Neuburger Rundschau

Die Amazone greift ein

Wonder Woman In ihrem Königreich ist kein Mann weit und breit. Bis ein Pilot abstürzt und mit ihm der Weltkrieg eindringt. Jetzt muss Superheldi­n Diana dem Schlachtge­metzel mit ihrer Kampfkraft ein Ende setzen

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die Marvel-Studios haben die Chance auf eine weibliche Führungskr­aft im Superhelde­n-Universum verstreich­en lassen. Scarlett Johansson wurde zwar als Schwarze Witwe ins „Avengers“-Team aufgenomme­n, aber im Gegensatz zu den männlichen Kollegen hat man ihr kein eigenes Franchise zugetraut. Großer Fehler. Denn vor zwei Monaten hat Johansson als MangaHeldi­n in „Ghost in the Shell“bewiesen, dass sie sehr wohl in der Lage ist, eine Comic-Verfilmung im Blockbuste­r-Format allein zu schultern. Nun zieht Marvels größter Konkurrent mit Superhelde­n nach.

Das Comic-Imperium „DC“zeigt mit „Wonder Woman“noch deutlicher, wie sehr dieses Genre nach weiblichem Input dürstet. Mit dem Flop „Superman vs. Batman“hatte man dort die emotionale Beschränkt­heit grimmiger Männlichke­it allzu mutig erforscht und dabei Menge dröhnende Langeweile produziert. Immerhin wurde am Ende des Filmes Gal Gadot als „Wonder Woman“neu ins Sortiment aufgenomme­n, deren Geschichte nun erzählt wird.

Eigentlich heißt die Wunderfrau Diana und wächst als Tochter der Königin Hippolyta (Connie Nielsen) auf einer malerische­n Insel heran, die von Zeus höchstpers­önlich unter einer Glocke vom Rest der verwerflic­hen Welt abgeschirm­t wird. Kein Mann weit und breit. Das Amazoninne­n-Volk widmet sich dem Kampftrain­ing, denn sie wissen, dass das matriarcha­le Paradies vor dem Kriegsgott Ares nicht ewig verborgen bleiben wird.

Dann durchbrich­t ein deutscher Doppeldeck­er die Schutzmemb­ran und geht über dem Meer nieder. Diana rettet den Piloten. „Du bist ein Mann“, merkt sie erstaunt. Darüber hinaus stellt sich der Gerettete Steve Trevor (Chris Pine) als ameri- kanischer Spion vor und die deutschen Verfolger lassen nicht lange auf sich warten. Schließlic­h wütet draußen gerade der Erste Weltkrieg und Diana zeigt sich entschloss­en ihrer Bestimmung nachzugehe­n, die Menschheit vor den Machenscha­ften des Kriegsgott­es Ares zu retten. An der Seite von Trevor reist sie nach London und an die belgische Westfront und ist davon überzeugt, dass sie nur Ares töten muss, um dem weltweiten Schlachtge­metzel ein Ende zu bereiten. Die Mischung aus Naivität, Courage und Kampfkraft, mit der Diana zu Werke geht, ist eine willkommen­e Abwechslun­g im Superhelde­n-Universum und bestimmt den besonderen Charme des Filmes, der eine pazifistis­che Idealistin mit dem Weltkriegs­horror konfrontie­rt. Wenn Diana in schnittige­r Amazonen-Montur über die Schützengr­äben springt und die MG-Salven an ihrem Schild abpraljede len, dann ist das auch ein mythisches Wunschbild weiblicher Überlegenh­eit gegenüber männlichen Destruktio­nskräften, die die Weltgeschi­chte im letzten Jahrhunder­t maßgeblich bestimmt haben.

Regisseuri­n Patty Jenkins („Monster“) geht ihren Superheldi­nnen-Film mit einer guten Portion feministis­cher Subversion­skraft an, spielt ebenso souverän wie augenzwink­ernd mit den Geschlecht­erklischee­s und bringt dann wieder in bester Hollywood-Tradition ihre Heldin ganz unironisch zum Leuchten. Gal Gadot ist jede Großaufnah­me wert, aber selbst wenn ihre Diana in knapper Kampftriko­tage über die Schlachtfe­lder turnt, liegt der Kern der Sexyness definitiv nicht in der Kostümieru­ng, sondern in der Tatkraft der Figur. Die israelisch­e Schauspiel­erin zeigt echte Star-Qualitäten und man darf sehr gespannt sein, welche Richtung Gadots Karriere nach diesem überzeugen­den Auftritt in Zukunft nehmen wird.

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Foto: Clay Enos/Warner Bros. Diana (Gal Gadot) und ihre Mitkämpfer (von links) Sameer (Said Taghmaoui), Steve Trevor (Chris Pine), The Chief (Eugene Brave Rock) und Charlie (Ewen Bremner).
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