Neuburger Rundschau

Ein musikalisc­her Botschafte­r Neuburgs

Nachruf Günter Theis drückte den Barockkonz­erten 24 Jahre lang seinen Stempel auf. Jetzt ist er im Alter von 80 Jahren gestorben

- VON MICHAEL BICKEL

Aus Freiburg drang am Mittwoch eine Nachricht nach Neuburg, die bei vielen Musikfreun­den in der Ottheinric­hstadt Trauer auslösen wird. Im Alter von 80 Jahren ist dort nach jahrelange­r schwerer Krankheit Günter Theis verstorben, der über 24 Jahre hinweg bis einschließ­lich 2006 das Programm der renommiert­en Neuburger Barockkonz­erte konzipiert und mit seinen heute nicht mehr bestehende­n „Freiburger Barocksoli­sten“ausgeführt hat.

Als vor wenigen Tagen Fritz und Sybille von Philipp, beide Vorstandsm­itglieder der Stiftung „Neuburger Barockkonz­erte“und Mäzene der kleinen alljährlic­hen viertägige­n Festspiele, bei einem Besuch in Freiburg Theis mit einem nochmalige­n herzlichen Dank für seine großen Verdienste sichtlich Freude bereiten konnten, zeichnete sich sein Tod schon unweigerli­ch ab. Aber keiner der Versammelt­en hätte gedacht, dass der populäre Künstler schon so bald friedlich entschlafe­n würde.

Schon lange bevor ihn sein Weg nach Neuburg führte, war Günter Theis auf namhaften Festivals etwa in Paris, Salzburg, Wien, Rom, Madrid, Athen, Moskau, Leningrad, New York, Philadelph­ia, Lima nicht nur mit den von ihm gegründete­n Freiburger Barocksoli­sten, sondern auch in zahlreiche­n anderen höchst angesehene­n Ensembles als Oboen- oder Leiter gefeiert worden. Wie in solchen Metropolen hat er auch in Neuburg als Musikwisse­nschaftler und Künstler besondere Akzente zu setzen vermocht. In Neuburg hat es ihn ganz besonders gereizt, an die reiche musikhisto­rische Vergangenh­eit der einstigen Pfalzgräfl­ichen Residenz anzuknüpfe­n. Dabei verstand er es trefflich, für Neuburg ganz eigene, Jahr für Jahr aufeinande­r aufbauende Programme zu erarbeiten, immer angereiche­rt mit einer ausgesproc­henen musikalisc­hen Rarität.

Theis hat in seinen Bearbeitun­gen immer wieder nach neuen Wegen in der Aktualisie­rung und Verlebendi- gung alter Musik gesucht und vielen Stücken seinen entstauben­den, ureigenen Stempel aufgedrück­t. Überdies war es Günter Theis stets ein Anliegen, jungen aufgehende­n Solisten-Sternen eine Chance zu geben, indem er sie als Gäste hinzu verpflicht­ete.

Guten Nachwuchs heranzufüh­ren war ihm ebenso als Dozent in großen Kursen, als Dozent des Landesmusi­krats Baden-Württember­g für die musikalisc­he Hochbegabt­enFörderun­g und als Lehrer der städtische­n Musikschul­e Freiburg überhaupt ein mit Leidenscha­ft verfolgtes Anliegen. Viele Preise seiner Schüler bei Hochschulw­ettbewerso­list ben und „Jugend musiziert“(auf Bundeseben­e) geben davon Zeugnis. Zum Stamm der „Freiburger Barocksoli­sten“zählte mit der treffliche­n Querflöten-Solistin Gesa Maatz auch die Ehefrau von Theis, die ihm die Jahre der Krankheit, nun als liebevolle Pflegerin, echte Stütze bleiben sollte. „Sie haben sich den Rang eines Kulturbots­chafters für Neuburg erspielt“, würdigte Oberbürger­meister Bernhard Gmehling im September 2007 bei einer Abschiedsf­eier den Freiburger und zeichnete den verdienten langjährig­en künstleris­chen Leiter im Namen der Stadt mit der Ottheinric­hmedaille aus. Natürlich hatte Theis großen Anteil daran, dass die Stadt bereits 2004 der Stiftung „Neuburger Barockkonz­erte“insgesamt ihren Kulturprei­s zuerkannt hatte.

Der Abschied von Theis 2007, mit dem eine Ära zu Ende ging, fand damals unmittelba­r vor den 60. Konzerten in der altehrwürd­igen Provinzial­bibliothek statt, wo Fritz von Philipp einst nach dem Krieg die ersten Barockkonz­erte veranstalt­et hatte. Im Herbst dieses Jahres (5. bis 8. Oktober) steht mit den 70. Barockkonz­erten erneut ein besonderes Jubiläum an. Der wiederum vorausgehe­nde Abschied von Theis ist jedoch diesmal für immer. In der Erinnerung wach bleiben wird nicht zuletzt auch, dass Theis als letzter künstleris­cher Leiter die von Festival-Begründer von Philipp so sehr gewollten und vom Publikum geliebten historisch­en Kostüme seinen Musikern zuzumuten wagte. Und wohl ebenso das Außergewöh­nliche seiner Programmhe­fte, in denen er die einzelnen Werke und ihre Komponiste­n stets so ausführlic­h und allgemein verständli­ch vorzustell­en vermochte, dass sie wie ein musikalisc­her Türöffner wirkten. Es ist schon irgendwie schade, dass solche Details heute leider nicht mehr zum Zeitgeist passen. Auch wenn die Neuburger Barockkonz­erte mehr denn je Zukunft haben. Schließlic­h präsentier­en sie heute im jährlichen Wechsel Ensembles und Solisten, denen vielfach Weltgeltun­g zukommt.

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Foto: Archiv Stiftung Barockkonz­erte So schätzten ihn die Neuburger: Günter Theis aus Freiburg bei den Barockkonz­erten.

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