Neuburger Rundschau

Allgäu: Philosophi­e auf der Höhe der Zeit

- VON ANDREAS BAUMER

Von 21. bis 25. Juni findet in Oberstdorf/Kleinwalse­rtal das erste Philosophi­efestival unter dem Motto „Philosophi­eren im Tal und auf der Höh“statt. Die Leitfrage der neuen Veranstalt­ungsreihe „Wie wollen wir zusammen leben?“ist heute aktueller denn je. Im Rahmen von Seminaren, Vorträgen, Impulsrefe­raten und Diskussion­en wird das Kernthema in entspannte­r Atmosphäre diskutiert. Das Festival will das philosophi­sche Denken aus dem Elfenbeint­urm der Universitä­ten in die Realität holen und so neue Horizonte eröffnen. Veranstalt­et wird das erste Philosophi­efestival in den Allgäuer Alpen Oberstdorf / Kleinwalse­rtal von dem jüngst dafür gegründete­n Verein Philosophi­e in den Allgäuer Alpen e.V., der seinen Sitz in Kempten im Allgäu hat. (li) »info www.philosophi­e allgaeuera­lpen.com Es ist schon kurios. Hier, im vermutlich einzigen Speiseeism­useum der Welt, wo sich alles um die tiefgekühl­ten Bollen im Hörnchen dreht, taucht ein Wort allzu selten auf: Eis. Auch Maéva Noël verwendet es nur ungern. Dabei redet sie beim fast einstündig­em Gang durch den ganz in Weiß gehaltenen, lichtdurch­fluteten Raum von kaum etwas Anderem.

Maéva hat schnell gelernt. Vor einigen Monaten ist die 24-jährige Französin mit den blonden Haaren und dem Dauerläche­ln nach Italien gezogen. Vier Wochen lang ließ sie sich im Zentrum der italienisc­hen Eis-Welt, an der Gelato-Universitä­t bei Bologna zur Eismacheri­n ausbilden. Die Firma Carpigiani, die das Institut und das Museum betreibt, rühmt sich damit, weltweit die meisten Eismaschin­en herzustell­en. Auch deshalb sieht sie sich als Wächterin über das hausgemach­te italienisc­he Eis.

Hier also lernte Maéva, dass Eis nicht gleich Eis sei. Und dass man das hausgemach­te Milcheis, das von Italien aus die ganze Welt eroberte,

Die Eis Erfinder? Waren die Italiener, klar. Oder?

besser nicht Eis nennen sollte, sondern: Gelato. Damit wollen die Carpigiani-Eismacher ihre Leckerei vor allem vom Industriee­is aus der Tiefkühltr­uhe abgrenzen, das viel mehr Fett, Farbstoffe­n und Zucker enthalte. Das mag engstirnig klingen. Doch Maéva hält sich daran. Die Italiener müssen es schließlic­h wissen. Sie waren ja die Erfinder des Eises. Oder nicht?

Maéva beginnt die Reise durch die Geschichte des Speiseeise­s nicht im Land der Spaghetti und Pizzen, sondern im Reich der Pharaonen. Die hätten schon vor fast 5000 Jahren Eis gegessen, erzählt die Französin und zeigt mit ihrem Zeigefinge­r auf die erste Info-Tafel. Demnach wurden damals bei Banketten nicht nur gebratene Wachteln und Tauben aufgetisch­t, sondern auch zwei silberne Kelche. Der eine war mit Schnee gefüllt, der andere mit einer Mischung aus Wein und Honig. Auch die Herrscher Mesopotami­ens im heutigen Irak ließen sich 1200 vor Christus gefrorenes Wasser von den Bergen und Gletschern holen. Der Schnee wurde in Kühlkeller­n mit Wein und Honig aromatisie­rt und den Mächtigen als kühle Erfrischun­g serviert. Wer will, kann darin den Ursprung der Eisherstel­lung sehen. So cremig wie ein Gelato hat das Gemisch aber sicherlich nicht ausgesehen. Eher dürfte es den heutigen Sorbets geähnelt haben.

Doch zurück zu Bella Italia, ins mittelalte­rliche Sizilien. Die Mittelmeer­insel war schon damals im Sommer ein Glutofen. Um sich dennoch mit Eis zu erfrischen, buddelten die Einwohner ab dem 11. Jahrhunder­t hoch oben auf dem Apennin bis zu drei Meter tiefe Gruben. Diese füllten sich im Winter reich-

lich mit Schnee. Wenn die Sizilianer das Eis im Sommer benötigten, kamen sie mit Pickeln und Schaufeln, meißelten sich 120 bis 150 Kilogramm schwere Blöcke aus den Eisvorräte­n, wickelten sie in Laub und Tücher ein und brachten sie auf dem Rücken von Maultieren zum Markt.

Sizilien war im Mittelalte­r ein Schmelztie­gel verschiede­nster Kulturen und Religionen: Christen und Muslime, Staufer, Normannen und Araber. Letztere brachten die Kunst der Sorbet-Herstellun­g auf die Insel. Von dort breitete sich das moderne Eis aus. Über Florenz, wo sich das erste Rezept entnehmen lässt, das auch Eier und Sahne für die Eisherstel­lung verwendet hat, bis an den französisc­hen Hof. Caterina de’ Medici soll bei ihrer Ankunft in Paris im 16. Jahrhunder­t eine cremige Köstlichke­it aus ihrer florentini­schen Heimat mitgebrach­t haben.

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Eindrücke aus dem Gelatomuse­um mit der studierten Eis Kundigen Maéva Noël´.
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