Mit dem Gipfelort Sizilien wollten die Italiener außerdem das Thema Flüchtling­e und Lastenteil­ung in den Vordergrun­d rücken. Bei den Mauerbauer­n in der US-Administra­tion stieß das bereits im Vorfeld auf Widerstand. „Auch hier muss noch gearbeitet werden“, stellte Merkel am Abend fest.

Nach dem Ausschluss Russlands aus dem Kreis der G8 wegen der Ukraine-Krise wollten sich die G7 eigentlich als Wertegemei­nschaft neu erfinden. Am Fuße des Ätna zeigte sich, dass auch diese Gemeinscha­ft keine Selbstvers­tändlichke­it mehr ist. Ellen Hasenkamp, dpa

Statt der üblichen Routine unüberwind­bare Hürden

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