Männer in Strumpfhosen und Kleidern
Freilufttheater Shakespeares Komödie „Twelfth Night“mit der American Drama Group kommt auch auf Englisch an
Wenn man erst nach Mitternacht ins Bett geht, geht man dann nicht eher früh ins Bett als spät? Und warum sollte man um jemanden trauern, von dem man annimmt, er sei im Himmel? „Twelfth Night“ist voll von solchen witzigen Beobachtungen. Dem ausnahmslos großartigen Spiel der siebenköpfigen Schauspieltruppe ist es zu verdanken, dass der zeitlose Humor und die aberwitzige Handlung des Stücks – trotz Originalsprache – am Mittwochabend beim Publikum ankamen.
Ort der Handlung ist das fiktive Herzogtum Illyria. Die reiche Gräfin Olivia (Géhane Strehler) trauert um ihren Bruder und will sieben Jahre lang nichts mit Männern zu tun haben. Ihr Narr Feste (Jon-Paul Rowden) macht sie mit obigem Zitat auf ihren Denkfehler aufmerksam. Ist sie nicht närrischer als er? Dennoch lässt Olivia die Avancen von Sir Andrew (Alistair Hoyle) und Herzog Orsino (Jean-Paul Pfluger) kühl abperlen.
Da strandet die adelige Viola (Rachel Middle) in Illyria. Ihr Zwillingsbruder Sebastian (Jon-Paul Rowden) scheint im Sturm ertrunken zu sein. Sie beschließt, sich als „Cesario“auszugeben, und begibt sich in die Dienste des Herzogs. Dieser schickt sie prompt als Liebesboten zur Gräfin Olivia.
Von Cesarios poetischen Schwärmereien betört, vergisst Olivia ihren Schwur und verliebt sich – aber nicht in den Herzog, sondern in die verkleidete junge Frau selbst. ViolaCesario wiederum hat nur Augen für den Herzog.
Olivias versoffener Onkel Toby (Glyn Connop), der gern „früh“ins Bett geht, setzt derweil eine Intrige gegen den spießigen Verwalter Malvolio (Gareth Fordred) in Gang, einfach weil der ihn beim nächtlichen Zechen stört. Die Zofe Mary (köstlich: Jean-Paul Pfluger) ist gern behilflich, fälscht die Handschrift der Gräfin und lässt Malvolio so glauben, sie liebe ihn – und gelbe Strumpfhosen. Sonst extrem gefasst, legt der liebestolle Malvolio gegenüber Olivia ein derart gockelhaftes Verhalten an den Tag, dass er von Toby als geisteskrank weggesperrt wird.
Dann tritt der doch nicht ertrunkene Sebastian auf den Plan und wird vom Fleck weg von der verzweifelten Gräfin Olivia geheiratet, die ihn mit seiner Schwester verwechselt. Als sich die Verwechslung schließlich doch aufklärt, entscheidet sich der Herzog kurzerhand, doch seine getreue Dienerin Viola zu heiraten, die Gräfin bleibt bei Sebastian, da er ja eh genauso aussieht wie Viola. Der misshandelte Malvolio aber sinnt auf Rache und flieht aus dem Schloss.
„If music be the food of love, play on!“, sagt zu Beginn der Herzog zu Cesario. Mit sauberem mehrstimmigem Chorgesang sowie Geigen- und Trompetensoli boten die multitalentierten Akteure einiges an Nahrhaftem für die Ohren. Dafür gab es verdient lang anhaltenden Applaus. Die starken Produktionen, die jedes Jahr im Stepperger Schlosshof aufgeführt werden, hätten noch deutlich mehr Zuschauer verdient. Auch ohne abgeschlossenes Anglistikstudium ein Hochgenuss!