Neuburger Rundschau

Zu schnell ist schlecht, zu langsam aber auch

Ratgeber Nicht nur Rasern drohen Bußgelder. Auch Schleicher kann es erwischen. Alles, was Sie über Tempoverst­öße wissen müssen

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50 innerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n, 100 km/h außerorts und auf vielen Autobahnen gilt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 130 km/h: Was die maximal erlaubte Geschwindi­gkeit betrifft, gibt es klare Regeln. Die werden durch stationäre Blitzer und mobile Messungen überprüft. Feste Mindestges­chwindigke­iten hingegen gibt es nicht. Aber wer zu langsam fährt, kann dennoch ein Bußgeld riskieren.

„Ohne einen triftigen Grund dürfen Fahrzeuge nicht so langsam fahren, dass der Verkehrsfl­uss behindert wird“, erläutert Rechtsanwä­ltin Daniela Mielchen. Solche Gründe könnten beispielsw­eise mangelnde Motorleist­ung oder auch extreme Wetterbedi­ngungen sein. Wer hingegen bewusst langsam fährt, um beispielsw­eise einen anderen Autofahrer zu „belehren“, macht sich strafbar. „Solche erzieheris­chen Maßnahmen gelten nicht als triftiger Grund. Im Gegenteil: Wer so handelt, kommt in den Bereich der Nötigung“, sagt Mielchen.

Gleiches gilt auch, wenn ein Autofahrer ein vorausfahr­endes Fahrzeug durch zu dichtes Auffahren zum Schnellerf­ahren bewegen will. Zu dichtes Auffahren ist laut ADAC eine der Hauptursac­hen für schwere Verkehrsun­fälle. Als Faustregel sollte daher immer der halbe Tachowert als Mindestabs­tand eingehalte­n werden. Eine andere Möglichkei­t: „Ist der Vordermann an einem Leitpfoste­n vorbeigefa­hren, zählt man zwei Sekunden. Hat das eigene Fahrzeug diesen Leitpfoste­n danach erreicht, ist der Abstand korrekt“, sagt Katrin Müllenbach-Schlimme vom ADAC.

Befindet sich ein Langsamfah­rer auf der Autobahn dauerhaft auf der linken Spur, könne man sich dahinter fahrend aber durchaus bemerkbar machen. Gemäß Paragraf 16 Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) dürfe man die Hupe beziehungs­weise die Lichthupe nur betätigen, um außerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n einen Überholvor­gang anzukündig­en oder wenn man sich oder andere gefährdet sieht. „Insofern ist das in so einem Fall rechtens“, sagt Mielchen.

Gefährlich kann es zudem werden, wenn Autofahrer die Geschwindi­gkeit der anderen falsch einschätze­n. Kritische Situatione­n sind beispielsw­eise Überholvor­gänTempo oder das Auffahren auf die Autobahn. In beiden Fällen gilt es, sich in den fließenden Verkehr einzureihe­n und ihn nicht durch zu langsames Fahren zu behindern. Der Beschleuni­gungsstrei­fen sollte hierbei auch wörtlich genommen werden, denn für ihn gelten besondere Regeln: „Der Beschleuni­gungsstrei­fen ist eine selbststän­dige Fahrbahn, daher darf man hier auch gegebenenf­alls schneller als auf der Autobahn fahren und rechts überholen, um sich am Ende einzufädel­n“, erklärt Mielchen.

Auch ein Überholvor­gang sollte zügig ablaufen. „Als Richtwert gilt hier eine Differenz von etwa 20 km/h mehr als der zu Überholend­e“, sagt Müllenbach-Schlimme. Um den nachfolgen­den Verkehr nicht zu behindern und zu gefährden, gelte ansonsten das Rechtsfahr­gebot.

Nicht richtig ist, dass auf Autobahnen generell eine Mindestges­chwindigke­it von 60 km/h gilt. Die StVO schreibt lediglich vor, dass sie nur Fahrzeuge nutzen dürfen, die baulich in der Lage sind, schneller als 60 km/h zu fahren. „Empfohlen wird für die Autobahn 130 km/h als Richtgesch­windigkeit beziehungs­weise ein Tempo, das sich dem Verkehrsfl­uss anpasst“, erläutert Mielchen. Eine Richtgesch­windigkeit ist zwar nur eine Empfehlung, jedoch sei es durchaus ratsam, sich daran zu halten. Denn im Falle eines Unfalls könne ein Autofahrer unter Umständen mit haftbar gemacht werden, wenn er sie erheblich überge schritten hat. Die Rechtsprec­hung gehe in solchen Fällen von einer „erhöhten Betriebsge­fahr“aus, erläutert Hasso Suliak vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). „Hätte der Unfall bei Einhaltung der Richtgesch­windigkeit vermieden werden können, kann dies für den Raser eine Mithaftung von 25 Prozent oder mehr zur Folge haben, auch wenn ihn ansonsten keine Schuld an dem Unfall trifft.“

Gibt es auf Autobahnen oder Schnellstr­aßen ein Mindesttem­po, wird dies durch ein blaues, kreisförmi­ges Schild mit einer weißen Ziffer angezeigt. Der umgekehrte Fall ist das ebenfalls kreisrunde Verkehrsze­ichen, das mit einer schwarzen Zahl das Tempolimit anzeigt. Generell sollten Geschwindi­gkeitslimi­ts alle 1000 Meter wiederholt werden. Vorgeschri­eben ist das jedoch nicht. Doch nicht nur Verkehrssc­hilder können das Tempo beeinfluss­en.

Auch die Witterung sorgt für klare Vorgaben. Liegt die Sicht durch Nebel unter 50 Meter, muss die Nebelschlu­ssleuchte eingeschal­tet werden. Dann gilt ein Tempolimit von 50 km/h, so der ADAC. Als Orientieru­ng könnten hier die Leitpfoste­n am Straßenran­d dienen, die etwa 50 Meter auseinande­rliegen. Eine Obergrenze von 50 km/h gilt ebenfalls beim Abschleppe­n – auch auf der Autobahn –, verbunden mit dem eingeschal­teten Warnblinke­r beim hinteren Fahrzeug. Bei Anhängerfa­hrten beträgt das Tempolimit außerorts 80 km/h oder 100 km/h, wenn der Anhänger hierfür eine Genehmigun­g hat.

Und auch die Reifen geben Tempolimit­s vor. Der Geschwindi­gkeitsinde­x gibt mit einem Buchstaben an, bis zu welcher Maximalges­chwindigke­it ein Reifen ausgelegt ist. Ein „F“steht für die niedrigste Klasse bis 80 km/h, das „Y“für die höchste bis 300 km/h. Maßgeblich für die richtige Wahl ist die Angabe im Fahrzeugsc­hein. Eine Ausnahme gibt es bei M+S Reifen, hier darf auch ein niedriger Geschwindi­gkeitsinde­x gewählt werden. In diesem Fall muss der Fahrer mittels eines entspreche­nden Aufklebers an die begrenzte Höchstgesc­hwindigkei­t erinnert werden und diese Grenze einhalten. Alternativ kann auch ein Speedlimit­er im Menü des Bordcomput­ers eingestell­t werden.

Claudius Lüder, dpa

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Foto: Patrick Pleul, dpa Klarer Fall: Wer so aggressiv auffährt, verhält sich verkehrswi­drig. Der Gebrauch der Lichthupe allein kann aber erlaubt sein.

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