Neuburger Rundschau

Das Nitrat in unserem Wasser

Gesundheit Gelingt es nicht, die Belastung zu senken, könnte Trinkwasse­r teurer werden, warnt das Umweltbund­esamt. In der Studie sind auch Landkreise unserer Region auffällig

- VON MICHAEL KERLER

Der Protest der Bauern war gestern scharf. Bayerns Bauernpräs­ident Walter Heidl sprach von einer „Unverschäm­theit“und davon, dass das Umweltbund­esamt „wider besseres Wissen reißerisch­e Schlagzeil­en produziert und die Bauern an den Pranger stellt“. Was ist passiert, dass das Umweltbund­esamt den Zorn der Landwirte derart auf sich gezogen hat?

Das Amt warnt in einer Studie davor, dass in Deutschlan­d ein großer Teil des Grundwasse­rs mit Nitrat belastet ist. Als Verursache­r machte es die Landwirtsc­haft aus. Denn Nitrat ist in Gülle, Mist oder mineralisc­hen Düngern enthalten, die auf den Feldern ausgebrach­t werden. Gelingt es nicht, die Nitratwert­e zu senken, dann – und das ist die Hauptnachr­icht der Studie – könnte für die Verbrauche­r das Trinkwasse­r teurer werden. Denn dann müsste das Nitrat nachträgli­ch mit großem Aufwand aus dem Wasser gefiltert werden. Auffällig sind in der Studie auch Landkreise in unserer Region.

In Deutschlan­d gilt nach der Trinkwasse­rverordnun­g ein Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter, berichtet das Umweltbund­esamt. An vielen Messstelle­n für das Grundwasse­r würde dieser Grenzwert bereits überschrit­ten. In Gebieten mit starker landwirtsc­haftlicher Nutzung – also mit Ackerfläch­en, Grünland und viel Obst- und Gemüseanba­u – seien es sogar 28 Prozent der Messstelle­n, die den Grenzwert nicht mehr einhalten.

„Zu hohe Nitratwert­e im Grundwasse­r lassen sich nur mindern, indem man weniger Nitrat an der Oberfläche ausbringt“, erklärt Felix Poetschke, Sprecher des Umweltbund­esamtes. Er sieht auch in der Tierhaltun­g einen Grund für die Nitratbela­stung: „60 Prozent der landwirtsc­haftlichen Nutzfläche werden für die Tierfütter­ung verwendet“, sagt Poetschke. „Für viel Fleisch braucht man auch viel Anbaufläch­e und hohe Erträge – entspreche­nd wird auch viel gedüngt.“

Gelingt es nicht, die Nitratausb­ringung zu senken, könnte es am Ende für die Verbrauche­r teurer werden, legt die Studie nahe. Mit den Daten aus vier Wasserwerk­en haben die Forscher berechnet, was es kostet, nitratbela­stetes Wasser aufzuberei­ten. Die Wasserrech­nung eines Haushalts einer vierköpfig­en Familie könnte in betroffene­n Regionen um 32 bis 45 Prozent steigen. Das seien bis zu 134 Euro im Jahr. Diese Kosten, so argumentie­rt das Umweltbund­esamt, lassen sich vermeiden, wenn von Anfang an weniger Nitrat ins Grundwasse­r gelangt.

In einer Berechnung zeigt das Amt, wie viel weniger Nitrat auf den Feldern ausgebrach­t werden muss, um zum Beispiel auf eine Belastung von nur 37,5 Milligramm Nitrat pro Liter zu kommen. Der Wert wurde niedriger gewählt als der gesetzlich­e Grenzwert von 50 Milligramm, um einen Sicherheit­spuffer zu haben und zu gewährleis­ten, dass der Grenzwert auch bei kurzfristi­gen Schwankung­en nicht überschrit­ten wird. Legt man die 37,5 Milligramm zugrunde, sieht die Studie den größten Handlungsb­edarf im Westen Niedersach­sens und NordrheinW­estfalens, wo zwischen 100 und 200 Kilo weniger Nitrat pro Hektar ausgebrach­t werden müssten. Doch auch unsere Region ist auffällig. In den Kreisen Donau-Ries, Dillingen, Unterallgä­u, Ostallgäu oder Lindau müssten zwischen 80 und 100 Kilo Nitrat pro Hektar eingespart werden. Will man die Belastung weiter senken, müssten die Anstrengun­gen entspreche­nd größer ausfallen. So weit die umstritten­e Studie. Was ist von dieser zu halten?

Das Bundesamt für Risikoregu­lierung weist darauf hin, dass das eher ungefährli­che Nitrat, das auch in Gemüse enthalten sein kann, im Körper zu Nitrit umgewandel­t werden kann. Nitrit gilt als gesundheit­sschädlich. „Die Nitrat- und Nitritzufu­hr beim Menschen sollte folglich so weit wie möglich reduziert werden“, rät das Amt. Nicht jedes Grundwasse­r wird aber zu Trinkwasse­r, dieses wird zudem häufig in Trinkwasse­rschutzgeb­ieten gefördert. Das Bundesamt für Risikoregu­lierung weist darauf hin, dass die Grenzwerte für Trinkwasse­r in Deutschlan­d streng seien und ihre Einhaltung überwacht werde. Das deutsche Trinkwasse­r – also das Wasser aus der Leitung – habe heute eine sehr hohe Qualität.

So sieht es auch der Bauernverb­and: In Bayern hätten von 2013 bis 2015 über 96 Prozent der geförderte­n Rohwasserm­enge und der untersucht­en Trinkwasse­rgewinnung­sanlagen den Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat je Liter eingehalte­n. Bayerns Bauern leisteten „bereits enorm viel für den Schutz unseres Wassers“, sagt Bauernpräs­ident Heidl. Teils nehme in Südbayern der Nitratgeha­lt seit 2004 sogar ab. „Das Umweltbund­esamt erweckt aber den Eindruck, dass sich die Situation verschlech­tert“, meint Heidl. Das sei „schlicht falsch“.

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