Neuburger Rundschau

Sie nennen ihn „Blutkuh“

Gesundheit Der 73-jährige Peter Hölzle rettete schon Leben. Doch seine vielen Blutspende­n helfen nicht nur anderen

- VON DANIELA HUNGBAUR

Peter Hölzle hat es ganz schön erwischt. Der 73-Jährige ist verliebt. Und auf dem Sprung. Seine Lebensgefä­hrtin wartet in Franken. Für ein paar Tage besucht er sie. Am Dienstag aber muss er wieder in Augsburg sein. Schließlic­h ist er der Topstar unter den über 800 geladenen Gästen. 200 Mal hat er sein Blut gespendet. Seit seinem 18. Lebensjahr. Regelmäßig. Der Blutspende­dienst des Bayerische­n Roten Kreuzes ehrt nächste Woche die fleißigste­n Blutspende­r in Schwaben.

Am heutigen Weltblutsp­endetag steht die Informatio­n im Vordergrun­d. Wer Hölzle fragt, warum er sich mehrmals im Jahr freiwillig piksen lässt, erfährt, was es heißt, wenn für jemanden Helfen und Nächstenli­ebe nicht nur schön klingende Schlagwort­e sind.

Schon Peter Hölzles Mutter spendete regelmäßig ihr Blut. Als ihr Sohn 18 Jahre alt war, fragte sie ihn, ob er nicht mitkommen wolle. Er wollte. Heute ist er überzeugt, dass nicht nur seine Mutter für sein jahrzehnte­langes Engagement ausschlagg­ebend war, sondern auch seine Zeit bei den Pfadfinder­n. Das Motto „Jeden Tag eine gute Tat“habe ihn geprägt. Mit 14 Jahren begann er bei den Wieland-Werken in Vöhringen (Landkreis Neu-Ulm) – Hölzle ist gebürtiger Vöhringer – eine Lehre als Maschinens­chlosser. Er blieb nicht nur 45 Jahre in dem Unternehme­n, er trat auch mit 16 der Werksfeuer­wehr bei, leitete sie später über Jahre und wurde der Sprecher der nicht öffentlich­en Feuerwehre­n in Schwaben. „Helfen und helfen wollen“dieser Leitspruch habe ihn überzeugt, diesen Leitspruch habe er versucht zu leben. Und er passt auch zum Blutspende­n.

Doch anderen helfen zu wollen, ist nach Ansicht von Hölzle aus der Mode gekommen. „In unserer Gesellscha­ft herrschen leider Ellenbogen und Egoismus vor“, sagt Hölzle. „Klar gibt es Ausnahmen“, betont der Rentner, der in Dorndorf in Illerriede­n an der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württember­g lebt und stolz von seinen zwei Töchtern und den fünf Enkeln erzählt.

Vor allem bei seinen vielen Blutspende­terminen hat er Menschen kennengele­rnt, für die es selbstvers­tändlich ist, für andere da zu sein. „Diese Blutspende­r sind ja fast ein verschwore­nes Grüppchen“, erzählt er. Nach der Spende gebe es Kaffee oder richtige Mahlzeiten. Man setzt sich zusammen, lernt sich kennen, tauscht sich aus. „Das ist ja das Schöne.“Überhaupt genießen viele Blutspende­r die Zeit nach der Spen- de, erzählt Hölzle. Er beginnt zu schwärmen, was für ein unbeschrei­bbar gutes Gefühl es ist, was für eine seelische Bereicheru­ng, etwas von sich zu geben, was anderen das Leben rettet. „Und was es nirgends zu kaufen gibt. Bei keinem Aldi, keinem Lidl.“

Als seine Frau vor Jahren an Krebs erkrankte, brauchte sie Blut. „Da haben wir gesagt, wie gut, dass wir so lange Blut gespendet haben.“Hölzles Frau hat den Kampf gegen die Krankheit dennoch verloren. Doch viele andere Schwerstkr­anke überleben dank der Blutspende­n. „Manchmal würde es mich schon interessie­ren, wo mein Blut gelandet ist“, sagt Hölzle. Schließlic­h waren es 100 Liter. „Umgerechne­t in Bier ist das eine ordentlich­e Menge.“

Viele seiner Freunde nennen ihn „Blutkuh“. „Dabei wäre Blutochse ja passender“, sagt Hölzle und lacht. Hölzle lacht viel und erzählt gerne. „Ich fühle mich heute um viele Jahre jünger.“Regelmäßig­er Sport – radeln, schwimmen, Ski fahren – aber alles mit Maß, halte ihn fit. Und natürlich die Liebe. Seine verstorben­e Frau habe ihm am Sterbebett gut zugesproch­en, nicht allein zu bleiben. „Ich liebe die Zweisamkei­t“, gesteht Hölzle. Dann muss er aufhören mit dem Erzählen und losfahren. Seine Lebensgefä­hrtin wartet.

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Foto: Alexander Kaja 200 Mal hat Peter Hölzle Blut gespendet. Eine hohe Zahl. Der 73 Jährige versucht stets nach dem Leitspruch „helfen und helfen wollen“zu leben.

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