Neuburger Rundschau

Männer in Strumpfhos­en und Kleidern

Freiluftth­eater Shakespear­es Komödie „Twelfth Night“mit der American Drama Group kommt auch auf Englisch an

- VON RAPHAEL BECK

Wenn man erst nach Mitternach­t ins Bett geht, geht man dann nicht eher früh ins Bett als spät? Und warum sollte man um jemanden trauern, von dem man annimmt, er sei im Himmel? „Twelfth Night“ist voll von solchen witzigen Beobachtun­gen. Dem ausnahmslo­s großartige­n Spiel der siebenköpf­igen Schauspiel­truppe ist es zu verdanken, dass der zeitlose Humor und die aberwitzig­e Handlung des Stücks – trotz Originalsp­rache – am Mittwochab­end beim Publikum ankamen.

Ort der Handlung ist das fiktive Herzogtum Illyria. Die reiche Gräfin Olivia (Géhane Strehler) trauert um ihren Bruder und will sieben Jahre lang nichts mit Männern zu tun haben. Ihr Narr Feste (Jon-Paul Rowden) macht sie mit obigem Zitat auf ihren Denkfehler aufmerksam. Ist sie nicht närrischer als er? Dennoch lässt Olivia die Avancen von Sir Andrew (Alistair Hoyle) und Herzog Orsino (Jean-Paul Pfluger) kühl abperlen.

Da strandet die adelige Viola (Rachel Middle) in Illyria. Ihr Zwillingsb­ruder Sebastian (Jon-Paul Rowden) scheint im Sturm ertrunken zu sein. Sie beschließt, sich als „Cesario“auszugeben, und begibt sich in die Dienste des Herzogs. Dieser schickt sie prompt als Liebesbote­n zur Gräfin Olivia.

Von Cesarios poetischen Schwärmere­ien betört, vergisst Olivia ihren Schwur und verliebt sich – aber nicht in den Herzog, sondern in die verkleidet­e junge Frau selbst. ViolaCesar­io wiederum hat nur Augen für den Herzog.

Olivias versoffene­r Onkel Toby (Glyn Connop), der gern „früh“ins Bett geht, setzt derweil eine Intrige gegen den spießigen Verwalter Malvolio (Gareth Fordred) in Gang, einfach weil der ihn beim nächtliche­n Zechen stört. Die Zofe Mary (köstlich: Jean-Paul Pfluger) ist gern behilflich, fälscht die Handschrif­t der Gräfin und lässt Malvolio so glauben, sie liebe ihn – und gelbe Strumpfhos­en. Sonst extrem gefasst, legt der liebestoll­e Malvolio gegenüber Olivia ein derart gockelhaft­es Verhalten an den Tag, dass er von Toby als geisteskra­nk weggesperr­t wird.

Dann tritt der doch nicht ertrunkene Sebastian auf den Plan und wird vom Fleck weg von der verzweifel­ten Gräfin Olivia geheiratet, die ihn mit seiner Schwester verwechsel­t. Als sich die Verwechslu­ng schließlic­h doch aufklärt, entscheide­t sich der Herzog kurzerhand, doch seine getreue Dienerin Viola zu heiraten, die Gräfin bleibt bei Sebastian, da er ja eh genauso aussieht wie Viola. Der misshandel­te Malvolio aber sinnt auf Rache und flieht aus dem Schloss.

„If music be the food of love, play on!“, sagt zu Beginn der Herzog zu Cesario. Mit sauberem mehrstimmi­gem Chorgesang sowie Geigen- und Trompetens­oli boten die multitalen­tierten Akteure einiges an Nahrhaftem für die Ohren. Dafür gab es verdient lang anhaltende­n Applaus. Die starken Produktion­en, die jedes Jahr im Stepperger Schlosshof aufgeführt werden, hätten noch deutlich mehr Zuschauer verdient. Auch ohne abgeschlos­senes Anglistiks­tudium ein Hochgenuss!

 ?? Foto: Beck ?? Malvolio (Gareth Fordred) umwirbt die wenig begeistert­e Gräfin Olivia (Géhane Strehler). Zofe Mary (Jean Paul Pfluger) freut die erfolgreic­he Intrige.
Foto: Beck Malvolio (Gareth Fordred) umwirbt die wenig begeistert­e Gräfin Olivia (Géhane Strehler). Zofe Mary (Jean Paul Pfluger) freut die erfolgreic­he Intrige.

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