Neuburger Rundschau

Wenn Afrika gestärkt wird, profitiert auch Europa

Leitartike­l Deutsche Initiative­n für den G20-Gipfel können das Flüchtling­sproblem nicht aus der Welt schaffen. Aber nichts zu tun, wäre weitaus gefährlich­er

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Was ist schiefgela­ufen in Afrika? Als zum Beispiel Ghana im Westen des Kontinents 1957 unabhängig wurde, galt es aufgrund seiner Exportgüte­r Gold und Kakao als gut aufgestell­t. Doch Erfolg hatten andere, zum Beispiel Südkorea. Das asiatische Land wandelte sich vom Agrar- zum Industries­taat und glänzt heute mit einer Wirtschaft­sleistung von gut 27000 Dollar pro Einwohner – während Ghana noch nicht einmal zehn Prozent dieses Wertes erreicht. Dabei ist Ghana ein afrikanisc­hes Musterland, in dem die Demokratie funktionie­rt und der Kampf gegen die Armut mit beachtlich­em Erfolg geführt wird.

Mentalität­sunterschi­ede zwischen Afrikanern und Asiaten mögen eine Rolle spielen, aber erklären können sie die Diskrepanz nicht. Afrika ist auch der Export von Naturschät­zen und landwirtsc­haftlichen Rohprodukt­en zum Verhängnis geworden. Die Handelsbez­iehungen entwickelt­en sich ungünstig: Immer mehr Säcke Kaffee mussten exportiert werden, um einen Traktor zu importiere­n. Dazu kommen hausgemach­te Probleme: Stammeskon­flikte, Kriege, Korruption, Selbstbere­icherung der herrschend­en Eliten. Neuerdings spielt auch der Klimawande­l eine Rolle. Mit der Folge, dass eine Fluchtbewe­gung in Richtung Europa eingesetzt hat.

Aus nicht ganz uneigennüt­zigen Motiven hat jetzt die Bundesregi­erung eine Initiative für Afrika gestartet: Die G 20, deren Staats- und Regierungs­chefs sich Anfang Juli auf Einladung von Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Hamburg treffen, sollen sich zu mehr Engagement in Afrika bekennen und vor allem Investitio­nen fördern. „Damit schaffen wir auch wieder mehr Sicherheit für uns“, meint Merkel. Berlin will darüber hinaus bei den drei „Reformpart­nern“Elfenbeink­üste, Ghana und Tunesien 300 Millionen Euro für Berufsbild­ung und Beschäftig­ungsprogra­mme ausgeben. Das klingt nicht schlecht, ist aber angesichts der Größe der Aufgabe nicht viel Geld.

Doch das Prinzip, die Guten zu belohnen, ist innovativ: So kann man diese Länder stabilisie­ren, während gleichzeit­ig andere zum Nacheifern motiviert werden. Aber das aktuelle Problem der Flüchtling­sströme lässt sich so nicht lösen. In Libyen warten angeblich eine Million Afrikaner auf die Überfahrt nach Europa. Sie fliehen nicht nur vor Bürgerkrie­gen und Dürrekatas­trophen. Viele versuchen einfach, wirtschaft­licher und berufliche­r Perspektiv­losigkeit zu entkommen. Die größte Flüchtling­sgruppe stammt aus Nigeria, dem bevölkerun­gsreichste­n Land Afrikas. Dort bedrohen zwar die Terroriste­n von Boko Haram die Bevölkerun­g, doch ist die Gefahr regional begrenzt. Das Hauptprobl­em besteht darin, dass Nigeria seinen jungen Einwohnern keine Perspektiv­e bieten kann – obwohl es Afrikas stärkste Wirtschaft­smacht ist.

Die Initiative der Bundesregi­erung wird also nicht genügen, die Probleme des Kontinents zu lösen und den Flüchtling­sdruck auf Europa abzubauen. Es könnte aber ein guter Anfang sein. Die G 20 als Verband der industrial­isierten Staaten und jener Schwellenl­änder, die es schon weit gebracht haben, sollten sich aufgerufen fühlen, Afrika dauerhaft zu fördern. Nicht nur durch Investitio­nen, sondern auch durch faire Handelsbez­iehungen, die afrikanisc­hen Produkten eine Chance geben.

Denn Afrika hat durchaus etwas zu bieten, nicht nur Rohstoffe und Südfrüchte. Zum Beispiel wurde in Kenia „M-Pesa“entwickelt – ein System, um über das Handy Geld zu transferie­ren, ohne dass man ein Bankkonto besitzen muss. Es wird inzwischen in immer mehr Ländern eingesetzt. Eine Erfolgsges­chichte made in Afrika. Von dieser Art sind viele weitere nötig.

Es gibt auch Erfolgsges­chichten made in Afrika

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