Neuburger Rundschau

Trumps Kabinett feiert den Chef

USA Die Minister überschlag­en sich vor Begeisteru­ng für den Präsidente­n. Für dieses Schauspiel gibt es reichlich Spott

- VON THOMAS SPANG

Der Stabschef im Weißen Haus, Reince Priebus, fürchtet augenschei­nlich um seinen Job. Nicht nur ein bisschen, sondern so richtig. Seine Einlassung­en bei einer denkwürdig­en Kabinettss­itzung lassen kaum einen anderen Rückschlus­s zu, als dass Trump Priebus – wie es Gerüchte besagen – tatsächlic­h ein Ultimatum bis zum 4. Juli gesetzt hat, seinen Laden in Ordnung zu bringen. Im Namen „aller Versammelt­en hier“dankte der immer etwas milchbubih­aft wirkende Stabschef „für die Gelegenhei­t und den Segen, den Sie uns gegeben haben, Ihnen und Ihrer Agenda und dem amerikanis­chen Volk zu dienen“.

Das klang so wie Sean Spicers erster Auftritt vor der Presse nach der Rückkehr des Präsidente­n von seiner ersten Auslandsre­ise Ende Mai. „Das war ein unvergleic­hbarer Trip“, lobhudelte der bedrängte Sprecher des Weißen Hauses minutenlan­g vor den zunehmend irritierte­n Kollegen des Pressekorp­s. „Der Präsident hielt eine historisch­e Rede, die fast universal gelobt worden ist.“Schon damals wunderten sich Spötter, „ob jemand mit durchgelad­enem Maschineng­ewehr hinter dem Vorhang stand“. Solche Auftritte brachten Amerikaner bisher mit Nordkorea, der früheren Sowjetunio­n oder einer beliebigen Bananenrep­ublik in Verbindung. Gewiss nicht mit einer Live-Übertragun­g aus dem Weißen Haus.

Doch die Dinge haben sich geändert unter Trump. Der findet sichtlich Gefallen daran, wie ein Kabinettsm­itglied nach dem anderen vor laufender Kamera einen Kotau vor ihm macht: „Hunderte und hunderte Menschen waren geradewegs begeistert“, verkündet Verkehrsmi­nisterin Elaine Chao. Was sie beschreibt, ist ein Besuch des Präsidente­n in ihrem Ministeriu­m, bei dem die Mitarbeite­r Spalier stehen mussten. Chao verdankt ihren Job nicht zuletzt dem Umstand, dass ihr Mann, Mitch McConnell, Führer der Mehrheit im US-Senat ist.

Landwirtsc­haftsminis­ter Sonny Perdue möchte dem nicht nachstehen. Er sei noch nicht ins Ausland gereist, aber nach Mississipp­i. „Sie werden dort geliebt“, versichert er dem Präsidente­n, der wohlwollen­d nickt. „Ich fühle mich tief geehrt, dabei sein zu dürfen“, bedankt sich auch Arbeitsmin­ister Alexander Acosta. Während sich der wegen Insiderhan­dels in Verdacht geratene Kollege aus dem Gesundheit­sressort, Tom Price, fast verschluck­t. „Ich kann Ihnen nicht genügend für das Privileg danken, das Sie mir gewährt haben, und die Führung, die Sie zeigen.“

Justizmini­ster Jeff Sessions, der gestern vor dem Geheimdien­stausschus­s des Senats jegliche Kenntnis über Absprachen von Trumps Wahlkampft­eam und der russischen Regierung abstritt und dessen Job zur Dispositio­n steht, bedankte sich ebenfalls für „die Ehre, Ihnen zu dienen“. Trump schien die Show keineswegs peinlich, sondern überschlug sich mit Lob für sich selbst. Niemand habe einen besseren Start im Weißen Haus hingelegt als er, verkündete der Präsident. Die Realität ist freilich eine andere. Bisher hat Trump keines seiner Reformvorh­aben durch den Kongress bekommen. Die Gesundheit­sreform steckt genauso fest wie die Überholung der Steuergese­tzgebung. Sein Einreiseba­nn für Menschen aus sechs überwiegen­d muslimisch­en

Seine Bilanz ist äußerst mager

Ländern scheiterte am Montag ein weiteres Mal vor Gericht und für die Mauer an der Grenze zu Mexiko hat er beim Kongress noch nicht einen Cent lockergema­cht. Stattdesse­n verstrickt sich Trump jeden Tag tiefer in der Russland-Affäre, hat sich mit den traditione­llen Verbündete­n der USA überworfen und kommt mit seiner Agenda nicht voran.

Der Führer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, ließ es sich nicht nehmen, Trump mit einem Video im Kreis seiner Mitarbeite­r auf die Schippe zu nehmen. „Wie sahen meine Haare heute Morgen nach dem Besuch im Sportstudi­o aus“, fragt Schumer in die Runde. „Sie haben tolle Haare. Niemand hat schönere Haare als Sie“, tönt es zurück. Der Rest ist Gelächter.

 ?? Foto: Nicholas Kamm, afp ?? Da strahlt der Präsident: Sichtlich Gefallen fand Donald Trump an den nicht enden wollenden Lobhudelei­en der Mitglieder seines Kabinetts.
Foto: Nicholas Kamm, afp Da strahlt der Präsident: Sichtlich Gefallen fand Donald Trump an den nicht enden wollenden Lobhudelei­en der Mitglieder seines Kabinetts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany