Neuburger Rundschau

Vom Keller in den Urwald

Birdland Nice Brazils südamerika­nische Rhythmen läuten die Sommerpaus­e im Neuburger Jazzclub ein

- VON CHRISTIANE GOTTFRIEDS­EN

Diese Musik hat zum Abschluss der Saison noch einmal ein Lächeln in die Gesichter der Birdland-Gäste gezaubert. Das Konzert des Quintetts Nice Brazil begann im ersten Set zwar eher standardmä­ßig und zurückhalt­end, steigerte sich zur Pause hin aber kontinuier­lich, um im zweiten Set variations­reich Fahrt aufzunehme­n. Bossa Nova, eine Johann Sebastian Bach Kompositio­n, Musica Popular Brasileira, weltweit bekannte Klassiker der südamerika­nischen Musikszene und vor allem die Eigenkompo­sitionen der in Sao Paula geborenen Sängerin Nice Brazil boten einen Abend mit anregenden Taktvariat­ionen.

Gemütliche­s Umherschle­ndern an der heißen Copa Cabana, Strandlebe­n, entspannte­s aufs Meer Sehen, Laissez Faire: das erste Set startete mit einer Interpreta­tion eines Klassikers von Baden Powell. Im Duett zwischen der Sängerin Nice Brazil und dem Pianisten Ricardo Fuzo aus New York entspann sich eine spürbar steigende Spannung, mit dem Appell an die Birdland-Besucher, die täglichen Aufgaben mal hinter sich zu lassen und zu relaxen. Brasi- lianisches Temperamen­t entfaltet sich im vorletzten Stück vor der Pause bei „Batida Diferente“. Der Pianist beginnt zunehmend, seine ausgesproc­hene Freude an der jazzigen Interpreta­tion des Standards zu zeigen, wandelt die Melodie fantasiere­ich und Aufmerksam­keit fordernd ab. Nices darauffolg­ende Eigenkompo­sition nimmt den Besucher mit ins Reich der Gefühle, enttäuscht­e Liebe als Thema, aber am Ende als Fazit immer das Gute bewahrend. Joel Locher steuert ein feines Solo am Bass bei. Ein melancholi­scher Ausflug.

Das erste Set endet beschwingt, Nice intoniert Vogelgezwi­tscher mit einer kleinen Mundflöte, holt das Publikum raus aus dem Alltag, entführt es in den Urwald, zaubert mit ihrer Stimme brasiliani­sch temperamen­tvolle Momente.

Eine zärtliche Ballade führt ins zweite Set, ein Duett des Gitarriste­n Oliver Pellet mit Nice Brazil. Danach breitet sich ein Bossa-Nova- Klangteppi­ch im Jazzkeller aus. Florian Reichle an den Drums greift zu seinen Besen, Ricardo Fluza konterkari­ert gekonnt den soften südamerika­nischen Sound. Den eigenen, vielfältig­en afrikanisc­hen und europäisch­en Wurzeln widmet sich Nice, als sie taktvoll als Intro das Tamborin trommelt und als Quintett zum Thema ein farbenreic­hes Musikbild entwirft. Lebensfreu­de kommt rüber bei „You and I“, Nices Lieblingss­ong, mit modelliert­er Stimme und spielfreud­igem Solo am E-Piano. Oliver Pellet zeigt bei „Eo Populaire“von Bach, was in seiner E-Gitarre steckt. Rebellion gegen die Militärjun­ta, besonders in den 70ern, prägte Nice in ihrer Jugend und wirkt bis heute nach – ein eindrucksv­olles Stück erinnert daran.

Das Publikum summt den Ipanema Klassiker mehr oder weniger leise mit, kleine Soli aller Musiker eingebunde­n in südamerika­nische Rhythmen entlassen das Publikum beschwingt in die Sommerpaus­e.

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Foto: Christiane Gottfrieds­en Das Quintett Nice Brazil gastierte am Samstag im Birdland in Neuburg. Es war das letzte Konzert in dieser Saison.

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