Ein musikalischer Botschafter Neuburgs
Nachruf Günter Theis drückte den Barockkonzerten 24 Jahre lang seinen Stempel auf. Jetzt ist er im Alter von 80 Jahren gestorben
Aus Freiburg drang am Mittwoch eine Nachricht nach Neuburg, die bei vielen Musikfreunden in der Ottheinrichstadt Trauer auslösen wird. Im Alter von 80 Jahren ist dort nach jahrelanger schwerer Krankheit Günter Theis verstorben, der über 24 Jahre hinweg bis einschließlich 2006 das Programm der renommierten Neuburger Barockkonzerte konzipiert und mit seinen heute nicht mehr bestehenden „Freiburger Barocksolisten“ausgeführt hat.
Als vor wenigen Tagen Fritz und Sybille von Philipp, beide Vorstandsmitglieder der Stiftung „Neuburger Barockkonzerte“und Mäzene der kleinen alljährlichen viertägigen Festspiele, bei einem Besuch in Freiburg Theis mit einem nochmaligen herzlichen Dank für seine großen Verdienste sichtlich Freude bereiten konnten, zeichnete sich sein Tod schon unweigerlich ab. Aber keiner der Versammelten hätte gedacht, dass der populäre Künstler schon so bald friedlich entschlafen würde.
Schon lange bevor ihn sein Weg nach Neuburg führte, war Günter Theis auf namhaften Festivals etwa in Paris, Salzburg, Wien, Rom, Madrid, Athen, Moskau, Leningrad, New York, Philadelphia, Lima nicht nur mit den von ihm gegründeten Freiburger Barocksolisten, sondern auch in zahlreichen anderen höchst angesehenen Ensembles als Oboen- oder Leiter gefeiert worden. Wie in solchen Metropolen hat er auch in Neuburg als Musikwissenschaftler und Künstler besondere Akzente zu setzen vermocht. In Neuburg hat es ihn ganz besonders gereizt, an die reiche musikhistorische Vergangenheit der einstigen Pfalzgräflichen Residenz anzuknüpfen. Dabei verstand er es trefflich, für Neuburg ganz eigene, Jahr für Jahr aufeinander aufbauende Programme zu erarbeiten, immer angereichert mit einer ausgesprochenen musikalischen Rarität.
Theis hat in seinen Bearbeitungen immer wieder nach neuen Wegen in der Aktualisierung und Verlebendi- gung alter Musik gesucht und vielen Stücken seinen entstaubenden, ureigenen Stempel aufgedrückt. Überdies war es Günter Theis stets ein Anliegen, jungen aufgehenden Solisten-Sternen eine Chance zu geben, indem er sie als Gäste hinzu verpflichtete.
Guten Nachwuchs heranzuführen war ihm ebenso als Dozent in großen Kursen, als Dozent des Landesmusikrats Baden-Württemberg für die musikalische HochbegabtenFörderung und als Lehrer der städtischen Musikschule Freiburg überhaupt ein mit Leidenschaft verfolgtes Anliegen. Viele Preise seiner Schüler bei Hochschulwettbewersolist ben und „Jugend musiziert“(auf Bundesebene) geben davon Zeugnis. Zum Stamm der „Freiburger Barocksolisten“zählte mit der trefflichen Querflöten-Solistin Gesa Maatz auch die Ehefrau von Theis, die ihm die Jahre der Krankheit, nun als liebevolle Pflegerin, echte Stütze bleiben sollte. „Sie haben sich den Rang eines Kulturbotschafters für Neuburg erspielt“, würdigte Oberbürgermeister Bernhard Gmehling im September 2007 bei einer Abschiedsfeier den Freiburger und zeichnete den verdienten langjährigen künstlerischen Leiter im Namen der Stadt mit der Ottheinrichmedaille aus. Natürlich hatte Theis großen Anteil daran, dass die Stadt bereits 2004 der Stiftung „Neuburger Barockkonzerte“insgesamt ihren Kulturpreis zuerkannt hatte.
Der Abschied von Theis 2007, mit dem eine Ära zu Ende ging, fand damals unmittelbar vor den 60. Konzerten in der altehrwürdigen Provinzialbibliothek statt, wo Fritz von Philipp einst nach dem Krieg die ersten Barockkonzerte veranstaltet hatte. Im Herbst dieses Jahres (5. bis 8. Oktober) steht mit den 70. Barockkonzerten erneut ein besonderes Jubiläum an. Der wiederum vorausgehende Abschied von Theis ist jedoch diesmal für immer. In der Erinnerung wach bleiben wird nicht zuletzt auch, dass Theis als letzter künstlerischer Leiter die von Festival-Begründer von Philipp so sehr gewollten und vom Publikum geliebten historischen Kostüme seinen Musikern zuzumuten wagte. Und wohl ebenso das Außergewöhnliche seiner Programmhefte, in denen er die einzelnen Werke und ihre Komponisten stets so ausführlich und allgemein verständlich vorzustellen vermochte, dass sie wie ein musikalischer Türöffner wirkten. Es ist schon irgendwie schade, dass solche Details heute leider nicht mehr zum Zeitgeist passen. Auch wenn die Neuburger Barockkonzerte mehr denn je Zukunft haben. Schließlich präsentieren sie heute im jährlichen Wechsel Ensembles und Solisten, denen vielfach Weltgeltung zukommt.