Eine Allianz für Geburtsstationen
Gesundheitspolitik Schrobenhausens Bürgermeister Stephan macht sich mit Kollegen für den Erhalt von Kreißsälen stark. Ein Signal nach Berlin vor der Bundestagswahl
Die Geburtsstation am Kreiskrankenhaus Schrobenhausen ist seit über sieben Monaten Geschichte. Damals gaben Bürgermeister Karlheinz Stephan und Geschäftsführer Dietmar Eine de facto die Schließung des Kreißsaales bekannt, in dem allerdings schon seit dem Frühjahr keine Frauen mehr entbunden worden waren. Weil dieser Trend deutschlandweit um sich greift, hat der Rathauschef mit 30 anderen bayerischen Bürgermeistern eine Allianz geschmiedet, um im Vorfeld der Bundestagswahl diese verhängnisvolle Entwicklung ins Bewusstsein der Bundespolitiker zu rücken.
Das betreffe sowohl kleine Geburtsstationen in kommunaler Trägerschaft als auch Kreißsäle in vergleichsweise großen, privatwirtschaftlich geführten Häusern, so Stephan. Die Gründe seien vielseitig und stünden in Wechselwirkung zueinander: Unzureichende Vergütungssysteme, fortschreitender Fachkräftemangel und strukturelle Anforderungen zum Betrieb von Geburtsstationen. „Wenn hier kein entscheidendes Umdenken in der Politik stattfindet, die den Markt ganz bewusst dem Zusammenspiel der Leistungsbringer und der Kostenträger überlassen hat, wird sich das Sterben der Geburtshilfeabteilungen fortsetzen“, so der Tenor einer Pressemitteilung aus dem Rathaus.
Die Bürgermeisterallianz fordert von der Politik ein Gegensteuern und beruft sich dabei auf das in der bayerischen Verfassung und im Bundes-Raumordnungsgesetz verankerte Recht auf gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land. Der Abstimmungsprozess zu den Kernforderungen ist zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen. Alle Mitglieder der Allianz identifizieren sich laut Karlheinz Stephan mit den nachstehenden Kernforderungen:
Die Aufnahme der Geburtshilfe in die Grund- und Regelversorgung der stationären Versorgungsleistung.
Die Entwicklung alternativer Finanzierungsmechanismen für alle Bereiche der Grund- und Regelversorgung, inklusive Geburtshilfe, außerhalb des DRG-Systems, der diagnosebezogenen Fallgruppen.
Die Erprobung und Etablierung von Anreizsystemen zur Gewinnung von Geburtshilfe-Fachpersonal für Kliniken in ländlichen Räumen.
Die flächendeckende, dezentrale Errichtung neuer Hebammenschulen, um ausgebildete Hebammen durch Kooperationen mit den umliegenden Geburtsstationen in der Region binden zu können.
Diese Kernforderungen sollen zeitnah an die aktuellen lokalen Bundestagsabgeordneten der „AllianzBürgermeister“und an die sich zur Wahl stellenden Kandidaten verteilt werden. Gleichzeitig sollen diese Politiker aufgefordert werden, sich zu positionieren. Das Papier wurde auch an den Deutschen Städte und Gemeindebund weitergeleitet mit der Bitte, die Forderung zum Erhalt der Geburtsstationen im ländlichen Raum in geeigneter Weise in den dort gerade in Erarbeitung befindlichen Forderungskatalog zur Gesundheitsvorsorge im ländlichen Raum aufzunehmen.
„Jetzt heißt es abzuwarten, wie die Wahl ausgeht“, ergänzt Stephan. Dann könne in einer weiteren Aktion ein Appell an die Regierungsparteien gerichtet werden, das Thema im Koalitionsvertrag zu verankern. „Wir hoffen insbesondere für unsere jungen Familien, dass es gelingt, ein Umdenken herbeizuführen. Schrobenhausen, Bad Tölz und Erding sind nur die jüngsten traurigen Beispiele einer unheilvollen Entwicklung.“Die Schließung weiterer Geburtsstationen werde ohne ein Umsteuern in Berlin sonst eine Fortsetzung finden. (nr)