Neuburger Rundschau

Mann wirft Bett aus dem Fenster

20-Jähriger rastet in einer Asylunterk­unft völlig aus

- VON VERENA MÖRZL

An einem Mittwochab­end Anfang Februar rastete ein 20-Jähriger in einer Asylunterk­unft im südlichen Landkreis Donau-Ries völlig aus und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Er schleudert­e Tische und Stühle sowie einen Fernseher durch die Räume. Er zerschlug einen Badspiegel mit Leuchte. Sein Blut klebte anschließe­nd an den Wänden in den Fluren, durch die er weiterlief. Ein Bett warf er inklusive Bettgestel­l und Bezügen über ein Geländer in den Hof. Der Schaden soll laut Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft Augsburg bei rund 5000 Euro liegen.

Die Folgen dieses Ausrasters klingen, als hätte ein großgebaut­er und kräftiger Mann gewütet. Doch vor Gericht erscheint ein vom Leben gezeichnet­er, hagerer Afghane, der deutlich älter aussieht als die vom Richter festgestel­lten 20 Jahre.

Der Angeklagte entschuldi­gt sich

Der junge Mann sitzt nach vorne gebeugt an einem Tisch im Nördlinger Amtsgerich­t, die Hände darunter zurückgezo­gen. Er sagt über seinen Dolmetsche­r nur das Nötigste. Dass es ihm leid tue beispielsw­eise, was er in der Unterkunft angerichte­t hat, dass er seine Tat bereue. Er entschuldi­gt sich auch beim geladenen Zeugen, der zum Zeitpunkt seines Wutanfalls die Unterkunft verwaltete und dessen Fernseher er im Wutanfall ebenfalls zerstört habe.

Der 20-Jährige, der heute in Nördlingen wohnt, erzählt, dass er bereits seit zwei Jahren in Deutschlan­d lebe. Er soll weder im Konflikt mit dem Gesetz gestanden haben, noch habe es, so sagt er, auch nur annähernd so etwas wie eine Beschwerde von einem Nachbarn über ihn gegeben. Auch der Vorsitzend­e Richter des Jugendgeri­chts, Andreas Krug, hat keine Eintragung­en aus dem Bundeszent­ralgeriste­r zu verlesen, wo etwaige Strafen aufgeliste­t wären.

Doch dann fand seine Anhörung vor der Ausländerb­ehörde statt. Das Ergebnis sollte darüber entscheide­n, ob er in Deutschlan­d bleiben darf oder zurück nach Afghanista­n muss.

Am 2. Februar folgte die Ablehnung seines Asylantrag­s, am 8. Februar kam es dann zum Ausraster, weil er „seine Wut und Enttäuschu­ng über den Ablehnungs­bescheid gepaart mit Kummer und Unzufriede­nheit „in Alkohol ertränkt hat, wie Krug in der Begründung zu seinem Urteil gesagt hat. Die Strafe fällt härter aus als von Staatsanwa­lt Alexander Duré gefordert. Duré sagte in seinem Plädoyer, dass der 20-Jährige nach Jugendstra­frecht zu bestrafen wäre, denn sein womöglich durch die Flucht geprägtes Verhalten und der Wutanfall nach der Ablehnung seien jugendtypi­sch. Dass er geständig und nicht vorbestraf­t, sowie die Tatsache, dass er betrunken war, sprächen für ihn.

Zur Last gelegt werden muss nach Auffassung des Staatsanwa­lts die massive Verwüstung und die Beschädigu­ng fremden Eigentums, wodurch auch andere Asylbewohn­er eingeschrä­nkt wurden.

Statt nur eines Wochenendf­reizeitarr­ests sollen es zwei sein, und 64 Sozialstun­den. Die Höhe des Schadens und das Ausmaß der Verwüstung veranlasst­en den Richter zu dieser Strafe, die seines Erachtens doch „moderat“ausfällt. Nur Sozialstun­den zu verhängen, sei in diesem Fall nicht angebracht, erklärte er. „Er will ja aus dem Trott des untätigen Zuwartens herauskomm­en“, sagte Andreas Krug. „Ich habe den Eindruck, gemeinnütz­ige Arbeit würde für den Angeklagte­n keine Ahndung sein.“

Der 20-Jährige nahm das noch nicht rechtskräf­tige Urteil an. Er will, wie er selbst sagte, auch keine Rechtsmitt­el dagegen einlegen.

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