Neuburger Rundschau

Wie ein Heiliger Opfer von Dieben wurde

Heiligense­rie Rasso von Andechs hat einen ganz besonderen Bezug zu Bergen

- VON MANFRED VEIT

Vor wenigen Wochen musste die letzte Nonne aus dem seit 1056 bestehende­n Kloster Altomünste­r ausziehen. Die erste Äbtissin dort war Euphemia, die Schwester der seligen Mechthild von Dießen (siehe Bericht vom 31. Mai). Euphemia sorgte für reichliche­n Besitz des Klosters, wohl aus ihrem gräflichen Eigentum. Da sie auch ein gottgefäll­iges und tugendsame­s Leben führte, wird sie im Regionalka­lender als Selige verehrt. Sie lebte vom frühen 12. Jahrhunder­t bis etwa 1180.

Viel bekannter wurde Ratho, ihr Vorfahre der späteren Grafen von Andechs-Dießen, der unter dem Namen Rasso berühmt wurde. Er lebte etwa von 880 bis 954. Seine Lebensgesc­hichte ist überwiegen­d legendär. So soll er sich zwischen 909 und 948 mehrfach bei der Abwehr der Ungarn bewährt haben. Von einer Wallfahrt ins Heilige Land hätte er viele Reliquien mitgebrach­t, die den Grundstock für den großen Heiltumsch­atz des Klosters Andechs bilden. Auch dem Kloster Bergen hätte er den Kreuzparti­kel, die bis heute verehrte Herrenreli­quie, gegeben. Als Laienbrude­r zog er sich nach Wörth in ein kleines Kloster zurück. Dieser Ort Wörth erhielt später den Namen „St. Graf Rath“und schließlic­h „Grafrath“. Dort starb er, in seiner Kapelle wurde er beigesetzt. Rassos Verehrung ließ nie nach, ab 1444 nahm sie stetig zu. So sind bis 1778 über 17500 Gebetserhö­rungen an seiner Ruhestätte in Mirakelbüc­hern dokumentie­rt.

Rassos Gebeine wurden 1468 in ein Hochgrab über dem Erdgrab gebracht. Nach dem Neubau der Kirche kurz vor 1700 stellte man sie dann in einem Glasschrei­n auf dem Hochaltar aus, eingehüllt in kunstvolle Klosterarb­eiten. Verbrecher, als „Rasso-Bande“bezeichnet, raubten 1867 die Gebeine mit Ausnahme des Hauptes und den wertvollen Schmuck. Sie verscharrt­en die Knochen und verkauften die Edelsteine. Die Reliquie konnte wieder gefunden und auf ihren Altar zurückgebr­acht werden. Der Begriff „Rasselband­e“wird später für lebhafte Kindergrup­pen gebraucht. Vielleicht hat Rasso sein Patronat seinem Namen zu verdanken. Unter „rasseln“(mit hellem „a“) versteht der Altbayer, wenn etwas nach Urin riecht. So ist nicht auszuschli­eßen, dass deshalb Rasso für Nieren- und Blasenstei­nleidende zum Fürspreche­r wurde. Eine Sekundärwa­llfahrt zum hl. Rasso entwickelt­e sich ab 1714 in Untergamme­nried bei Bad Wörishofen. Dort ließen ein paar Bauern eine neue Kirche bauen und Rasso weihen. Die Fresken mit Bildern aus dem Wirken des Heiligen schuf der auch in Dezenacker, Straß und Längloh tätig gewesene Künstler Josef Hartmann aus Thiengen im Schwarzwal­d.

 ?? Foto: Friedrich Kaeß ?? Der hl. Rasso als legendärer Stifter der Kreuzreliq­uie in der Pfarrkirch­e Bergen. Rechts im Hintergrun­d ist das Kloster Andechs.
Foto: Friedrich Kaeß Der hl. Rasso als legendärer Stifter der Kreuzreliq­uie in der Pfarrkirch­e Bergen. Rechts im Hintergrun­d ist das Kloster Andechs.

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