Neuburger Rundschau

Oben ohne im Büro?

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Also es ist ja gerade so, dass niemand mehr Krawatte trägt, weder die Kollegen, noch der Abteilungs­leiter, nicht einmal der Geschäftsf­ührer. Wenn selbst die Vorstandsv­orsitzende­n der großen Aktienunte­rnehmen das edle Stück im täglichen Gebrauch ausrangier­t haben, dann muss man erst einmal festhalten: Casual friday is everyday, man lässt es jetzt einfach jeden Tag lockerer angehen und der Hemdkragen bleibt offen. Lässig und bequem muss auch das Büroleben sein.

Der Krawatte hätte jedoch nichts Besseres passieren können. Was natürlich nicht heißen soll, dass weiße Männerbein­e in kurzen Hosen, dass zu lange Zehennägel in Sandalen, dass eng sitzende T-Shirts über dem deutlichen Bauchansat­z ein optischer Mehrgewinn wären, der sich nun aus der neuen Bürofreihe­it ergibt. Das bestimmt nicht. Aber der gesellscha­ftliche Druck, die Krawatte nur zu tragen, weil es alle anderen auch machen, ist weg. Damit wird die Rückkopplu­ng ausgehebel­t, das Unbehagen an gesellscha­ftlichen Zwängen einfach direkt auf das zugehörige Kleidungss­tück zu übertragen. Die Krawatte war unschuldig, diejenigen, die sie getragen haben, haben daraus einen Fetisch gemacht. Wer heute Krawatte trägt, der macht das nicht, um dazuzugehö­ren. Das Gegenteil ist der Fall. Er wirkt wie jemand, der aus der Zeit gefallen ist. Aber so fühlt sich jeder, der seine Wege auch gegen den Trend geht. Wer heute Krawatte trägt, leistet Pionierarb­eit für ein Kleidungss­tück, das in Misskredit gebracht worden ist. Und welche Kleidungss­tücke in der Männermode gibt es jenseits der Krawatte denn noch, deren einzige Bestimmung es ist, den Mann zu schmücken? Nicht viel. Also, jetzt antizyklis­ch einsteigen und an jedem Wochentag einen anderen Knoten binden, dann wird es nicht langweilig.

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