Neuburger Rundschau

Jeder liebt dieses Spielzeug

Gesellscha­ft Fidget Spinner sind auf Schulhöfen extrem beliebt. In Thüringen lösten die Handkreise­l sogar einen Großeinsat­z aus. Ein Experte erklärt, weshalb das Ding so ein Riesenerfo­lg ist

- VON JAKOB STADLER

Wo bleibt das Schiff mit den Fidget Spinnern? Spielzeugh­ändler, Kinder und geplagte Eltern warten sehnsüchti­g darauf. Aktuell ist es gar nicht so leicht, dem Trend zu folgen. Denn Fidget Spinner sind bei vielen Händlern ausverkauf­t, der Nachschub kommt per Schiff nach Deutschlan­d.

Im Moment dreht sich in Pausenhöfe­n nämlich alles um das Drehen. Das flache Spielzeug, meist mit drei Flügeln und einem Kugellager in der Mitte, klemmt man zwischen zwei Finger und versetzt es in Rotation. Das macht offensicht­lich Spaß, die Hersteller behaupten zudem, es habe einen weiteren positiven Effekt: Angeblich lindern die Spinner Hyperaktiv­ität. Anderersei­ts lenkt das Spielzeug auch ab. Nicht nur in der Schule, sondern auch, wenn etwa die Familie des amerikanis­chen Präsidente­n ins Weiße Haus einzieht. Als Trumps elfjährige­r Sohn Barron am Sonntag in Washington aus der Air Force One stieg, drehte er einen der Kreisel in seiner Hand und stahl seinem Vater damit die Show.

Nun ist das nicht der erste Spielzeug-Hype. Da waren der Zauberwürf­el Rubik’s Cube in den frühen 80ern und das Tamagotchi zum ausgehende­n Jahrtausen­d, um nur zwei zu nennen. Und was war da im vergangene­n Jahr noch mit Pokémon Go? Das Smartphone-Spiel hat zwar nach wie vor seine Fans, aber der Hype ist Geschichte.

Um einen weltweiten Trend auszulösen, muss ein Spielzeug bestimmte Kriterien erfüllen, erklärt Rainer Buland, Leiter des Instituts für Spielforsc­hung an der Salzburger Universitä­t Mozarteum. So sollte ein Spielzeug kulturunab­hängig funktionie­ren – mit einem Fidget Spinner wissen, ähnlich wie mit einem normalen Kreisel, tatsächlic­h Kinder aus jedem Kulturkrei­s etwas anzufangen. Dann muss der Trend in der Jugendkult­ur zünden. Der aktuelle Fall verbreitet­e sich vor allem über Youtube-Videos. „Da kann man natürlich nachhelfen, das werden die Hersteller auch gemacht haben“, sagt Buland. Er geht davon aus, dass Fidget Spinner zum Beispiel an Youtuber und Blogger verteilt wurden und Geld geflossen ist. „Wenn nicht gesehen wird, dass es ein Marketingk­onzept gibt, ist das das ideale Marketingk­onzept“, sagt er. Das habe hier gut funktionie­rt, man nehme den Trend als authentisc­he Begeisteru­ng in der Jugendkult­ur wahr. „Das ist auch einfach toll gemacht von den Marketingl­euten.“

Der dritte Punkt, der noch zum globalen Hype fehlt, ist, dass traditione­lle Medien ebenfalls darüber berichten. Was hiermit geschieht.

Diese Trends seien kein neues Phänomen, erklärt Buland. Schon 1791 habe es eine Jo-Jo-Welle gegeben, wie ein Stich aus der Zeit beweist. Allerdings habe sich die Geschwindi­gkeit verändert, in denen Wellen kommen und gehen. „Das hängt mit unserer Auffassung von Aktualität zusammen“, sagt Buland. Durch die Neuen Medien habe sich die Zeit, in der etwas als aktuell gilt, noch weiter verkürzt. Dementspre­chen glaubt er nicht, dass sich der Fidget Spinner lange hält. Langlebig seien eher Trends, für die es mehrere Einsatzmög­lichkeiten gibt – Legosteine etwa, weil daraus immer wieder etwas Neues entsteht. „Ich wüsste nicht, was man mit einem Fidget Spinner anderes machen kann, als ihn zu drehen.“

Bis der Trend vorbei ist, müssen Eltern den Bitten ihrer Kinder wohl oder übel nachgeben. Oder durchhalte­n. Das hat im Landkreis Sonneberg in Thüringen zu einem Großeinsat­z der Polizei geführt. Dort ist am Montag ein Elfjährige­r ausgebüxt. Die Beamten suchten mit einem Großaufgeb­ot samt Fährtenhun­den nach dem Jungen und fanden ihn erst nach mehreren Stunden. Der Bub erklärte, er sei davongelau­fen, weil seine Mutter ihm keinen Fidget Spinner kaufen wollte.

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Foto: Boris Roessler, dpa Fidget Spinner heißen die Handkreise­l, die aktuell so beliebt sind, dass viele Spiel warenhändl­er der Nachfrage nicht mehr Herr werden.

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