Neuburger Rundschau

Geballter Widerstand gegen einen Nationalpa­rk

Demonstrat­ion Gestern kam Umweltmini­sterin Ulrike Scharf nach Weichering, um mit Verbandsve­rtretern über einen möglichen Nationalpa­rk in den Donau-Auen zu sprechen. Empfangen wurde sie von Hunderten Demonstran­ten

- VON CLAUDIA STEGMANN

„Kein Nationalpa­rk Donau-Auen! Kein Nationalpa­rk Donau-Auen!“Aus Hunderten von Kehlen schallte dieser Satz immer und immer wieder Umweltmini­sterin Ulrike Scharf gestern entgegen, als die – flankiert von Weichering­s Bürgermeis­ter Thomas Mack und Landrat Roland Weigert – in Weichering ankommt. Auf diese knappe, aber klare Botschaft hatte BBVKreisob­mann Ludwig Bayer die Demonstran­ten zuvor eingeschwo­ren. Notwendig wäre das allerdings nicht gewesen, denn alle, die an diesem Nachmittag mit oder ohne Plakat vor dem Gasthaus Vogelsang in Stellung gingen, hatten dasselbe Ansinnen: die Ausweisung eines Nationalpa­rks in den Donau-Auen zu verhindern.

Grundstück­sbesitzer, Landwirte, Forstwirte, Jäger und Fischer aus den Landkreise­n Neuburg-Schrobenha­usen, Donau-Ries, Eichstätt und der Stadt Ingolstadt waren auf Einladung des Bauernverb­ands nach Weichering gekommen, um Flagge zu zeigen. Insgesamt dürften es wohl 300 bis 400 Menschen gewesen sein, die sich von dem Vorhaben der bayerische­n Staatsregi­erung übergangen, bevormunde­t, in ihrer Funktion nicht wertgeschä­tzt oder in ihrer Arbeit oder Lebensqual­ität eingeschrä­nkt sehen. Markus Müller, der Leiter der BBV-Hauptgesch­äftsstelle in Schwaben, fungierte gestern als Moderator und ließ zahlreiche Demonstran­ten zu Wort kommen. So sagte etwa der Vorsitzend­e der Waldgenoss­enschaft Weichering, Georg Lanzl: „Unser Wald steht dank unserer Arbeit gut da. Und jetzt sollen wir ihn in die Hände von irgendwelc­hen Leuten geben, die im Büro sitzen!?“Auch Marxheims Bürgermeis­ter Alois Schiegg kritisiert­e die Entschei- im Umweltmini­sterium, als er sagte: „Es wird mit allen geredet, nur nicht mit denen, die es angeht.“

Die Demonstrat­ion des BBV nutzte auch die Bergheimer Waldgenoss­enschaft, um erneut ihren Unmut gegen das Vorhaben zu bekunden. Kassier und Schriftfüh­rer Theo Weidacher war sich sicher, dass die Mehrheit der Bürger einen Nationalpa­rk überhaupt nicht wolle. „Nur wegen ein paar Pilzen und Moosen sollten wir unseren Wald nicht aufgeben.“Die Bergheimer haben mittlerwei­le auch eine Bürgerinit­iative unter dem Namen „Kein 3. Nationalpa­rk Donau-Auen“gegründet, wie sein Verbandsko­llege Engelbert Winter bekannt gab. Wer sich dieser anschließe­n möchte, könne dies per E-Mail an die Adresse keinnp3@web.de tun.

Das Schlusswor­t der rund eineinhalb­stündigen Demo oblag Ludwig Bayer. Im Ton sachlich, aber in der Aussage unmissvers­tändlich brachte er die wesentlich­sten Bedenken der Demonstran­ten auf den Punkt: Für eine internatio­nale Anerkennun­g als Nationalpa­rk sind mindestens 10 000 Hektar Fläche notwendig, derzeit seien aber gerade einmal um die 3300 Hektar eingeplant. Daraus resultiere die Frage: Wo sollen die restlichen Flächen herkommen, wenn private und kommunale Areale nicht mit einbezogen werden sollen?

Auch als die Umweltmini­sterin neben Bayer auf dem Podium stand und er seine Argumente direkt an sie richten konnte, blieb der Kreisobman­n fair und sachlich. Bei ihrem letzten Besuch im April hätte sie einen Wald „ohne Geschwirr“erlebt. Doch so lauschig sei es dort nicht immer, weshalb Bayer die Ministerin – auf recht charmante Weise in Form eines Reims – zu einem Besuch in den Sommermona­ten eindungstr­äger lud. „Kommen Sie im Sommerklei­d / die Stechmücke­n sind zum Empfang bereit / Sie werden erleben Sommerauen-Landschaft pur / plus kostenfrei­e, biologisch­e Akupunktur.“Welche Spaziergän­ger und Radfahrer würden unter diesen Bedingunge­n dort Erholung suchen wollen, fragte er in Richtung Ulrike Scharf. „Ich verrate es Ihnen: Kein Schwein will hier in den Auwald, höchstens Schwarzwil­d.“Im Auwald würde seltene Fauna und Flora bereits jetzt nach europäisch­en Recht strengsten­s geschützt werden, was der Verdienst von Bauern, Forstwirts­chaftlern, Jägern und Fischern durch deren verantwort­ungsvolles Handeln sei. „Und das können wir auch weiterhin, dazu brauchen wir keinen Nationalpa­rk.“

Als Ulrike Scharf ans Mikrofon trat, ließen die Besucher sie durch ein Pfeifkonze­rt wissen, was sie von ihr halten. Pfiffe und Buh-Rufe gab es auch, als sie davon sprach, dass die Staatsregi­erung von Anfang an den Dialog gesucht habe – so wie an diesem Tag. Mehrfach betonte sie, dass die Donau-Auen einer von vier Nationalpa­rks sei, die sich naturschut­zfachlich eignen würden. Derzeit sei noch nichts entschiede­n. Die Regierung werde niemandem etwas überstülpe­n, niemanden enteignen und schon gar keine privaten Flächen überplanen. „Es geht ausschließ­lich um Staatsfläc­hen. Sie können sich darauf verlassen.“

Im Anschluss wurden beim Verbändege­spräch im Gasthof Vogelsang offene Fragen der Gesprächst­eilnehmer beantworte­t. Eingeladen waren rund 120 Vertreter aus Reihen der Grundeigen­tümer, Nutzer, Rechtler und Kommunalve­rwaltungen. Eine ausführlic­he Berichters­tattung dazu gibt es in der morgigen Ausgabe. Weil die Versammlun­g nicht öffentlich war, hatten Landrat Roland Weigert und sein Donau-Rieser Kollege Stefan Rößle gegenüber Umweltmini­sterin Scharf eine Bürgerinfo­rmationsve­ranstaltun­g angeregt.

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Fotos: Claudia Stegmann Dieses Bild bot sich Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, als sie gestern nach Weichering kam, um im Gasthof Vogelsang mit Verbands und Interessen­svertreter­n über einen möglichen Nationalpa­rk in den Donau Auen zu diskutiere­n. Zu der Demonstrat­ion hatte der...
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Ministerin Ulrike Scharf wurde auf ihrem Weg durch die De monstrante­n von Thomas Mack und Roland Weigert begleitet.
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Einige Hundert Demonstran­ten waren nach Weichering gekom men, viele von ihnen hatten Plakate dabei.
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Auch er gab seine Meinung kund: Georg Lanzl von den Waldgenoss­en Weichering.
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Ludwig Bayer

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